§. 21. Wie ferne die Handlungen einzelner Glie- der der ganzen Nazion zuzurechnen?
Nicht alle Unternehmungen einzelner Unterthanen sind indes als Handlungen der ganzen Nazion anzu- sehn und ihr zur Last zu legen. Ob und in wie ferne solches geschehen könne, komt auf den Antheil an, den man dieser dabey zuschreiben kann. Wenn daher ein Mitglied derselben gegen eine andere Nazion etwas vorgenommen, das Volk, oder dessen Regent aber ihm solches weder geheissen oder Anleitung dazu gege- ben, noch nachher genehmigt oder auf irgend eine Art sich desselben theilhaftig gemacht hat, ihnen auch keine Schuld oder Nachlässigkeit zum Vorwurf gereichet, daß sie nämlich die Handlung, durch zweckmässige Vorkehrungen, hätten verhindern sollen und können; so findet auch keine Zurechnung gegen dieselben Statt a]. Indes ist die Nazion, deren Mitglied er ist, wenn das rechtswidrige Unternehmen ausser dem Territorium des andern Volks geschehen, oder er sich vor der Be- strafung aus demselben entfernt hat, allerdings ver- bunden, die gebührende Ahndung an ihm zu volstrecken und den aus seinen Gütern möglichen Ersatz zu bewür- ken b], oder denselben der Nazion, welcher der Scha- den oder die Beleidigung zugefügt worden, zur eignen Genugthuung auszuantworten c], weil die Verweige- rung der Strafe eine stilschweigende Genehmigung des Vergehens in sich schliessen würde. Die letztere ist iedoch nicht befugt, sich ienes Unterthanen durch eigene gewaltsame Wegnahme aus dem andern Territorium zu bemächtigen d]. In Friedensschlüssen und andern Ver- trägen wird übrigens nicht selten ausdrücklich bedungen, daß dergleichen Vergehungen einzelner Unterthanen
nicht
Von den Gerechtſamen
§. 21. Wie ferne die Handlungen einzelner Glie- der der ganzen Nazion zuzurechnen?
Nicht alle Unternehmungen einzelner Unterthanen ſind indes als Handlungen der ganzen Nazion anzu- ſehn und ihr zur Laſt zu legen. Ob und in wie ferne ſolches geſchehen koͤnne, komt auf den Antheil an, den man dieſer dabey zuſchreiben kann. Wenn daher ein Mitglied derſelben gegen eine andere Nazion etwas vorgenommen, das Volk, oder deſſen Regent aber ihm ſolches weder geheiſſen oder Anleitung dazu gege- ben, noch nachher genehmigt oder auf irgend eine Art ſich deſſelben theilhaftig gemacht hat, ihnen auch keine Schuld oder Nachlaͤſſigkeit zum Vorwurf gereichet, daß ſie naͤmlich die Handlung, durch zweckmaͤſſige Vorkehrungen, haͤtten verhindern ſollen und koͤnnen; ſo findet auch keine Zurechnung gegen dieſelben Statt a]. Indes iſt die Nazion, deren Mitglied er iſt, wenn das rechtswidrige Unternehmen auſſer dem Territorium des andern Volks geſchehen, oder er ſich vor der Be- ſtrafung aus demſelben entfernt hat, allerdings ver- bunden, die gebuͤhrende Ahndung an ihm zu volſtrecken und den aus ſeinen Guͤtern moͤglichen Erſatz zu bewuͤr- ken b], oder denſelben der Nazion, welcher der Scha- den oder die Beleidigung zugefuͤgt worden, zur eignen Genugthuung auszuantworten c], weil die Verweige- rung der Strafe eine ſtilſchweigende Genehmigung des Vergehens in ſich ſchlieſſen wuͤrde. Die letztere iſt iedoch nicht befugt, ſich ienes Unterthanen durch eigene gewaltſame Wegnahme aus dem andern Territorium zu bemaͤchtigen d]. In Friedensſchluͤſſen und andern Ver- traͤgen wird uͤbrigens nicht ſelten ausdruͤcklich bedungen, daß dergleichen Vergehungen einzelner Unterthanen
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Von den Gerechtſamen
§. 21.
Wie ferne die Handlungen einzelner Glie-
der der ganzen Nazion zuzurechnen?
Nicht alle Unternehmungen einzelner Unterthanen
ſind indes als Handlungen der ganzen Nazion anzu-
ſehn und ihr zur Laſt zu legen. Ob und in wie ferne
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man dieſer dabey zuſchreiben kann. Wenn daher ein
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vorgenommen, das Volk, oder deſſen Regent aber
ihm ſolches weder geheiſſen oder Anleitung dazu gege-
ben, noch nachher genehmigt oder auf irgend eine Art
ſich deſſelben theilhaftig gemacht hat, ihnen auch keine
Schuld oder Nachlaͤſſigkeit zum Vorwurf gereichet,
daß ſie naͤmlich die Handlung, durch zweckmaͤſſige
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ſo findet auch keine Zurechnung gegen dieſelben Statt a].
Indes iſt die Nazion, deren Mitglied er iſt, wenn
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und den aus ſeinen Guͤtern moͤglichen Erſatz zu bewuͤr-
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den oder die Beleidigung zugefuͤgt worden, zur eignen
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rung der Strafe eine ſtilſchweigende Genehmigung des
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iedoch nicht befugt, ſich ienes Unterthanen durch eigene
gewaltſame Wegnahme aus dem andern Territorium zu
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/362>, abgerufen am 21.11.2024.
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