Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.I. Das Gebiet der Mimling. Erbach, Michelstadt, Fürstenau und Breuberg. Beinahe ganz auf der Höhe der obenerwähnten Hauptschneeschmelze des Odenwaldes, von der sich die Gewässer theils nach Norden gegen den Main hinab, theils nach Süden gegen den Neckar hin wenden, auf dem muldenförmigen Abhange der nördlichen Abdachung liegt das Städtchen Beerfelden. Der einzige grosse Brunnen am Ende des Ortes, der seine Bewohner mit Wasser versorgt, ist auch zugleich die Quelle der Mimling. Gleich beim ersten Anblicke erwecken die wohlgebauten Häuser, die nicht, wie sonst wohl, in unregelmässigen Reihen und engen Gassen zusammengedrängt stehen, sondern gerade und geräumige Strassen bilden, die Vermuthung, dass man sich in einem neu entstandenen Orte befinde. Das alte, dem heutigen ganz unähnliche Beerfelden, wurde durch einen furchtbaren Brand am 29. April 1810 bis auf 9 Häuser eingeäschert, wozu die häufigen Strohdächer, der durch die hohe Lage begünstigte Zugwind und der Mangel an Wasser das Ihrige beitrugen. Beerfelden, in ältern Urkunden Burrifelden, Buerfelden, Bauerfelden und auch Baierfelden genannt, gehört übrigens zu den älteren Ansiedlungen im Odenwalde. Obgeich uns keine Urkunde sagt, wann und von wem es als Schenkung an das Kloster Lorsch kam, so wissen wir doch, dass es zu den frühesten Besitzungen dieser fürstlichen Abtei gehörte. Wir lesen nur in der Chronik des Klosters, dass es von dem Abte Humbert, der so manche Besitzung desselben verschleuderte, als Lehen weggegeben worden. Es ist möglich, dass es gleich damals die Schenke von Erbach von ihm empfingen; wahrscheinlicher aber scheint uns, dass es I. Das Gebiet der Mimling. Erbach, Michelstadt, Fürstenau und Breuberg. Beinahe ganz auf der Höhe der obenerwähnten Hauptschneeschmelze des Odenwaldes, von der sich die Gewässer theils nach Norden gegen den Main hinab, theils nach Süden gegen den Neckar hin wenden, auf dem muldenförmigen Abhange der nördlichen Abdachung liegt das Städtchen Beerfelden. Der einzige grosse Brunnen am Ende des Ortes, der seine Bewohner mit Wasser versorgt, ist auch zugleich die Quelle der Mimling. Gleich beim ersten Anblicke erwecken die wohlgebauten Häuser, die nicht, wie sonst wohl, in unregelmässigen Reihen und engen Gassen zusammengedrängt stehen, sondern gerade und geräumige Strassen bilden, die Vermuthung, dass man sich in einem neu entstandenen Orte befinde. Das alte, dem heutigen ganz unähnliche Beerfelden, wurde durch einen furchtbaren Brand am 29. April 1810 bis auf 9 Häuser eingeäschert, wozu die häufigen Strohdächer, der durch die hohe Lage begünstigte Zugwind und der Mangel an Wasser das Ihrige beitrugen. Beerfelden, in ältern Urkunden Burrifelden, Buerfelden, Bauerfelden und auch Baierfelden genannt, gehört übrigens zu den älteren Ansiedlungen im Odenwalde. Obgeich uns keine Urkunde sagt, wann und von wem es als Schenkung an das Kloster Lorsch kam, so wissen wir doch, dass es zu den frühesten Besitzungen dieser fürstlichen Abtei gehörte. Wir lesen nur in der Chronik des Klosters, dass es von dem Abte Humbert, der so manche Besitzung desselben verschleuderte, als Lehen weggegeben worden. Es ist möglich, dass es gleich damals die Schenke von Erbach von ihm empfingen; wahrscheinlicher aber scheint uns, dass es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0010" n="10"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">I.<lb/> Das Gebiet der Mimling.<lb/> Erbach, Michelstadt, Fürstenau und Breuberg.