Dieses Spiel hat mit dem vorigen einige Aehn- lichkeit. Einer von der Gesellschaft entfernt sich und die Uebrigen vereinigen sich über einen Ge- genstand, den er errathen soll; diess ist ein Mensch, Thier, eine Pflanze, eine Stadt u. s. w: was man will, Jener tritt dann wieder herein, und nun sagt ihm Jeder eine Eigenschaft des auf- gegebenen Dinges. Sein Kopf muss alle ihm auf diese Art gegebenen Merkmale, die den Gegen- stand nur auf entfernte Art bezeichnen, vereini- gen und daraus den Begriff zu bilden suchen, der ihm zum errathen aufgegeben wurde. Man sieht leicht, dass diess die Operation der Phantasie, des Witzes, des Nachdenkens sey, und dass da- her diess Spiel eine recht gute Uebung gewähre. Diess findet auch für diejenigen Statt, welche das Räthsel aufgeben, zumal wenn die Gesellschaft etwas stark ist; einer raubt da dem andern oft die Merkmale, welche er anzugeben Willens war, diess setzt in Verlegenheit, und nöthigt, den ge- gebenen Gegenstand schnell von den ver- schiedensten Seiten zu betrachten, um ihm ein neues Merkmal abzugewinnen. Wie viel diess zur Aufhellung der Begriffe beytragen könne, sieht Jedermann leicht ein. In beyden Rück- sichten ist das Spiel ächt pädagogisch und empfeh-
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104. Das Geſellſchaffts - Räthſel.
Dieſes Spiel hat mit dem vorigen einige Aehn- lichkeit. Einer von der Geſellſchaft entfernt ſich und die Uebrigen vereinigen ſich über einen Ge- genſtand, den er errathen ſoll; dieſs iſt ein Menſch, Thier, eine Pflanze, eine Stadt u. ſ. w: was man will, Jener tritt dann wieder herein, und nun ſagt ihm Jeder eine Eigenſchaft des auf- gegebenen Dinges. Sein Kopf muſs alle ihm auf dieſe Art gegebenen Merkmale, die den Gegen- ſtand nur auf entfernte Art bezeichnen, vereini- gen und daraus den Begriff zu bilden ſuchen, der ihm zum errathen aufgegeben wurde. Man ſieht leicht, daſs dieſs die Operation der Phantaſie, des Witzes, des Nachdenkens ſey, und daſs da- her dieſs Spiel eine recht gute Uebung gewähre. Dieſs findet auch für diejenigen Statt, welche das Räthſel aufgeben, zumal wenn die Geſellſchaft etwas ſtark iſt; einer raubt da dem andern oft die Merkmale, welche er anzugeben Willens war, dieſs ſetzt in Verlegenheit, und nöthigt, den ge- gebenen Gegenſtand ſchnell von den ver- ſchiedenſten Seiten zu betrachten, um ihm ein neues Merkmal abzugewinnen. Wie viel dieſs zur Aufhellung der Begriffe beytragen könne, ſieht Jedermann leicht ein. In beyden Rück- ſichten iſt das Spiel ächt pädagogiſch und empfeh-
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104. Das Geſellſchaffts - Räthſel.
Dieſes Spiel hat mit dem vorigen einige Aehn-
lichkeit. Einer von der Geſellſchaft entfernt ſich
und die Uebrigen vereinigen ſich über einen Ge-
genſtand, den er errathen ſoll; dieſs iſt ein
Menſch, Thier, eine Pflanze, eine Stadt u. ſ. w:
was man will, Jener tritt dann wieder herein,
und nun ſagt ihm Jeder eine Eigenſchaft des auf-
gegebenen Dinges. Sein Kopf muſs alle ihm auf
dieſe Art gegebenen Merkmale, die den Gegen-
ſtand nur auf entfernte Art bezeichnen, vereini-
gen und daraus den Begriff zu bilden ſuchen, der
ihm zum errathen aufgegeben wurde. Man ſieht
leicht, daſs dieſs die Operation der Phantaſie,
des Witzes, des Nachdenkens ſey, und daſs da-
her dieſs Spiel eine recht gute Uebung gewähre.
Dieſs findet auch für diejenigen Statt, welche das
Räthſel aufgeben, zumal wenn die Geſellſchaft
etwas ſtark iſt; einer raubt da dem andern oft
die Merkmale, welche er anzugeben Willens war,
dieſs ſetzt in Verlegenheit, und nöthigt, den ge-
gebenen Gegenſtand ſchnell von den ver-
ſchiedenſten Seiten zu betrachten, um ihm ein
neues Merkmal abzugewinnen. Wie viel dieſs
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/469>, abgerufen am 21.11.2024.
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