Diese Theilung des Eigenthums tritt auch bey der Verpfändung [pignus] ein, wenn eine Nazion der andern zur Sicherheit und Entschädigung einer von ihr erhaltenen Geldsumme oder eines ihr gegebenen Ver- sprechens a], bis zu deren Wiedererstattung oder Er- füllung, den Besitz und gemeiniglich auch die völlige Benutzung eines Stück Landes [cum pacto antichre- tico] einräumt. Es sey nun daß man annehme, es werde hier, nach der angeblichen Eigenschaft der ehe- maligen teutschen Pfandschaften, ein wenigstens nutz- bares Eigenthum, bis zu Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeiten auf den andern übertragen b], wel- ches den natürlichen Begriffen des Eigenthums, wo- bey das Hauptwerk auf den Besitz ankomt, keinesweges entgegen ist; oder daß man dem Pfandsinnhaber blos einen im Namen des Schuldners fortführenden Besitz ohne alles Eigenthum, beilege, zumal wenn dieser mehrere Eigenthumsrechte sich ausdrücklich vorbehalten hat; so ist doch auch das Eigenthum des letztern, wenn Besitz und Benutzung ihm fehlen, für kein volständi- ges anzusehn, sondern in beiden Fällen eine Theilung der Eigenthumsrechte vorhanden.
Dergleichen Verpfändungen waren ehedem nicht selten unter den Nazionen. So wurden die Städte und Schlösser Vlissingen, Rameken und Briel etc. von den Vereinigten Niederlanden 1585. an England verpfändet, unter Jakob I. aber wieder eingelöst c]. Dänemark überlies 1654. an Schweden die Provinz Halland mit ihren Zugehörungen zu Sicherung des ge- schlossenen Friedens auf dreissig Jahr zum Unterpfand d]. Im Jahr 1768 trat Genua die Insel Corsica an Frank-
reich
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und eingeſchraͤnkten Eigenthum der Lande.
§. 5. Pfandſchaft.
Dieſe Theilung des Eigenthums tritt auch bey der Verpfaͤndung [pignus] ein, wenn eine Nazion der andern zur Sicherheit und Entſchaͤdigung einer von ihr erhaltenen Geldſumme oder eines ihr gegebenen Ver- ſprechens a], bis zu deren Wiedererſtattung oder Er- fuͤllung, den Beſitz und gemeiniglich auch die voͤllige Benutzung eines Stuͤck Landes [cum pacto antichre- tico] einraͤumt. Es ſey nun daß man annehme, es werde hier, nach der angeblichen Eigenſchaft der ehe- maligen teutſchen Pfandſchaften, ein wenigſtens nutz- bares Eigenthum, bis zu Erfuͤllung der eingegangenen Verbindlichkeiten auf den andern uͤbertragen b], wel- ches den natuͤrlichen Begriffen des Eigenthums, wo- bey das Hauptwerk auf den Beſitz ankomt, keinesweges entgegen iſt; oder daß man dem Pfandsinnhaber blos einen im Namen des Schuldners fortfuͤhrenden Beſitz ohne alles Eigenthum, beilege, zumal wenn dieſer mehrere Eigenthumsrechte ſich ausdruͤcklich vorbehalten hat; ſo iſt doch auch das Eigenthum des letztern, wenn Beſitz und Benutzung ihm fehlen, fuͤr kein volſtaͤndi- ges anzuſehn, ſondern in beiden Faͤllen eine Theilung der Eigenthumsrechte vorhanden.
Dergleichen Verpfaͤndungen waren ehedem nicht ſelten unter den Nazionen. So wurden die Staͤdte und Schloͤſſer Vliſſingen, Rameken und Briel ꝛc. von den Vereinigten Niederlanden 1585. an England verpfaͤndet, unter Jakob I. aber wieder eingeloͤſt c]. Daͤnemark uͤberlies 1654. an Schweden die Provinz Halland mit ihren Zugehoͤrungen zu Sicherung des ge- ſchloſſenen Friedens auf dreiſſig Jahr zum Unterpfand d]. Im Jahr 1768 trat Genua die Inſel Corſica an Frank-
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und eingeſchraͤnkten Eigenthum der Lande.
§. 5.
Pfandſchaft.
Dieſe Theilung des Eigenthums tritt auch bey der
Verpfaͤndung [pignus] ein, wenn eine Nazion der
andern zur Sicherheit und Entſchaͤdigung einer von ihr
erhaltenen Geldſumme oder eines ihr gegebenen Ver-
ſprechens a], bis zu deren Wiedererſtattung oder Er-
fuͤllung, den Beſitz und gemeiniglich auch die voͤllige
Benutzung eines Stuͤck Landes [cum pacto antichre-
tico] einraͤumt. Es ſey nun daß man annehme, es
werde hier, nach der angeblichen Eigenſchaft der ehe-
maligen teutſchen Pfandſchaften, ein wenigſtens nutz-
bares Eigenthum, bis zu Erfuͤllung der eingegangenen
Verbindlichkeiten auf den andern uͤbertragen b], wel-
ches den natuͤrlichen Begriffen des Eigenthums, wo-
bey das Hauptwerk auf den Beſitz ankomt, keinesweges
entgegen iſt; oder daß man dem Pfandsinnhaber blos
einen im Namen des Schuldners fortfuͤhrenden Beſitz
ohne alles Eigenthum, beilege, zumal wenn dieſer
mehrere Eigenthumsrechte ſich ausdruͤcklich vorbehalten
hat; ſo iſt doch auch das Eigenthum des letztern, wenn
Beſitz und Benutzung ihm fehlen, fuͤr kein volſtaͤndi-
ges anzuſehn, ſondern in beiden Faͤllen eine Theilung
der Eigenthumsrechte vorhanden.
Dergleichen Verpfaͤndungen waren ehedem nicht
ſelten unter den Nazionen. So wurden die Staͤdte
und Schloͤſſer Vliſſingen, Rameken und Briel ꝛc.
von den Vereinigten Niederlanden 1585. an England
verpfaͤndet, unter Jakob I. aber wieder eingeloͤſt c].
Daͤnemark uͤberlies 1654. an Schweden die Provinz
Halland mit ihren Zugehoͤrungen zu Sicherung des ge-
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/167>, abgerufen am 21.11.2024.
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