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#in">B</hi>einahe ganz auf der Höhe der obenerwähnten Hauptschneeschmelze des Odenwaldes, von der sich die Gewässer theils nach Norden gegen den Main hinab, theils nach Süden gegen den Neckar hin wenden, auf dem muldenförmigen Abhange der nördlichen Abdachung liegt das Städtchen <hi rendition="#g">Beerfelden</hi>. Der einzige grosse Brunnen am Ende des Ortes, der seine Bewohner mit Wasser versorgt, ist auch zugleich die Quelle der Mimling. Gleich beim ersten Anblicke erwecken die wohlgebauten Häuser, die nicht, wie sonst wohl, in unregelmässigen Reihen und engen Gassen zusammengedrängt stehen, sondern gerade und geräumige Strassen bilden, die Vermuthung, dass man sich in einem neu entstandenen Orte befinde. Das alte, dem heutigen ganz unähnliche Beerfelden, wurde durch einen furchtbaren Brand am 29. April 1810 bis auf 9 Häuser eingeäschert, wozu die häufigen Strohdächer, der durch die hohe Lage begünstigte Zugwind und der Mangel an Wasser das Ihrige beitrugen.</p> <p>Beerfelden, in ältern Urkunden Burrifelden, Buerfelden, Bauerfelden und auch Baierfelden genannt, gehört übrigens zu den älteren Ansiedlungen im Odenwalde. Obgeich uns keine Urkunde sagt, wann und von wem es als Schenkung an das Kloster Lorsch kam, so wissen wir doch, dass es zu den frühesten Besitzungen dieser fürstlichen Abtei gehörte. Wir lesen nur in der Chronik des Klosters, dass es von dem Abte Humbert, der so manche Besitzung desselben verschleuderte, als Lehen weggegeben worden. Es ist möglich, dass es gleich damals die Schenke von Erbach von ihm empfingen; wahrscheinlicher aber scheint uns, dass es </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0010]
I.
Das Gebiet der Mimling.
Erbach, Michelstadt, Fürstenau und Breuberg.
Beinahe ganz auf der Höhe der obenerwähnten Hauptschneeschmelze des Odenwaldes, von der sich die Gewässer theils nach Norden gegen den Main hinab, theils nach Süden gegen den Neckar hin wenden, auf dem muldenförmigen Abhange der nördlichen Abdachung liegt das Städtchen Beerfelden. Der einzige grosse Brunnen am Ende des Ortes, der seine Bewohner mit Wasser versorgt, ist auch zugleich die Quelle der Mimling. Gleich beim ersten Anblicke erwecken die wohlgebauten Häuser, die nicht, wie sonst wohl, in unregelmässigen Reihen und engen Gassen zusammengedrängt stehen, sondern gerade und geräumige Strassen bilden, die Vermuthung, dass man sich in einem neu entstandenen Orte befinde. Das alte, dem heutigen ganz unähnliche Beerfelden, wurde durch einen furchtbaren Brand am 29. April 1810 bis auf 9 Häuser eingeäschert, wozu die häufigen Strohdächer, der durch die hohe Lage begünstigte Zugwind und der Mangel an Wasser das Ihrige beitrugen.
Beerfelden, in ältern Urkunden Burrifelden, Buerfelden, Bauerfelden und auch Baierfelden genannt, gehört übrigens zu den älteren Ansiedlungen im Odenwalde. Obgeich uns keine Urkunde sagt, wann und von wem es als Schenkung an das Kloster Lorsch kam, so wissen wir doch, dass es zu den frühesten Besitzungen dieser fürstlichen Abtei gehörte. Wir lesen nur in der Chronik des Klosters, dass es von dem Abte Humbert, der so manche Besitzung desselben verschleuderte, als Lehen weggegeben worden. Es ist möglich, dass es gleich damals die Schenke von Erbach von ihm empfingen; wahrscheinlicher aber scheint uns, dass es
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Zitationshilfe: | Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/10>, abgerufen am 22.07.2024. |