§. 10. 11. 12. Wo eine domestica societas, da sind auch andere societates mit dabey, und wir finden da allerhand respectus, es ist da einer ein pater familias, ein dominus, es sind liberi vorhanden, und wenn man gleich in einem reussirt so reussirt man doch nicht gleich mit dem andern; daher muß man darauf dencken, wie alles kan harmoniren. Mancher ist ein guter Haußwirth, kan aber mit seiner Frau nicht zu rechte kommen/ oder er hat abgeschmackte Kinder. Es wäre am besten, wenn wir die Weiber frey wehleten, wir wehlen uns wohl Weiber, sehen aber nur auf die Familie, oder aufs Geld, nicht, was vor eine Melusine in den Kleidern stecke; dahero findet man auch viele abgeschmackte Weiber, und ist eine Kunst, daß man eine stultam foeminam, eine Xantippe ertragen kan. Herr Thomasius hat in seiner Juris prudentia Consultatoria weitläufftig hievon gehandelt. Eine Familie ist wie eine parva civitas, und ist gewiß, daß, wer da kan eine harmonie erhalten, der ist auch aptus eine civitatem zu re- gieren. Es gehöret freylich etwas mehrers dazu, wie in seq. Sect. wird gewiesen werden.
und in Anse- hung der Re- public selbsten.
§. 13. Ob man zwar freylich auf rem familiarem sehen muß, so saget unser Autor, müsse einer doch sehen auf salutem publicam, biswei- len ist mir etwas nützlich, aber der Republic ist es schädlich, alsdenn muß man die Republic vorziehen. Denn es ist wahr: Cadente felicitate pri- vatorum, cadit res publica, aber cadente felicitate unius, non statim ca- dit felicitas totius reipublicae.
Sect. III. de Prudentia statum reipublicae conservandi in genere.
MAn muß hierbey vornehmlich des Lipsii Politicam lesen. Er ge- het zwar auf Monarchiam, wir haben aber hier von dem Exer- citio jurium majestaticorum zu handeln, welches überall vor- kommt. Deßwegen hat auch Lipsius etwas hievon, er hat alles durch exempla aus denen alten Autoribus ausgeführet, deßwegen ist er vortreff- lich zu gebrauchen. Der VVerlhoff hat auch offt über des Lipsii Poli- tic gelesen, und habe ich zwey Programmata davon, da er die Studiosos in- vitiret zu einem solchen Collegio. Man darff nicht meynen, als wenn Lipsius ein Schul-Fuchs gewesen. Er war zwar Professor zu Löwen, hat sich aber mehrentheils zu Brüssel aufgehalten, woselbst ihn der Ertz-
Hertzog
Cap. V. De prudentia
Ubrige caute- [l]en in Anſe- hung anderer Staͤnde;
§. 10. 11. 12. Wo eine domeſtica ſocietas, da ſind auch andere ſocietates mit dabey, und wir finden da allerhand reſpectus, es iſt da einer ein pater familias, ein dominus, es ſind liberi vorhanden, und wenn man gleich in einem reuſſirt ſo reuſſirt man doch nicht gleich mit dem andern; daher muß man darauf dencken, wie alles kan harmoniren. Mancher iſt ein guter Haußwirth, kan aber mit ſeiner Frau nicht zu rechte kommen/ oder er hat abgeſchmackte Kinder. Es waͤre am beſten, wenn wir die Weiber frey wehleten, wir wehlen uns wohl Weiber, ſehen aber nur auf die Familie, oder aufs Geld, nicht, was vor eine Meluſine in den Kleidern ſtecke; dahero findet man auch viele abgeſchmackte Weiber, und iſt eine Kunſt, daß man eine ſtultam fœminam, eine Xantippe ertragen kan. Herr Thomaſius hat in ſeiner Juris prudentia Conſultatoria weitlaͤufftig hievon gehandelt. Eine Familie iſt wie eine parva civitas, und iſt gewiß, daß, wer da kan eine harmonie erhalten, der iſt auch aptus eine civitatem zu re- gieren. Es gehoͤret freylich etwas mehrers dazu, wie in ſeq. Sect. wird gewieſen werden.
und in Anſe- hung der Re- public ſelbſten.
