Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Meinung, eine Lache zu überspringen, der andere trottelte mit der Gutmüthigkeit eines dummkollerigen Karrengaules neben ihm einher, mit seinem von schlappen Fettwülsten gepolsterten Schweinebauch und seinem depravierten Faungesicht, dem Gesicht eines alten, verblödeten Faun.

Und seitdem, pfui heiliger Teufel, ließ mich durch Monate diese Dreckfratze nicht los.

24.

Eines Nachts hatte ich einen absonderlichen Traum, der mich merkwürdig erschreckte und beunruhigte. Ich hatte mich bald zu Bette gelegt, schlief aber erst gegen Mitternacht ein. Es war mir, als ob ich aus sehr weiter Ferne Harfentöne hören würde, und plötzlich befand ich mich in Kopenhagen. Ich kam von Frederiksborg herein und schritt langsam durch die Vesterbrogade rechts am Tivoli vorbei und an den häßlichen Planken, die den Neubau des Rathhauses umgeben. Der schlanke Thurm ragte hoch in die unendlich klare Luft. Dann bog ich durch die Rathhausstraße gegen den Hafen hin ab, schlenderte am Thorwaldsen-Museum vorüber über den Schloßplatz, bei der Börse vorbei gegen die Knippelsbro. Vor der Börse blieb ich stehen. Ich

Meinung, eine Lache zu überspringen, der andere trottelte mit der Gutmüthigkeit eines dummkollerigen Karrengaules neben ihm einher, mit seinem von schlappen Fettwülsten gepolsterten Schweinebauch und seinem depravierten Faungesicht, dem Gesicht eines alten, verblödeten Faun.

Und seitdem, pfui heiliger Teufel, ließ mich durch Monate diese Dreckfratze nicht los.

24.

Eines Nachts hatte ich einen absonderlichen Traum, der mich merkwürdig erschreckte und beunruhigte. Ich hatte mich bald zu Bette gelegt, schlief aber erst gegen Mitternacht ein. Es war mir, als ob ich aus sehr weiter Ferne Harfentöne hören würde, und plötzlich befand ich mich in Kopenhagen. Ich kam von Frederiksborg herein und schritt langsam durch die Vesterbrogade rechts am Tivoli vorbei und an den häßlichen Planken, die den Neubau des Rathhauses umgeben. Der schlanke Thurm ragte hoch in die unendlich klare Luft. Dann bog ich durch die Rathhausstraße gegen den Hafen hin ab, schlenderte am Thorwaldsen-Museum vorüber über den Schloßplatz, bei der Börse vorbei gegen die Knippelsbro. Vor der Börse blieb ich stehen. Ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0099" n="101"/>
Meinung, eine Lache zu überspringen, der andere trottelte mit der Gutmüthigkeit eines dummkollerigen Karrengaules neben ihm einher, mit seinem von schlappen Fettwülsten gepolsterten Schweinebauch und seinem depravierten Faungesicht, dem Gesicht eines alten, verblödeten Faun.</p>
          <p>Und seitdem, pfui heiliger Teufel, ließ mich durch Monate diese Dreckfratze nicht los.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>24.</head><lb/>
          <p>Eines Nachts hatte ich einen absonderlichen Traum, der mich merkwürdig erschreckte und beunruhigte. Ich hatte mich bald zu Bette gelegt, schlief aber erst gegen Mitternacht ein. Es war mir, als ob ich aus sehr weiter Ferne Harfentöne hören würde, und plötzlich befand ich mich in Kopenhagen. Ich kam von Frederiksborg herein und schritt langsam durch die Vesterbrogade rechts am Tivoli vorbei und an den häßlichen Planken, die den Neubau des Rathhauses umgeben. Der schlanke Thurm ragte hoch in die unendlich klare Luft. Dann bog ich durch die Rathhausstraße gegen den Hafen hin ab, schlenderte am Thorwaldsen-Museum vorüber über den Schloßplatz, bei der Börse vorbei gegen die Knippelsbro. Vor der Börse blieb ich stehen. Ich
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0099] Meinung, eine Lache zu überspringen, der andere trottelte mit der Gutmüthigkeit eines dummkollerigen Karrengaules neben ihm einher, mit seinem von schlappen Fettwülsten gepolsterten Schweinebauch und seinem depravierten Faungesicht, dem Gesicht eines alten, verblödeten Faun. Und seitdem, pfui heiliger Teufel, ließ mich durch Monate diese Dreckfratze nicht los. 24. Eines Nachts hatte ich einen absonderlichen Traum, der mich merkwürdig erschreckte und beunruhigte. Ich hatte mich bald zu Bette gelegt, schlief aber erst gegen Mitternacht ein. Es war mir, als ob ich aus sehr weiter Ferne Harfentöne hören würde, und plötzlich befand ich mich in Kopenhagen. Ich kam von Frederiksborg herein und schritt langsam durch die Vesterbrogade rechts am Tivoli vorbei und an den häßlichen Planken, die den Neubau des Rathhauses umgeben. Der schlanke Thurm ragte hoch in die unendlich klare Luft. Dann bog ich durch die Rathhausstraße gegen den Hafen hin ab, schlenderte am Thorwaldsen-Museum vorüber über den Schloßplatz, bei der Börse vorbei gegen die Knippelsbro. Vor der Börse blieb ich stehen. Ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/99
Zitationshilfe: Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/99>, abgerufen am 22.12.2024.