Eines Abends gieng ein junger Trommler ganz allein auf dem Feld und kam an einen See, und sah an dem Ufer drei Stückchen weiße Leinewand liegen. 'Was für feines Linnen' sprach er, und steckte eins davon in die Tasche. Er gieng heim, dachte nicht weiter an seinen Fund und legte sich zu Bett. Als er eben einschlafen wollte, war es ihm als nennte jemand seinen Namen. Er horchte und vernahm eine leise Stimme, die ihm zurief 'Trommeler, Trommeler, wach auf.' Er konnte, da es finstere Nacht war, niemand sehen, aber es kam ihm vor als schwebte eine Gestalt vor seinem Bett auf und ab. 'Was willst du?' fragte er. 'Gib mir mein Hemdchen zurück,' antwortete die Stimme, 'das du mir gestern Abend am See weggenommen hast.' 'Du sollst es wieder haben,' sprach der Trommler, 'wenn du mir sagst wer du bist.' 'Ach,' erwiederte die Stimme, 'ich bin die Tochter eines mächtigen Königs, aber ich bin in die Gewalt einer Hexe gerathen, und bin auf den Glasberg gebannt. Jeden Tag muß ich mich mit meinen zwei Schwestern im See baden, aber ohne mein Hemdchen kann ich nicht wieder fort fliegen. Meine Schwestern haben sich fort gemacht, ich aber habe zurück bleiben müssen. Jch bitte dich gib mir
193. Der Trommler.
Eines Abends gieng ein junger Trommler ganz allein auf dem Feld und kam an einen See, und sah an dem Ufer drei Stückchen weiße Leinewand liegen. ‘Was für feines Linnen’ sprach er, und steckte eins davon in die Tasche. Er gieng heim, dachte nicht weiter an seinen Fund und legte sich zu Bett. Als er eben einschlafen wollte, war es ihm als nennte jemand seinen Namen. Er horchte und vernahm eine leise Stimme, die ihm zurief ‘Trommeler, Trommeler, wach auf.’ Er konnte, da es finstere Nacht war, niemand sehen, aber es kam ihm vor als schwebte eine Gestalt vor seinem Bett auf und ab. ‘Was willst du?’ fragte er. ‘Gib mir mein Hemdchen zurück,’ antwortete die Stimme, ‘das du mir gestern Abend am See weggenommen hast.’ ‘Du sollst es wieder haben,’ sprach der Trommler, ‘wenn du mir sagst wer du bist.’ ‘Ach,’ erwiederte die Stimme, ‘ich bin die Tochter eines mächtigen Königs, aber ich bin in die Gewalt einer Hexe gerathen, und bin auf den Glasberg gebannt. Jeden Tag muß ich mich mit meinen zwei Schwestern im See baden, aber ohne mein Hemdchen kann ich nicht wieder fort fliegen. Meine Schwestern haben sich fort gemacht, ich aber habe zurück bleiben müssen. Jch bitte dich gib mir
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193.
Der Trommler.
Eines Abends gieng ein junger Trommler ganz allein auf dem Feld und kam an einen See, und sah an dem Ufer drei Stückchen weiße Leinewand liegen. ‘Was für feines Linnen’ sprach er, und steckte eins davon in die Tasche. Er gieng heim, dachte nicht weiter an seinen Fund und legte sich zu Bett. Als er eben einschlafen wollte, war es ihm als nennte jemand seinen Namen. Er horchte und vernahm eine leise Stimme, die ihm zurief ‘Trommeler, Trommeler, wach auf.’ Er konnte, da es finstere Nacht war, niemand sehen, aber es kam ihm vor als schwebte eine Gestalt vor seinem Bett auf und ab. ‘Was willst du?’ fragte er. ‘Gib mir mein Hemdchen zurück,’ antwortete die Stimme, ‘das du mir gestern Abend am See weggenommen hast.’ ‘Du sollst es wieder haben,’ sprach der Trommler, ‘wenn du mir sagst wer du bist.’ ‘Ach,’ erwiederte die Stimme, ‘ich bin die Tochter eines mächtigen Königs, aber ich bin in die Gewalt einer Hexe gerathen, und bin auf den Glasberg gebannt. Jeden Tag muß ich mich mit meinen zwei Schwestern im See baden, aber ohne mein Hemdchen kann ich nicht wieder fort fliegen. Meine Schwestern haben sich fort gemacht, ich aber habe zurück bleiben müssen. Jch bitte dich gib mir
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/513>, abgerufen am 03.03.2025.
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