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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Zweytes Buch.
Nahmen im Sinn zu behalten/ auff welchen ich ant-
worten und hervor tretten solte/ muste ich der Sim-
plicius
verbleiben/ den Zunahmen ersetzte der Gou-
verneur
selbsten/ und liesse mich Simplicius Simplicis-
simus
in die Roll schreiben/ mich also wie ein Huren-
kind zum ersien meines Geschlechts zu machen/ wie-
wol ich seiner eigenen Schwester/ seiner seldst-Be-
kantnus nach/ ähnlich sahe. Jch behielt auch nach-
gehends diesen Nahmen und Zunahmen/ biß ich den
rechten erfuhr/ und spielte unter solchem meine Per-
son zu Nutz deß Gouverneurs, und geringen Schad
der Kron Schweden zimlich wol/ welches denn alle
meine Kriegs Dienste seyn/ die ich derselben mein
Lebtag geleistet/ derowegen dann ihre Feinde mich
deßwegen zu neiden kein Ursach haben.

Das V. Capitel.

ALs der Commissarius wieder hinweg war/ liesse
vielgemeldter Pfarrer mich heimlich zu sich in
sein Losament kommen/ und sagte: o Simplici, deine
Jugend dauret mich/ und deine künfftige Unglück-
seeligkeit bewegt mich zum Mitleiden; Höre mein
Kind/ und wisse gewiß/ daß dein Herr dich aller Ver-
nunfft zu beranben/ und zum Narren zu machen ent-
schlossen/ massen er zu solchem End bereits ein Kleid
vor dich verfertigen läst/ morgen must du in die jeni-
ge Schul/ darinn du deine Vernunfft verlernen solt;
in derselben wird man dich ohne Zweiffel so greulich
trillen/ daß du/ wenn anders GOtt und natürliche
Mittel solches nicht verhindern/ ohne Zweiffel zu ei-
nem Phantasten werden must. Weil aber solches
ein mißlich und sorglich Handwerck ist/ als hab ich

umb

Zweytes Buch.
Nahmen im Sinn zu behalten/ auff welchen ich ant-
worten und hervor tretten ſolte/ muſte ich der Sim-
plicius
verbleiben/ den Zunahmen erſetzte der Gou-
verneur
ſelbſten/ und lieſſe mich Simplicius Simpliciſ-
ſimus
in die Roll ſchreiben/ mich alſo wie ein Huren-
kind zum erſien meines Geſchlechts zu machen/ wie-
wol ich ſeiner eigenen Schweſter/ ſeiner ſeldſt-Be-
kantnus nach/ aͤhnlich ſahe. Jch behielt auch nach-
gehends dieſen Nahmen und Zunahmen/ biß ich den
rechten erfuhr/ und ſpielte unter ſolchem meine Per-
ſon zu Nutz deß Gouverneurs, und geringen Schad
der Kron Schweden zimlich wol/ welches denn alle
meine Kriegs Dienſte ſeyn/ die ich derſelben mein
Lebtag geleiſtet/ derowegen dann ihre Feinde mich
deßwegen zu neiden kein Urſach haben.

Das V. Capitel.

ALs der Commiſſarius wieder hinweg war/ lieſſe
vielgemeldter Pfarꝛer mich heimlich zu ſich in
ſein Loſament kommen/ und ſagte: ô Simplici, deine
Jugend dauret mich/ und deine kuͤnfftige Ungluͤck-
ſeeligkeit bewegt mich zum Mitleiden; Hoͤre mein
Kind/ und wiſſe gewiß/ daß dein Herꝛ dich aller Ver-
nunfft zu beranben/ und zum Narꝛen zu machen ent-
ſchloſſen/ maſſen er zu ſolchem End bereits ein Kleid
vor dich verfertigen laͤſt/ morgen muſt du in die jeni-
ge Schul/ darinn du deine Vernunfft verlernen ſolt;
in derſelben wird man dich ohne Zweiffel ſo greulich
trillen/ daß du/ wenn anders GOtt und natuͤrliche
Mittel ſolches nicht verhindern/ ohne Zweiffel zu ei-
nem Phantaſten werden muſt. Weil aber ſolches
ein mißlich und ſorglich Handwerck iſt/ als hab ich

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[135/0141] Zweytes Buch. Nahmen im Sinn zu behalten/ auff welchen ich ant- worten und hervor tretten ſolte/ muſte ich der Sim- plicius verbleiben/ den Zunahmen erſetzte der Gou- verneur ſelbſten/ und lieſſe mich Simplicius Simpliciſ- ſimus in die Roll ſchreiben/ mich alſo wie ein Huren- kind zum erſien meines Geſchlechts zu machen/ wie- wol ich ſeiner eigenen Schweſter/ ſeiner ſeldſt-Be- kantnus nach/ aͤhnlich ſahe. Jch behielt auch nach- gehends dieſen Nahmen und Zunahmen/ biß ich den rechten erfuhr/ und ſpielte unter ſolchem meine Per- ſon zu Nutz deß Gouverneurs, und geringen Schad der Kron Schweden zimlich wol/ welches denn alle meine Kriegs Dienſte ſeyn/ die ich derſelben mein Lebtag geleiſtet/ derowegen dann ihre Feinde mich deßwegen zu neiden kein Urſach haben. Das V. Capitel. ALs der Commiſſarius wieder hinweg war/ lieſſe vielgemeldter Pfarꝛer mich heimlich zu ſich in ſein Loſament kommen/ und ſagte: ô Simplici, deine Jugend dauret mich/ und deine kuͤnfftige Ungluͤck- ſeeligkeit bewegt mich zum Mitleiden; Hoͤre mein Kind/ und wiſſe gewiß/ daß dein Herꝛ dich aller Ver- nunfft zu beranben/ und zum Narꝛen zu machen ent- ſchloſſen/ maſſen er zu ſolchem End bereits ein Kleid vor dich verfertigen laͤſt/ morgen muſt du in die jeni- ge Schul/ darinn du deine Vernunfft verlernen ſolt; in derſelben wird man dich ohne Zweiffel ſo greulich trillen/ daß du/ wenn anders GOtt und natuͤrliche Mittel ſolches nicht verhindern/ ohne Zweiffel zu ei- nem Phantaſten werden muſt. Weil aber ſolches ein mißlich und ſorglich Handwerck iſt/ als hab ich umb

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/141>, abgerufen am 21.12.2024.