Hahnemann, Samuel: Organon der rationellen Heilkunde. Dresden, 1810. Anm. Eine reine Erdichtung von Zufällen wird man wohl nie bei Hypochondristen, selbst bei den unleidlichsten nicht, wahr- nehmen (welches die Vergleichung ihrer zu verschiednen Zeiten geklagten Beschwer- den, während der Arzt ihnen nichts oder etwas ganz unarzneiliches eingiebt, deut- lich zeigt); nur muß man von ihren Hy- perbeln und Superlativen etwas abziehen, wenigstens die Stärke ihrer Ausdrücke auf Rechnung ihres übermäsigen Gefühls setzen -- in welcher Hinsicht selbst diese Hochstimmung ihrer Ausdrücke über ihre Leiden vor sich schon zum bedeutenden Symptome in der Reihe der übrigen wird, welche das Bild der Krankheit konstitui- ren. Bei Wahnsinnigen und böslichen Krankheitserdichtern ist es ein andrer Fall. 76. Andre, entgegen gesetzte Personen Anm. Eine reine Erdichtung von Zufällen wird man wohl nie bei Hypochondristen, selbst bei den unleidlichsten nicht, wahr- nehmen (welches die Vergleichung ihrer zu verschiednen Zeiten geklagten Beschwer- den, während der Arzt ihnen nichts oder etwas ganz unarzneiliches eingiebt, deut- lich zeigt); nur muß man von ihren Hy- perbeln und Superlativen etwas abziehen, wenigstens die Stärke ihrer Ausdrücke auf Rechnung ihres übermäsigen Gefühls setzen — in welcher Hinsicht selbst diese Hochstimmung ihrer Ausdrücke über ihre Leiden vor sich schon zum bedeutenden Symptome in der Reihe der übrigen wird, welche das Bild der Krankheit konstitui- ren. Bei Wahnsinnigen und böslichen Krankheitserdichtern ist es ein andrer Fall. 76. Andre, entgegen gesetzte Personen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0132" n="76"/> <note place="end"><hi rendition="#g">Anm</hi>. Eine reine Erdichtung von Zufällen<lb/> wird man wohl nie bei Hypochondristen,<lb/> selbst bei den unleidlichsten nicht, wahr-<lb/> nehmen (welches die Vergleichung ihrer zu<lb/> verschiednen Zeiten geklagten Beschwer-<lb/> den, während der Arzt ihnen nichts oder<lb/> etwas ganz unarzneiliches eingiebt, deut-<lb/> lich zeigt); nur muß man von ihren Hy-<lb/> perbeln und Superlativen etwas abziehen,<lb/> wenigstens die Stärke ihrer Ausdrücke<lb/> auf Rechnung ihres übermäsigen Gefühls<lb/> setzen — in welcher Hinsicht selbst diese<lb/> Hochstimmung ihrer Ausdrücke über ihre<lb/> Leiden vor sich schon zum bedeutenden<lb/> Symptome in der Reihe der übrigen wird,<lb/> welche das Bild der Krankheit konstitui-<lb/> ren. Bei Wahnsinnigen und böslichen<lb/> Krankheitserdichtern ist es ein andrer<lb/> Fall.</note> </div><lb/> <div n="2"> <head>76.</head><lb/> <p>Andre, entgegen gesetzte Personen<lb/> aber halten theils aus Indolenz, theils aus<lb/> misverstandner Scham, theils aus einer<lb/> Art milder Gesinnung eine Menge Beschwer-<lb/> den zurück, bezeichnen sie mit undeutli-<lb/> chen Ausdrücken, oder geben mehrere als<lb/> unbeschwerlich an.</p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [76/0132]
Anm. Eine reine Erdichtung von Zufällen
wird man wohl nie bei Hypochondristen,
selbst bei den unleidlichsten nicht, wahr-
nehmen (welches die Vergleichung ihrer zu
verschiednen Zeiten geklagten Beschwer-
den, während der Arzt ihnen nichts oder
etwas ganz unarzneiliches eingiebt, deut-
lich zeigt); nur muß man von ihren Hy-
perbeln und Superlativen etwas abziehen,
wenigstens die Stärke ihrer Ausdrücke
auf Rechnung ihres übermäsigen Gefühls
setzen — in welcher Hinsicht selbst diese
Hochstimmung ihrer Ausdrücke über ihre
Leiden vor sich schon zum bedeutenden
Symptome in der Reihe der übrigen wird,
welche das Bild der Krankheit konstitui-
ren. Bei Wahnsinnigen und böslichen
Krankheitserdichtern ist es ein andrer
Fall.
76.
Andre, entgegen gesetzte Personen
aber halten theils aus Indolenz, theils aus
misverstandner Scham, theils aus einer
Art milder Gesinnung eine Menge Beschwer-
den zurück, bezeichnen sie mit undeutli-
chen Ausdrücken, oder geben mehrere als
unbeschwerlich an.
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