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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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Das Atemholen. VIII. Buch.
§. 17.
Betrachtugen über die vorgetragne Gedanken.
Es ist die Lunge nicht zum Abkühlen gemacht.

Es ist erstlich gewis, daß das Blut in der Lunge
zum Theil abgekühlt werde (h). Denn da die in die
Lunge gezogne Luft von der Berührung des Blutes er-
wärmt wird, so mus das Blut allerdings, indem es die
Luft erwärmt, in so fern etwas von seiner Wärme verlie-
ren. Es verliert nicht blos nach dem Verbältnisse der
Dichtheiten, wenn man die |Masse beider Flüßigkeiten
vor gleich gros annimmt, den tausenden Theil von seiner
Wärme, welches fast gar kein Unterscheid wäre, sondern
nach dem Verhältnisse des Jnnhalts beider Flüßigkei-
ten (i), und dieses Verhältnis spricht für die Abkühlung.
Wenn man zwanzig Unzen eingezogne Luft sezt, so wird
man nicht viel mehr, zugleich in der Lunge befindliches
Blut annehmen dörfen, da das ganze Eingeweide wenig
wiegr, und viele Häute hat.

Folglich konnte die Abkühlung des Blutes nicht die
Absicht der Natur bei Erschaffung der Lunge seyn (k), und
es ist dieses auch nicht das Geschäfte der Lunge. Man
würde erst alsdenn mit Recht sagen können, daß sich
das Blut in der Lunge abkühle, wenn solches in den Blut-
adern, und in der Lungenschsagader heisser ankäme, hin-
gegen nach dem linken Herzen, und den Arterien kälter
übergienge. Nun hat Niemand dergleichen, und nicht
einmal vermuthungsweise behauptet. Es hat nämlich

das
(h) [Spaltenumbruch] SCHREIB. almagest. S.
340. 341. hales. S. 105. boerh.
J. r. m.
n. 202. e. barry,
ein
Schüler des vortrefl. Mannes, Di-
seases of de lungs.
S. 134. she-
breare.
S. 138. dovglas of
[Spaltenumbruch] anim. heat.
S. 87. Dieser aber sagt,
daß überhaupt die halbe Wärme
verloren gehe.
(i) BOERH. elem. chem. T. I.
S. 269.
(k) SCHREIBER ang. Ort.
Das Atemholen. VIII. Buch.
§. 17.
Betrachtugen uͤber die vorgetragne Gedanken.
Es iſt die Lunge nicht zum Abkuͤhlen gemacht.

Es iſt erſtlich gewis, daß das Blut in der Lunge
zum Theil abgekuͤhlt werde (h). Denn da die in die
Lunge gezogne Luft von der Beruͤhrung des Blutes er-
waͤrmt wird, ſo mus das Blut allerdings, indem es die
Luft erwaͤrmt, in ſo fern etwas von ſeiner Waͤrme verlie-
ren. Es verliert nicht blos nach dem Verbaͤltniſſe der
Dichtheiten, wenn man die |Maſſe beider Fluͤßigkeiten
vor gleich gros annimmt, den tauſenden Theil von ſeiner
Waͤrme, welches faſt gar kein Unterſcheid waͤre, ſondern
nach dem Verhaͤltniſſe des Jnnhalts beider Fluͤßigkei-
ten (i), und dieſes Verhaͤltnis ſpricht fuͤr die Abkuͤhlung.
Wenn man zwanzig Unzen eingezogne Luft ſezt, ſo wird
man nicht viel mehr, zugleich in der Lunge befindliches
Blut annehmen doͤrfen, da das ganze Eingeweide wenig
wiegr, und viele Haͤute hat.

Folglich konnte die Abkuͤhlung des Blutes nicht die
Abſicht der Natur bei Erſchaffung der Lunge ſeyn (k), und
es iſt dieſes auch nicht das Geſchaͤfte der Lunge. Man
wuͤrde erſt alsdenn mit Recht ſagen koͤnnen, daß ſich
das Blut in der Lunge abkuͤhle, wenn ſolches in den Blut-
adern, und in der Lungenſchſagader heiſſer ankaͤme, hin-
gegen nach dem linken Herzen, und den Arterien kaͤlter
uͤbergienge. Nun hat Niemand dergleichen, und nicht
einmal vermuthungsweiſe behauptet. Es hat naͤmlich

das
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J. r. m.
n. 202. e. barry,
ein
Schuͤler des vortrefl. Mannes, Di-
ſeaſes of de lungs.
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breare.
S. 138. dovglaſ of
[Spaltenumbruch] anim. heat.
S. 87. Dieſer aber ſagt,
daß uͤberhaupt die halbe Waͤrme
verloren gehe.
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S. 269.
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[538[540]/0546] Das Atemholen. VIII. Buch. §. 17. Betrachtugen uͤber die vorgetragne Gedanken. Es iſt die Lunge nicht zum Abkuͤhlen gemacht. Es iſt erſtlich gewis, daß das Blut in der Lunge zum Theil abgekuͤhlt werde (h). Denn da die in die Lunge gezogne Luft von der Beruͤhrung des Blutes er- waͤrmt wird, ſo mus das Blut allerdings, indem es die Luft erwaͤrmt, in ſo fern etwas von ſeiner Waͤrme verlie- ren. Es verliert nicht blos nach dem Verbaͤltniſſe der Dichtheiten, wenn man die |Maſſe beider Fluͤßigkeiten vor gleich gros annimmt, den tauſenden Theil von ſeiner Waͤrme, welches faſt gar kein Unterſcheid waͤre, ſondern nach dem Verhaͤltniſſe des Jnnhalts beider Fluͤßigkei- ten (i), und dieſes Verhaͤltnis ſpricht fuͤr die Abkuͤhlung. Wenn man zwanzig Unzen eingezogne Luft ſezt, ſo wird man nicht viel mehr, zugleich in der Lunge befindliches Blut annehmen doͤrfen, da das ganze Eingeweide wenig wiegr, und viele Haͤute hat. Folglich konnte die Abkuͤhlung des Blutes nicht die Abſicht der Natur bei Erſchaffung der Lunge ſeyn (k), und es iſt dieſes auch nicht das Geſchaͤfte der Lunge. Man wuͤrde erſt alsdenn mit Recht ſagen koͤnnen, daß ſich das Blut in der Lunge abkuͤhle, wenn ſolches in den Blut- adern, und in der Lungenſchſagader heiſſer ankaͤme, hin- gegen nach dem linken Herzen, und den Arterien kaͤlter uͤbergienge. Nun hat Niemand dergleichen, und nicht einmal vermuthungsweiſe behauptet. Es hat naͤmlich das (h) SCHREIB. almageſt. S. 340. 341. haleſ. S. 105. boerh. J. r. m. n. 202. e. barry, ein Schuͤler des vortrefl. Mannes, Di- ſeaſes of de lungs. S. 134. ſhe- breare. S. 138. dovglaſ of anim. heat. S. 87. Dieſer aber ſagt, daß uͤberhaupt die halbe Waͤrme verloren gehe. (i) BOERH. elem. chem. T. I. S. 269. (k) SCHREIBER ang. Ort.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 538[540]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/546>, abgerufen am 21.12.2024.