geronnen, zum grösten Nachtheil derer Kranken, in die Blutadern gelangen möchte.
Ohnerachtet nun kein sonderlicher Nuzzen in Anse- hung der Cur derer Krankheiten daher zu erhalten gewe- sen, so hat man doch daran einen derer kräftigsten Be- weise für den Umlauf des Blutes, indem das mitgetheil- te Blut nicht in dasjenige Glied allein, darein man es gebracht hatte, sondern in das Herz und in alle Blut- und Schlagadern des Thieres, welches dasselbe aufge- nommen hatte, übergieng.
§. 20. Der von dem Augenschein selbst hergenommene Beweis für den Umlauf des Blutes.
Es war also nichts mehr übrig, als daß man den Blutlauf der besten Probe, nämlich denen Augen selbst, unterwarf. Man hat es auch an diesem lezten Stükke, die Warheit zu bestätigen, nicht ermangeln lassen, ob es gleich allererst nach dem Tode des Harvey vollends hinzugekommen. Man hatte sich nicht zu befürchten, daß noch einige Einwürfe würden gemacht werden, oder ferner etwa ein Gelächter entstehen möchte, wenn die Zer- gliederer wirklich sehen solten, daß das Blut aus den lezten Schlagäderchen in die daraus entspringende Blut- adern und sodann ins Herz zurüklaufe. Und dieses traf wenige Jahre nach dem Ableben dieses berühmten Grei- ses glüklich ein. Denn es gab Marcellus Malpighius im Jahr 1661 (c) diejenige Versuche heraus, welche er an der Lunge, dem Gekröse und der Harnblase der Frösche, mit Hülfe der Vergröserungsgläser, gemacht hatte. Er sahe überall, wie sich das Blut aus den Schlagadern, vermittelst wirklicher Anastomosirungen, durch die Ge-
fässe
(c) Jm zwoten Briese desselben, von der Lunge.
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes
geronnen, zum groͤſten Nachtheil derer Kranken, in die Blutadern gelangen moͤchte.
Ohnerachtet nun kein ſonderlicher Nuzzen in Anſe- hung der Cur derer Krankheiten daher zu erhalten gewe- ſen, ſo hat man doch daran einen derer kraͤftigſten Be- weiſe fuͤr den Umlauf des Blutes, indem das mitgetheil- te Blut nicht in dasjenige Glied allein, darein man es gebracht hatte, ſondern in das Herz und in alle Blut- und Schlagadern des Thieres, welches daſſelbe aufge- nommen hatte, uͤbergieng.
§. 20. Der von dem Augenſchein ſelbſt hergenommene Beweis fuͤr den Umlauf des Blutes.
Es war alſo nichts mehr uͤbrig, als daß man den Blutlauf der beſten Probe, naͤmlich denen Augen ſelbſt, unterwarf. Man hat es auch an dieſem lezten Stuͤkke, die Warheit zu beſtaͤtigen, nicht ermangeln laſſen, ob es gleich allererſt nach dem Tode des Harvey vollends hinzugekommen. Man hatte ſich nicht zu befuͤrchten, daß noch einige Einwuͤrfe wuͤrden gemacht werden, oder ferner etwa ein Gelaͤchter entſtehen moͤchte, wenn die Zer- gliederer wirklich ſehen ſolten, daß das Blut aus den lezten Schlagaͤderchen in die daraus entſpringende Blut- adern und ſodann ins Herz zuruͤklaufe. Und dieſes traf wenige Jahre nach dem Ableben dieſes beruͤhmten Grei- ſes gluͤklich ein. Denn es gab Marcellus Malpighius im Jahr 1661 (c) diejenige Verſuche heraus, welche er an der Lunge, dem Gekroͤſe und der Harnblaſe der Froͤſche, mit Huͤlfe der Vergroͤſerungsglaͤſer, gemacht hatte. Er ſahe uͤberall, wie ſich das Blut aus den Schlagadern, vermittelſt wirklicher Anaſtomoſirungen, durch die Ge-
faͤſſe
(c) Jm zwoten Brieſe deſſelben, von der Lunge.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0504"n="448"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes</hi></fw><lb/>
geronnen, zum groͤſten Nachtheil derer Kranken, in die<lb/>
Blutadern gelangen moͤchte.</p><lb/><p>Ohnerachtet nun kein ſonderlicher Nuzzen in Anſe-<lb/>
