das Herz, die Leber, die Gedärme, in die Nieren und Milz hinein, welches Werkzeuge des Lebens sind; er sendet aber auch ausser dem noch ganz ansehnliche Aeste in das Zwerchfell, andere aber zum Mastdarme, und noch andere zu den Schienbeinsnerven, welches alles Theile sind, die unter der Herrschaft des Willens stehen, ingleichen gehen auch einige zarte Zweige in die Hoden, und von diesen rühret die heftige Empfindlichkeit, und die Bewegung in demjenigen Muskel her, welcher die Hoden in die Höhe zieht.
Man kann endlich noch hinzufügen, daß die Kraft des Herzens solchemnach nicht von einer bestimmten Clas- se der Nerven abhänge, und daß vielmehr ein grosser Theil der Ursache, von der das Herz in Bewegung ge- sezt wird, in der That nicht einmal von den Nerven her- komme. Wir haben hier einige Gründe für diese Mei- nung vorgetragen, es sollen aber noch andere folgen, wenn wir von der Herrschaft der Seele, die sie über das Herz ausübt, reden werden. Denn es zeiget sich auch an Thieren von warmen Blute, noch mehr aber bei kal- ten Thieren, die Bewegung des Herzens noch, wenn man ihnen gleich den Kopf abgehauen hat, und sie dauret auch so gar in kalten Wasser noch lange, ja wol gar ganzer drei Tage lang.
§. 10. Andere Hipothesen stimmen eben so wenig mit den Versuchen überein.
Was nun aber der vortrefliche Lancisius, und ein anderer berühmter Mann hierüber vorgetragen haben, alles dieses widerspricht der ganzen Zergliederungskunst. Man findet die Nervenknoten nicht blos und allein an denen zum Leben bestimmten Nerven, die vom Rükken- marke entspringen, sondern es sind auch andere, zwar
weni-
M m m 2
Urſachen des Herzſchlages.
das Herz, die Leber, die Gedaͤrme, in die Nieren und Milz hinein, welches Werkzeuge des Lebens ſind; er ſendet aber auch auſſer dem noch ganz anſehnliche Aeſte in das Zwerchfell, andere aber zum Maſtdarme, und noch andere zu den Schienbeinsnerven, welches alles Theile ſind, die unter der Herrſchaft des Willens ſtehen, ingleichen gehen auch einige zarte Zweige in die Hoden, und von dieſen ruͤhret die heftige Empfindlichkeit, und die Bewegung in demjenigen Muskel her, welcher die Hoden in die Hoͤhe zieht.
Man kann endlich noch hinzufuͤgen, daß die Kraft des Herzens ſolchemnach nicht von einer beſtimmten Claſ- ſe der Nerven abhaͤnge, und daß vielmehr ein groſſer Theil der Urſache, von der das Herz in Bewegung ge- ſezt wird, in der That nicht einmal von den Nerven her- komme. Wir haben hier einige Gruͤnde fuͤr dieſe Mei- nung vorgetragen, es ſollen aber noch andere folgen, wenn wir von der Herrſchaft der Seele, die ſie uͤber das Herz ausuͤbt, reden werden. Denn es zeiget ſich auch an Thieren von warmen Blute, noch mehr aber bei kal- ten Thieren, die Bewegung des Herzens noch, wenn man ihnen gleich den Kopf abgehauen hat, und ſie dauret auch ſo gar in kalten Waſſer noch lange, ja wol gar ganzer drei Tage lang.
§. 10. Andere Hipotheſen ſtimmen eben ſo wenig mit den Verſuchen uͤberein.
