§. 23 Die Gedanken des Nicholls von dieser Be- wegung.
Es stehet demjenigen, was wir bereits vorgetragen haben, auch noch eine andere Hipothese ungleich mehr entgegen. Es hat nämlich Franz Nicholls, der be- rühmte Nachfolger und Schwiegersohn des Mead, eine von der unserigen merklich abweichende Zeitfolge, in An- sehung derer Bewegungen des Herzens und seiner Ohren, bestimmet. Denn er sagt (m), es schlüge in dem ersten Zeitabschnitte das rechte Ohr, und triebe sein Blut her- aus; im zweiten schlüge die Kammer an eben der Seite; im dritten die Lungenschlagader; im vierten ziehe sich das linke Herzohr; im fünften aber die linke Kammer zusam- men. Solchergestalt würde folgen, daß entweder die Zusammenziehung, oder die Erweiterung des rechten Oh- res, denn es ist beides einerlei, mit der Erweiterung oder dem Zusammenziehen des linken Ohres auf einerlei Zeit fiele; in dem nächst darauf folgenden Zeitabschnitte wür- de hingegen die rechte Kammer alsdenn eigentlich schla- gen, wenn sich die linke Kammer erweiterte; und solchem- nach würde allemal das rechte Ohr in dieser, und das lin- ke zu einer andren Zeit schlagen, mithin also weder das Schlagen, noch das Nachlassen beider Kammern jemals auf einmal, oder zu einerlei Zeit erfolgen.
Es erhellet hieraus ganz deutlich, daß man den Bau des Herzens und der Ohren mit dieser Hipothese nicht zu- sammenreimen könne. Denn es hat das rechte Herzohr mit dem linken eine gemeinschaftliche Wand (n), welche man die Scheidewand derer Buchten (sinus) nennet. Es ist aber in der That etwas widersprechendes, daß die Zei-
ten
(m)[Spaltenumbruch]Compend. anat. oeconom. S. 27.
(n)VieussensTr. du coeur [Spaltenumbruch]
S. 41. Vergleiche hiermit den 9ten §. des 2ten Abschnitts im 4ten Buch.
Viertes Buch. Das Herz.
§. 23 Die Gedanken des Nicholls von dieſer Be- wegung.
Es ſtehet demjenigen, was wir bereits vorgetragen haben, auch noch eine andere Hipotheſe ungleich mehr entgegen. Es hat naͤmlich Franz Nicholls, der be- ruͤhmte Nachfolger und Schwiegerſohn des Mead, eine von der unſerigen merklich abweichende Zeitfolge, in An- ſehung derer Bewegungen des Herzens und ſeiner Ohren, beſtimmet. Denn er ſagt (m), es ſchluͤge in dem erſten Zeitabſchnitte das rechte Ohr, und triebe ſein Blut her- aus; im zweiten ſchluͤge die Kammer an eben der Seite; im dritten die Lungenſchlagader; im vierten ziehe ſich das linke Herzohr; im fuͤnften aber die linke Kammer zuſam- men. Solchergeſtalt wuͤrde folgen, daß entweder die Zuſammenziehung, oder die Erweiterung des rechten Oh- res, denn es iſt beides einerlei, mit der Erweiterung oder dem Zuſammenziehen des linken Ohres auf einerlei Zeit fiele; in dem naͤchſt darauf folgenden Zeitabſchnitte wuͤr- de hingegen die rechte Kammer alsdenn eigentlich ſchla- gen, wenn ſich die linke Kammer erweiterte; und ſolchem- nach wuͤrde allemal das rechte Ohr in dieſer, und das lin- ke zu einer andren Zeit ſchlagen, mithin alſo weder das Schlagen, noch das Nachlaſſen beider Kammern jemals auf einmal, oder zu einerlei Zeit erfolgen.
Es erhellet hieraus ganz deutlich, daß man den Bau des Herzens und der Ohren mit dieſer Hipotheſe nicht zu- ſammenreimen koͤnne. Denn es hat das rechte Herzohr mit dem linken eine gemeinſchaftliche Wand (n), welche man die Scheidewand derer Buchten (ſinus) nennet. Es iſt aber in der That etwas widerſprechendes, daß die Zei-
ten
(m)[Spaltenumbruch]Compend. anat. oeconom. S. 27.
(n)VieuſſensTr. du coeur [Spaltenumbruch]
S. 41. Vergleiche hiermit den 9ten §. des 2ten Abſchnitts im 4ten Buch.
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Viertes Buch. Das Herz.
§. 23
Die Gedanken des Nicholls von dieſer Be-
wegung.
Es ſtehet demjenigen, was wir bereits vorgetragen
haben, auch noch eine andere Hipotheſe ungleich mehr
entgegen. Es hat naͤmlich Franz Nicholls, der be-
ruͤhmte Nachfolger und Schwiegerſohn des Mead, eine
von der unſerigen merklich abweichende Zeitfolge, in An-
ſehung derer Bewegungen des Herzens und ſeiner Ohren,
beſtimmet. Denn er ſagt (m), es ſchluͤge in dem erſten
Zeitabſchnitte das rechte Ohr, und triebe ſein Blut her-
aus; im zweiten ſchluͤge die Kammer an eben der Seite;
im dritten die Lungenſchlagader; im vierten ziehe ſich das
linke Herzohr; im fuͤnften aber die linke Kammer zuſam-
men. Solchergeſtalt wuͤrde folgen, daß entweder die
Zuſammenziehung, oder die Erweiterung des rechten Oh-
res, denn es iſt beides einerlei, mit der Erweiterung oder
dem Zuſammenziehen des linken Ohres auf einerlei Zeit
fiele; in dem naͤchſt darauf folgenden Zeitabſchnitte wuͤr-
de hingegen die rechte Kammer alsdenn eigentlich ſchla-
gen, wenn ſich die linke Kammer erweiterte; und ſolchem-
nach wuͤrde allemal das rechte Ohr in dieſer, und das lin-
ke zu einer andren Zeit ſchlagen, mithin alſo weder das
Schlagen, noch das Nachlaſſen beider Kammern jemals
auf einmal, oder zu einerlei Zeit erfolgen.
Es erhellet hieraus ganz deutlich, daß man den Bau
des Herzens und der Ohren mit dieſer Hipotheſe nicht zu-
ſammenreimen koͤnne. Denn es hat das rechte Herzohr
mit dem linken eine gemeinſchaftliche Wand (n), welche
man die Scheidewand derer Buchten (ſinus) nennet. Es
iſt aber in der That etwas widerſprechendes, daß die Zei-
ten
(m)
Compend. anat. oeconom.
S. 27.
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S. 41. Vergleiche hiermit den 9ten
§. des 2ten Abſchnitts im 4ten
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 802. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/858>, abgerufen am 20.11.2024.
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