hung der Cur derer Krankheiten daher zu erhalten gewe-<lb/>ſen, ſo hat man doch daran einen derer kraͤftigſten Be-<lb/>
weiſe fuͤr den Umlauf des Blutes, indem das mitgetheil-<lb/>
te Blut nicht in dasjenige Glied allein, darein man es<lb/>
gebracht hatte, ſondern in das Herz und in alle Blut-<lb/>
und Schlagadern des Thieres, welches daſſelbe aufge-<lb/>
nommen hatte, uͤbergieng.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 20.<lb/>
Der von dem Augenſchein ſelbſt hergenommene<lb/>
Beweis fuͤr den Umlauf des Blutes.</head><lb/><p>Es war alſo nichts mehr uͤbrig, als daß man den<lb/>
Blutlauf der beſten Probe, naͤmlich denen Augen ſelbſt,<lb/>
unterwarf. Man hat es auch an dieſem lezten Stuͤkke,<lb/>
die Warheit zu beſtaͤtigen, nicht ermangeln laſſen, ob<lb/>
es gleich allererſt nach dem Tode des <hirendition="#fr">Harvey</hi> vollends<lb/>
hinzugekommen. Man hatte ſich nicht zu befuͤrchten,<lb/>
daß noch einige Einwuͤrfe wuͤrden gemacht werden, oder<lb/>
ferner etwa ein Gelaͤchter entſtehen moͤchte, wenn die Zer-<lb/>
gliederer wirklich ſehen ſolten, daß das Blut aus den<lb/>
lezten Schlagaͤderchen in die daraus entſpringende Blut-<lb/>
adern und ſodann ins Herz zuruͤklaufe. Und dieſes traf<lb/>
wenige Jahre nach dem Ableben dieſes beruͤhmten Grei-<lb/>ſes gluͤklich ein. Denn es gab Marcellus <hirendition="#fr">Malpighius</hi><lb/>
im Jahr 1661 <noteplace="foot"n="(c)">Jm zwoten Brieſe deſſelben, von der Lunge.</note> diejenige Verſuche heraus, welche er<lb/>
an der Lunge, dem Gekroͤſe und der Harnblaſe der Froͤſche,<lb/>
mit Huͤlfe der Vergroͤſerungsglaͤſer, gemacht hatte. Er<lb/>ſahe uͤberall, wie ſich das Blut aus den Schlagadern,<lb/>
vermittelſt wirklicher Anaſtomoſirungen, durch die Ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">faͤſſe</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[448/0504]
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes
geronnen, zum groͤſten Nachtheil derer Kranken, in die
Blutadern gelangen moͤchte.
Ohnerachtet nun kein ſonderlicher Nuzzen in Anſe-
hung der Cur derer Krankheiten daher zu erhalten gewe-
ſen, ſo hat man doch daran einen derer kraͤftigſten Be-
weiſe fuͤr den Umlauf des Blutes, indem das mitgetheil-
te Blut nicht in dasjenige Glied allein, darein man es
gebracht hatte, ſondern in das Herz und in alle Blut-
und Schlagadern des Thieres, welches daſſelbe aufge-
nommen hatte, uͤbergieng.
§. 20.
Der von dem Augenſchein ſelbſt hergenommene
Beweis fuͤr den Umlauf des Blutes.
Es war alſo nichts mehr uͤbrig, als daß man den
Blutlauf der beſten Probe, naͤmlich denen Augen ſelbſt,
unterwarf. Man hat es auch an dieſem lezten Stuͤkke,
die Warheit zu beſtaͤtigen, nicht ermangeln laſſen, ob
es gleich allererſt nach dem Tode des Harvey vollends
hinzugekommen. Man hatte ſich nicht zu befuͤrchten,
daß noch einige Einwuͤrfe wuͤrden gemacht werden, oder
ferner etwa ein Gelaͤchter entſtehen moͤchte, wenn die Zer-
gliederer wirklich ſehen ſolten, daß das Blut aus den
lezten Schlagaͤderchen in die daraus entſpringende Blut-
adern und ſodann ins Herz zuruͤklaufe. Und dieſes traf
wenige Jahre nach dem Ableben dieſes beruͤhmten Grei-
ſes gluͤklich ein. Denn es gab Marcellus Malpighius
im Jahr 1661 (c) diejenige Verſuche heraus, welche er
an der Lunge, dem Gekroͤſe und der Harnblaſe der Froͤſche,
mit Huͤlfe der Vergroͤſerungsglaͤſer, gemacht hatte. Er
ſahe uͤberall, wie ſich das Blut aus den Schlagadern,
vermittelſt wirklicher Anaſtomoſirungen, durch die Ge-
faͤſſe
(c) Jm zwoten Brieſe deſſelben, von der Lunge.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/504>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.