Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Schlagadern.
weiter nichts, als ein verdichtetes, fester gewebtes Zell-
gewebe sey. Bemüht man sich, sie mit dem Mes-
serchen rein zu schaben, so wird man bald die Schuppen
ohne Ende weggehen sehen, bis man die Fleischfasern
blos liegen sieht; man trift sie aber nirgends als eine
glatte und feste Umhüllung an: macht man sie im Was-
ser mürbe, so dringt dasselbe in die Zwischenräume der
Plättchen ein, es entfernt ihre Fäden allmälich von ein-
ander, die sich am nächsten durchschlungen, es löset die
Schlagader dergestalt auf, daß sie wie ein blosser
Schwamm da lieget. Raym. Vieussens (h) war der
erste, der diesen Versuch machte, und er wurde dadurch
bewegt zu glauben, daß die ganze Schlagader ohne
Muskelfasern, und ein blosser Schwamm sey. Jch ha-
be es ebenfalls versucht, es haben es auch Dan. Christ.
Schobinger (i), und der berühmte Ludwig (k) gleich-
falls untersucht, ausser daß der erstere, indem er zugiebt,
daß das eigene Gewebe der Schlagader sich zwar verrin-
gere, das Zellgewebe aber zunehme, dennoch jene zugleich
beibehalten will. Vor mir haben die berühmten Män-
ner, Jak. Douglas (l), und Alex. Monroo, ihre
zellige Natur schon erwiesen (m).

§. 7.
Die muskelhafte Bekleidung.

Auf diesen vornemsten Theil einer Schlagader fol-
gen nunmehr die Fleischfasern, die ich vornemlich da,
wo die Aorte ihren Ursprung bekömmt, indem sie sich an
diesem Orte durch ihre Menge und Röthe leichter entdek-
ken lassen, beobachtet habe. Es giebt daselbst verschiede-
ne über einander liegende Schichten von diesen Fa-

sern
(h) [Spaltenumbruch] Nov. vas. Syst. S. 85.
(i) Am angef. Ort. N. 50.
(k) Am angef. Ort. N. 12.
(l) [Spaltenumbruch] Descr. of the periton. S. 26.
(m) Essays of a Society at E-
dimb. Tom. II.
S. 267.
H 3

Schlagadern.
weiter nichts, als ein verdichtetes, feſter gewebtes Zell-
gewebe ſey. Bemuͤht man ſich, ſie mit dem Meſ-
ſerchen rein zu ſchaben, ſo wird man bald die Schuppen
ohne Ende weggehen ſehen, bis man die Fleiſchfaſern
blos liegen ſieht; man trift ſie aber nirgends als eine
glatte und feſte Umhuͤllung an: macht man ſie im Waſ-
ſer muͤrbe, ſo dringt daſſelbe in die Zwiſchenraͤume der
Plaͤttchen ein, es entfernt ihre Faͤden allmaͤlich von ein-
ander, die ſich am naͤchſten durchſchlungen, es loͤſet die
Schlagader dergeſtalt auf, daß ſie wie ein bloſſer
Schwamm da lieget. Raym. Vieuſſens (h) war der
erſte, der dieſen Verſuch machte, und er wurde dadurch
bewegt zu glauben, daß die ganze Schlagader ohne
Muskelfaſern, und ein bloſſer Schwamm ſey. Jch ha-
be es ebenfalls verſucht, es haben es auch Dan. Chriſt.
Schobinger (i), und der beruͤhmte Ludwig (k) gleich-
falls unterſucht, auſſer daß der erſtere, indem er zugiebt,
daß das eigene Gewebe der Schlagader ſich zwar verrin-
gere, das Zellgewebe aber zunehme, dennoch jene zugleich
beibehalten will. Vor mir haben die beruͤhmten Maͤn-
ner, Jak. Douglas (l), und Alex. Monroo, ihre
zellige Natur ſchon erwieſen (m).

§. 7.
Die muskelhafte Bekleidung.

Auf dieſen vornemſten Theil einer Schlagader fol-
gen nunmehr die Fleiſchfaſern, die ich vornemlich da,
wo die Aorte ihren Urſprung bekoͤmmt, indem ſie ſich an
dieſem Orte durch ihre Menge und Roͤthe leichter entdek-
ken laſſen, beobachtet habe. Es giebt daſelbſt verſchiede-
ne uͤber einander liegende Schichten von dieſen Fa-