Was nun aber der vortrefliche Lanciſius, und ein anderer beruͤhmter Mann hieruͤber vorgetragen haben, alles dieſes widerſpricht der ganzen Zergliederungskunſt. Man findet die Nervenknoten nicht blos und allein an denen zum Leben beſtimmten Nerven, die vom Ruͤkken- marke entſpringen, ſondern es ſind auch andere, zwar
weni-
M m m 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0971"n="915"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Urſachen des Herzſchlages.</hi></fw><lb/>
das Herz, die Leber, die Gedaͤrme, in die Nieren und<lb/>
Milz hinein, welches Werkzeuge des Lebens ſind; er<lb/>ſendet aber auch auſſer dem noch ganz anſehnliche Aeſte<lb/>
in das Zwerchfell, andere aber zum Maſtdarme, und<lb/>
noch andere zu den Schienbeinsnerven, welches alles<lb/>
Theile ſind, die unter der Herrſchaft des Willens ſtehen,<lb/>
ingleichen gehen auch einige zarte Zweige in die Hoden,<lb/>
und von dieſen ruͤhret die heftige Empfindlichkeit, und<lb/>
die Bewegung in demjenigen Muskel her, welcher die<lb/>
Hoden in die Hoͤhe zieht.</p><lb/><p>Man kann endlich noch hinzufuͤgen, daß die Kraft<lb/>
des Herzens ſolchemnach nicht von einer beſtimmten Claſ-<lb/>ſe der Nerven abhaͤnge, und daß vielmehr ein groſſer<lb/>
Theil der Urſache, von der das Herz in Bewegung ge-<lb/>ſezt wird, in der That nicht einmal von den Nerven her-<lb/>
komme. Wir haben hier einige Gruͤnde fuͤr dieſe Mei-<lb/>
nung vorgetragen, es ſollen aber noch andere folgen,<lb/>
wenn wir von der Herrſchaft der Seele, die ſie uͤber das<lb/>
Herz ausuͤbt, reden werden. Denn es zeiget ſich auch<lb/>
an Thieren von warmen Blute, noch mehr aber bei kal-<lb/>
ten Thieren, die Bewegung des Herzens noch, wenn man<lb/>
ihnen gleich den Kopf abgehauen hat, und ſie dauret auch<lb/>ſo gar in kalten Waſſer noch lange, ja wol gar ganzer<lb/>
drei Tage lang.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 10.<lb/>
Andere Hipotheſen ſtimmen eben ſo wenig mit<lb/>
den Verſuchen uͤberein.</head><lb/><p>Was nun aber der vortrefliche <hirendition="#fr">Lanciſius,</hi> und ein<lb/>
anderer beruͤhmter Mann hieruͤber vorgetragen haben,<lb/>
alles dieſes widerſpricht der ganzen Zergliederungskunſt.<lb/>
Man findet die Nervenknoten nicht blos und allein an<lb/>
denen zum Leben beſtimmten Nerven, die vom Ruͤkken-<lb/>
marke entſpringen, ſondern es ſind auch andere, zwar<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M m m 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">weni-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[915/0971]
Urſachen des Herzſchlages.
das Herz, die Leber, die Gedaͤrme, in die Nieren und
Milz hinein, welches Werkzeuge des Lebens ſind; er
ſendet aber auch auſſer dem noch ganz anſehnliche Aeſte
in das Zwerchfell, andere aber zum Maſtdarme, und
noch andere zu den Schienbeinsnerven, welches alles
Theile ſind, die unter der Herrſchaft des Willens ſtehen,
ingleichen gehen auch einige zarte Zweige in die Hoden,
und von dieſen ruͤhret die heftige Empfindlichkeit, und
die Bewegung in demjenigen Muskel her, welcher die
Hoden in die Hoͤhe zieht.
Man kann endlich noch hinzufuͤgen, daß die Kraft
des Herzens ſolchemnach nicht von einer beſtimmten Claſ-
ſe der Nerven abhaͤnge, und daß vielmehr ein groſſer
Theil der Urſache, von der das Herz in Bewegung ge-
ſezt wird, in der That nicht einmal von den Nerven her-
komme. Wir haben hier einige Gruͤnde fuͤr dieſe Mei-
nung vorgetragen, es ſollen aber noch andere folgen,
wenn wir von der Herrſchaft der Seele, die ſie uͤber das
Herz ausuͤbt, reden werden. Denn es zeiget ſich auch
an Thieren von warmen Blute, noch mehr aber bei kal-
ten Thieren, die Bewegung des Herzens noch, wenn man
ihnen gleich den Kopf abgehauen hat, und ſie dauret auch
ſo gar in kalten Waſſer noch lange, ja wol gar ganzer
drei Tage lang.
§. 10.
Andere Hipotheſen ſtimmen eben ſo wenig mit
den Verſuchen uͤberein.
Was nun aber der vortrefliche Lanciſius, und ein
anderer beruͤhmter Mann hieruͤber vorgetragen haben,
alles dieſes widerſpricht der ganzen Zergliederungskunſt.
Man findet die Nervenknoten nicht blos und allein an
denen zum Leben beſtimmten Nerven, die vom Ruͤkken-
marke entſpringen, ſondern es ſind auch andere, zwar
weni-
M m m 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 915. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/971>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.