wider diesen berühmten Mann erinnert, und was der be- rühmte Franz Boissier(h) zur Entschuldigung seiner Rechnung vorgebracht hat.
§. 44. Keils Berechnung derer Kräfte des Herzens.
Keils Bemühung war beinahe der vorigen entge- gengesezt. Denn da Borellus die Kraft des Herzens fast unendlich machte, so suchte sie dieser berühmte Eng- länder bis auf Unzen herabzusezzen. Er sezte bei seiner Berechnung den Newtonianischen Lehrsaz zum Grun- de, nach welchem gezeiget wird, daß eine jede Kraft, die eine jegliche flüßige Materie in Bewegung bringt, dem Gewichte des flüßigen Cilinders gleich sey, dessen Basis so groß ist als die Mündung, aus der die flüßige Mate- rie herauslauft, und daß die Höhe doppelt so hoch sey, als die Höhe, von der die flüßige Materie herabfallen muß, um eben die Geschwindigkeit zu bekommen, mit der sie aus der Mündung herausfliesset (i). Um diese ersten Gründe deutlich zu bestimmen, untersuchte er die Geschwin- digkeit, mit der das Blut aus dem Herzen hervordringt (k). Er schäzte das Blut, welches durch einen Herzschlag aus der linken Kammer herausgetrieben wird, auf eine Un- ze, welche einen Raum einnimmt, der 1. 659. Zoll gleich ist. Er zählte ferner in einer Minute achtzig Herzschlä- ge, und er fand demnach, daß in dieser Zeit aus dem Herzen 132. 72. Zoll Blut herausflössen. Nachdem er hierauf die Mündung der Aorte gemessen hatte, so befand er sie 0.4187 eines Zolles. Solchemnach macht er den Cilinder, dessen Grundfläche mit der Aortenmün-
dung
(h)[Spaltenumbruch]Introduct. S. XIX. Er ver- langt, man solle die Kräfte mit der Anzahl derer Runzeln des Her- zens multipliciren.
(i)[Spaltenumbruch]De vi cordis sanguinem per corpus pellente, S. 51.
(k)De velocitate sanguinis.
Viertes Buch. Das Herz.
wider dieſen beruͤhmten Mann erinnert, und was der be- ruͤhmte Franz Boiſſier(h) zur Entſchuldigung ſeiner Rechnung vorgebracht hat.
§. 44. Keils Berechnung derer Kraͤfte des Herzens.
Keils Bemuͤhung war beinahe der vorigen entge- gengeſezt. Denn da Borellus die Kraft des Herzens faſt unendlich machte, ſo ſuchte ſie dieſer beruͤhmte Eng- laͤnder bis auf Unzen herabzuſezzen. Er ſezte bei ſeiner Berechnung den Newtonianiſchen Lehrſaz zum Grun- de, nach welchem gezeiget wird, daß eine jede Kraft, die eine jegliche fluͤßige Materie in Bewegung bringt, dem Gewichte des fluͤßigen Cilinders gleich ſey, deſſen Baſis ſo groß iſt als die Muͤndung, aus der die fluͤßige Mate- rie herauslauft, und daß die Hoͤhe doppelt ſo hoch ſey, als die Hoͤhe, von der die fluͤßige Materie herabfallen muß, um eben die Geſchwindigkeit zu bekommen, mit der ſie aus der Muͤndung herausflieſſet (i). Um dieſe erſten Gruͤnde deutlich zu beſtimmen, unterſuchte er die Geſchwin- digkeit, mit der das Blut aus dem Herzen hervordringt (k). Er ſchaͤzte das Blut, welches durch einen Herzſchlag aus der linken Kammer herausgetrieben wird, auf eine Un- ze, welche einen Raum einnimmt, der 1. 659. Zoll gleich iſt. Er zaͤhlte ferner in einer Minute achtzig Herzſchlaͤ- ge, und er fand demnach, daß in dieſer Zeit aus dem Herzen 132. 72. Zoll Blut herausfloͤſſen. Nachdem er hierauf die Muͤndung der Aorte gemeſſen hatte, ſo befand er ſie 0.4187 eines Zolles. Solchemnach macht er den Cilinder, deſſen Grundflaͤche mit der Aortenmuͤn-
dung
(h)[Spaltenumbruch]Introduct. S. XIX. Er ver- langt, man ſolle die Kraͤfte mit der Anzahl derer Runzeln des Her- zens multipliciren.
(i)[Spaltenumbruch]De vi cordis ſanguinem per corpus pellente, S. 51.
(k)De velocitate ſanguinis.
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Viertes Buch. Das Herz.
wider dieſen beruͤhmten Mann erinnert, und was der be-
ruͤhmte Franz Boiſſier (h) zur Entſchuldigung ſeiner
Rechnung vorgebracht hat.
§. 44.
Keils Berechnung derer Kraͤfte des Herzens.
Keils Bemuͤhung war beinahe der vorigen entge-
gengeſezt. Denn da Borellus die Kraft des Herzens
faſt unendlich machte, ſo ſuchte ſie dieſer beruͤhmte Eng-
laͤnder bis auf Unzen herabzuſezzen. Er ſezte bei ſeiner
Berechnung den Newtonianiſchen Lehrſaz zum Grun-
de, nach welchem gezeiget wird, daß eine jede Kraft, die
eine jegliche fluͤßige Materie in Bewegung bringt, dem
Gewichte des fluͤßigen Cilinders gleich ſey, deſſen Baſis
ſo groß iſt als die Muͤndung, aus der die fluͤßige Mate-
rie herauslauft, und daß die Hoͤhe doppelt ſo hoch ſey, als
die Hoͤhe, von der die fluͤßige Materie herabfallen muß,
um eben die Geſchwindigkeit zu bekommen, mit der ſie
aus der Muͤndung herausflieſſet (i). Um dieſe erſten
Gruͤnde deutlich zu beſtimmen, unterſuchte er die Geſchwin-
digkeit, mit der das Blut aus dem Herzen hervordringt (k).
Er ſchaͤzte das Blut, welches durch einen Herzſchlag aus
der linken Kammer herausgetrieben wird, auf eine Un-
ze, welche einen Raum einnimmt, der 1. 659. Zoll gleich
iſt. Er zaͤhlte ferner in einer Minute achtzig Herzſchlaͤ-
ge, und er fand demnach, daß in dieſer Zeit aus dem
Herzen 132. 72. Zoll Blut herausfloͤſſen. Nachdem
er hierauf die Muͤndung der Aorte gemeſſen hatte, ſo
befand er ſie 0.4187 eines Zolles. Solchemnach macht
er den Cilinder, deſſen Grundflaͤche mit der Aortenmuͤn-
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(h)
Introduct. S. XIX. Er ver-
langt, man ſolle die Kraͤfte mit
der Anzahl derer Runzeln des Her-
zens multipliciren.
(i)
De vi cordis ſanguinem per
corpus pellente, S. 51.
(k) De velocitate ſanguinis.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 858. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/914>, abgerufen am 20.11.2024.
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