ſern
(h) [Spaltenumbruch] Nov. vaſ. Syſt. S. 85.
(i) Am angef. Ort. N. 50.
(k) Am angef. Ort. N. 12.
(l) [Spaltenumbruch] Deſcr. of the periton. S. 26.
(m) Eſſays of a Society at E-
dimb. Tom. II.
S. 267.
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0173" n="117"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schlagadern.</hi></fw><lb/>
weiter nichts, als ein verdichtetes, fe&#x017F;ter gewebtes Zell-<lb/>
gewebe &#x017F;ey. Bemu&#x0364;ht man &#x017F;ich, &#x017F;ie mit dem Me&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erchen rein zu &#x017F;chaben, &#x017F;o wird man bald die Schuppen<lb/>
ohne Ende weggehen &#x017F;ehen, bis man die Flei&#x017F;chfa&#x017F;ern<lb/>
blos liegen &#x017F;ieht; man trift &#x017F;ie aber nirgends als eine<lb/>
glatte und fe&#x017F;te Umhu&#x0364;llung an: macht man &#x017F;ie im Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er mu&#x0364;rbe, &#x017F;o dringt da&#x017F;&#x017F;elbe in die Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume der<lb/>
Pla&#x0364;ttchen ein, es entfernt ihre Fa&#x0364;den allma&#x0364;lich von ein-<lb/>
ander, die &#x017F;ich am na&#x0364;ch&#x017F;ten durch&#x017F;chlungen, es lo&#x0364;&#x017F;et die<lb/>
Schlagader derge&#x017F;talt auf, daß &#x017F;ie wie ein blo&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Schwamm da lieget. Raym. <hi rendition="#fr">Vieu&#x017F;&#x017F;ens</hi> <note place="foot" n="(h)"><cb/><hi rendition="#aq">Nov. va&#x017F;. Sy&#x017F;t.</hi> S. 85.</note> war der<lb/>
er&#x017F;te, der die&#x017F;en Ver&#x017F;uch machte, und er wurde dadurch<lb/>
bewegt zu glauben, daß die ganze Schlagader ohne<lb/>
Muskelfa&#x017F;ern, und ein blo&#x017F;&#x017F;er Schwamm &#x017F;ey. Jch ha-<lb/>
be es ebenfalls ver&#x017F;ucht, es haben es auch Dan. Chri&#x017F;t.<lb/><hi rendition="#fr">Schobinger</hi> <note place="foot" n="(i)">Am angef. Ort. N. 50.</note>, und der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#fr">Ludwig</hi> <note place="foot" n="(k)">Am angef. Ort. N. 12.</note> gleich-<lb/>
falls unter&#x017F;ucht, au&#x017F;&#x017F;er daß der er&#x017F;tere, indem er zugiebt,<lb/>
daß das eigene Gewebe der Schlagader &#x017F;ich zwar verrin-<lb/>
gere, das Zellgewebe aber zunehme, dennoch jene zugleich<lb/>
beibehalten will. Vor mir haben die beru&#x0364;hmten Ma&#x0364;n-<lb/>
ner, Jak. <hi rendition="#fr">Douglas</hi> <note place="foot" n="(l)"><cb/><hi rendition="#aq">De&#x017F;cr. of the periton.</hi> S. 26.</note>, und Alex. <hi rendition="#fr">Monroo,</hi> ihre<lb/>
zellige Natur &#x017F;chon erwie&#x017F;en <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">E&#x017F;&#x017F;ays of a Society at E-<lb/>
dimb. Tom. II.</hi> S. 267.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 7.<lb/>
Die muskelhafte Bekleidung.</head><lb/>
            <p>Auf die&#x017F;en vornem&#x017F;ten Theil einer Schlagader fol-<lb/>
gen nunmehr die Flei&#x017F;chfa&#x017F;ern, die ich vornemlich da,<lb/>
wo die Aorte ihren Ur&#x017F;prung beko&#x0364;mmt, indem &#x017F;ie &#x017F;ich an<lb/>
die&#x017F;em Orte durch ihre Menge und Ro&#x0364;the leichter entdek-<lb/>
ken la&#x017F;&#x017F;en, beobachtet habe. Es giebt da&#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;chiede-<lb/>
ne u&#x0364;ber einander liegende Schichten von die&#x017F;en Fa-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ern</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0173] Schlagadern. weiter nichts, als ein verdichtetes, feſter gewebtes Zell- gewebe ſey. Bemuͤht man ſich, ſie mit dem Meſ- ſerchen rein zu ſchaben, ſo wird man bald die Schuppen ohne Ende weggehen ſehen, bis man die Fleiſchfaſern blos liegen ſieht; man trift ſie aber nirgends als eine glatte und feſte Umhuͤllung an: macht man ſie im Waſ- ſer muͤrbe, ſo dringt daſſelbe in die Zwiſchenraͤume der Plaͤttchen ein, es entfernt ihre Faͤden allmaͤlich von ein- ander, die ſich am naͤchſten durchſchlungen, es loͤſet die Schlagader dergeſtalt auf, daß ſie wie ein bloſſer Schwamm da lieget. Raym. Vieuſſens (h) war der erſte, der dieſen Verſuch machte, und er wurde dadurch bewegt zu glauben, daß die ganze Schlagader ohne Muskelfaſern, und ein bloſſer Schwamm ſey. Jch ha- be es ebenfalls verſucht, es haben es auch Dan. Chriſt. Schobinger (i), und der beruͤhmte Ludwig (k) gleich- falls unterſucht, auſſer daß der erſtere, indem er zugiebt, daß das eigene Gewebe der Schlagader ſich zwar verrin- gere, das Zellgewebe aber zunehme, dennoch jene zugleich beibehalten will. Vor mir haben die beruͤhmten Maͤn- ner, Jak. Douglas (l), und Alex. Monroo, ihre zellige Natur ſchon erwieſen (m). §. 7. Die muskelhafte Bekleidung. Auf dieſen vornemſten Theil einer Schlagader fol- gen nunmehr die Fleiſchfaſern, die ich vornemlich da, wo die Aorte ihren Urſprung bekoͤmmt, indem ſie ſich an dieſem Orte durch ihre Menge und Roͤthe leichter entdek- ken laſſen, beobachtet habe. Es giebt daſelbſt verſchiede- ne uͤber einander liegende Schichten von dieſen Fa- ſern (h) Nov. vaſ. Syſt. S. 85. (i) Am angef. Ort. N. 50. (k) Am angef. Ort. N. 12. (l) Deſcr. of the periton. S. 26. (m) Eſſays of a Society at E- dimb. Tom. II. S. 267. H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/173
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/173>, abgerufen am 21.12.2024.