§. 13. Ob man zwar freylich auf rem familiarem ſehen muß, ſo ſaget unſer Autor, muͤſſe einer doch ſehen auf ſalutem publicam, biswei- len iſt mir etwas nuͤtzlich, aber der Republic iſt es ſchaͤdlich, alsdenn muß man die Republic vorziehen. Denn es iſt wahr: Cadente felicitate pri- vatorum, cadit res publica, aber cadente felicitate unius, non ſtatim ca- dit felicitas totius reipublicæ.
Sect. III. de Prudentia ſtatum reipublicæ conſervandi in genere.
MAn muß hierbey vornehmlich des Lipſii Politicam leſen. Er ge- het zwar auf Monarchiam, wir haben aber hier von dem Exer- citio jurium majeſtaticorum zu handeln, welches uͤberall vor- kommt. Deßwegen hat auch Lipſius etwas hievon, er hat alles durch exempla aus denen alten Autoribus ausgefuͤhret, deßwegen iſt er vortreff- lich zu gebrauchen. Der VVerlhoff hat auch offt uͤber des Lipſii Poli- tic geleſen, und habe ich zwey Programmata davon, da er die Studioſos in- vitiret zu einem ſolchen Collegio. Man darff nicht meynen, als wenn Lipſius ein Schul-Fuchs geweſen. Er war zwar Profeſſor zu Loͤwen, hat ſich aber mehrentheils zu Bruͤſſel aufgehalten, woſelbſt ihn der Ertz-
Hertzog
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Cap. V. De prudentia
§. 10. 11. 12. Wo eine domeſtica ſocietas, da ſind auch andere
ſocietates mit dabey, und wir finden da allerhand reſpectus, es iſt da einer
ein pater familias, ein dominus, es ſind liberi vorhanden, und wenn man
gleich in einem reuſſirt ſo reuſſirt man doch nicht gleich mit dem andern;
daher muß man darauf dencken, wie alles kan harmoniren. Mancher iſt
ein guter Haußwirth, kan aber mit ſeiner Frau nicht zu rechte kommen/
oder er hat abgeſchmackte Kinder. Es waͤre am beſten, wenn wir die
Weiber frey wehleten, wir wehlen uns wohl Weiber, ſehen aber nur auf
die Familie, oder aufs Geld, nicht, was vor eine Meluſine in den Kleidern
ſtecke; dahero findet man auch viele abgeſchmackte Weiber, und iſt eine
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Thomaſius hat in ſeiner Juris prudentia Conſultatoria weitlaͤufftig hievon
gehandelt. Eine Familie iſt wie eine parva civitas, und iſt gewiß, daß,
wer da kan eine harmonie erhalten, der iſt auch aptus eine civitatem zu re-
gieren. Es gehoͤret freylich etwas mehrers dazu, wie in ſeq. Sect. wird
gewieſen werden.
§. 13. Ob man zwar freylich auf rem familiarem ſehen muß, ſo
ſaget unſer Autor, muͤſſe einer doch ſehen auf ſalutem publicam, biswei-
len iſt mir etwas nuͤtzlich, aber der Republic iſt es ſchaͤdlich, alsdenn muß
man die Republic vorziehen. Denn es iſt wahr: Cadente felicitate pri-
vatorum, cadit res publica, aber cadente felicitate unius, non ſtatim ca-
dit felicitas totius reipublicæ.
Sect. III.
de
Prudentia ſtatum reipublicæ conſervandi
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MAn muß hierbey vornehmlich des Lipſii Politicam leſen. Er ge-
het zwar auf Monarchiam, wir haben aber hier von dem Exer-
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kommt. Deßwegen hat auch Lipſius etwas hievon, er hat alles durch
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lich zu gebrauchen. Der VVerlhoff hat auch offt uͤber des Lipſii Poli-
tic geleſen, und habe ich zwey Programmata davon, da er die Studioſos in-
vitiret zu einem ſolchen Collegio. Man darff nicht meynen, als wenn
Lipſius ein Schul-Fuchs geweſen. Er war zwar Profeſſor zu Loͤwen,
hat ſich aber mehrentheils zu Bruͤſſel aufgehalten, woſelbſt ihn der Ertz-
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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/176>, abgerufen am 24.02.2025.
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