Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Letztes Kapitel. Der Himmel ist milde und blau, die Bäume keimen, Herbst und Winter sind vergangen. Begebenheiten, von denen Niemand die Wurzeln kannte, hatten sich schon in ihrem Gipfelpunkte vollzogen. Es entstand eine gewisse Gleichgültigkeit für öffentliche Dinge. Das ewige Schöpfen unendlicher Ströme Wassers in ein und dasselbe Sieb erzeugte jene Unbehaglichkeit, die sich nicht gestehen will: Ihr habt doch wohl zu viel zerstört! Zu schnell regiert! Euer eigner Einsatz taugte nur wenig! Wir wollen ein Anderes haben und so lange Ihr das nicht bietet, lasset die Halbheit! Zeigt dem Lebenden nicht Haß, Neid, Mißgunst, Verbitterung! Hattet Ihr Wohlwollen, müßte man dagegen sagen, so schenktet Ihr Eure Gunst nur denen, die Euch schmeichelten! Es mangelt überall an Rückblicken und Kenntniß des Vergangenen! Die Wortführer erhalten keine Mahnung: Erst zu lernen und dann zu sprechen! Letztes Kapitel. Der Himmel ist milde und blau, die Bäume keimen, Herbst und Winter sind vergangen. Begebenheiten, von denen Niemand die Wurzeln kannte, hatten sich schon in ihrem Gipfelpunkte vollzogen. Es entstand eine gewisse Gleichgültigkeit für öffentliche Dinge. Das ewige Schöpfen unendlicher Ströme Wassers in ein und dasselbe Sieb erzeugte jene Unbehaglichkeit, die sich nicht gestehen will: Ihr habt doch wohl zu viel zerstört! Zu schnell regiert! Euer eigner Einsatz taugte nur wenig! Wir wollen ein Anderes haben und so lange Ihr das nicht bietet, lasset die Halbheit! Zeigt dem Lebenden nicht Haß, Neid, Mißgunst, Verbitterung! Hattet Ihr Wohlwollen, müßte man dagegen sagen, so schenktet Ihr Eure Gunst nur denen, die Euch schmeichelten! Es mangelt überall an Rückblicken und Kenntniß des Vergangenen! Die Wortführer erhalten keine Mahnung: Erst zu lernen und dann zu sprechen! <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0300" n="294"/> <div n="1"> <head>Letztes Kapitel.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>er Himmel ist milde und blau, die Bäume keimen, Herbst und Winter sind vergangen.</p> <p>Begebenheiten, von denen Niemand die Wurzeln kannte, hatten sich schon in ihrem Gipfelpunkte vollzogen.</p> <p>Es entstand eine gewisse Gleichgültigkeit für öffentliche Dinge.</p> <p>Das ewige Schöpfen unendlicher Ströme Wassers in ein und dasselbe Sieb erzeugte jene Unbehaglichkeit, die sich nicht gestehen will: Ihr habt doch wohl zu viel zerstört! Zu schnell regiert! Euer eigner Einsatz taugte nur wenig! Wir wollen ein Anderes haben und so lange Ihr das nicht bietet, lasset die Halbheit! Zeigt dem Lebenden nicht Haß, Neid, Mißgunst, Verbitterung! Hattet Ihr Wohlwollen, müßte man dagegen sagen, so schenktet Ihr Eure Gunst nur denen, die Euch schmeichelten! Es mangelt überall an Rückblicken und Kenntniß des Vergangenen! Die Wortführer erhalten keine Mahnung: Erst zu lernen und dann zu sprechen!</p> </div> </body> </text> </TEI> [294/0300]
Letztes Kapitel.
Der Himmel ist milde und blau, die Bäume keimen, Herbst und Winter sind vergangen.
Begebenheiten, von denen Niemand die Wurzeln kannte, hatten sich schon in ihrem Gipfelpunkte vollzogen.
Es entstand eine gewisse Gleichgültigkeit für öffentliche Dinge.
Das ewige Schöpfen unendlicher Ströme Wassers in ein und dasselbe Sieb erzeugte jene Unbehaglichkeit, die sich nicht gestehen will: Ihr habt doch wohl zu viel zerstört! Zu schnell regiert! Euer eigner Einsatz taugte nur wenig! Wir wollen ein Anderes haben und so lange Ihr das nicht bietet, lasset die Halbheit! Zeigt dem Lebenden nicht Haß, Neid, Mißgunst, Verbitterung! Hattet Ihr Wohlwollen, müßte man dagegen sagen, so schenktet Ihr Eure Gunst nur denen, die Euch schmeichelten! Es mangelt überall an Rückblicken und Kenntniß des Vergangenen! Die Wortführer erhalten keine Mahnung: Erst zu lernen und dann zu sprechen!
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