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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

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105.
Märchen von der Unke.

Es war einmal ein kleines Kind, dem gab seine Mutter jeden Nachmittag ein Schüsselchen mit Milch und Weckbrocken, und das Kind setzte sich damit hinaus in den Hof: und wenn es anfieng zu essen, so kam die Hausunke aus einer Mauerritze hervor gekrochen, senkte ihr Köpfchen in die Milch, und aß mit. Das Kind hatte seine Freude daran, und wenn es mit seinem Schüsselchen da saß, und die Unke kam nicht gleich herbei, so rief es ihr zu

'Unke, Unke, komm geschwind,
komm herbei du kleines Ding,
sollst dein Bröckchen haben,
an der Milch dich laben.'

Da kam die Unke herbeigelaufen, und ließ es sich gut schmecken. Sie zeigte sich auch dankbar, denn sie brachte dem Kind aus ihrem heimlichen Schatz allerlei schöne Sachen, glänzende Steine, Perlen und goldene Spielsachen. Die Unke trank aber nur Milch, und ließ die Brocken liegen, da nahm das Kind einmal sein Löffelchen, schlug ihr damit sanft auf den Kopf, und sagte 'Ding, iß auch Brocken.' Die Mutter, die in der Küche stand, hörte daß das Kind mit jemand sprach, und als sie sah

105.
Märchen von der Unke.

Es war einmal ein kleines Kind, dem gab seine Mutter jeden Nachmittag ein Schüsselchen mit Milch und Weckbrocken, und das Kind setzte sich damit hinaus in den Hof: und wenn es anfieng zu essen, so kam die Hausunke aus einer Mauerritze hervor gekrochen, senkte ihr Köpfchen in die Milch, und aß mit. Das Kind hatte seine Freude daran, und wenn es mit seinem Schüsselchen da saß, und die Unke kam nicht gleich herbei, so rief es ihr zu

‘Unke, Unke, komm geschwind,
komm herbei du kleines Ding,
sollst dein Bröckchen haben,
an der Milch dich laben.’

Da kam die Unke herbeigelaufen, und ließ es sich gut schmecken. Sie zeigte sich auch dankbar, denn sie brachte dem Kind aus ihrem heimlichen Schatz allerlei schöne Sachen, glänzende Steine, Perlen und goldene Spielsachen. Die Unke trank aber nur Milch, und ließ die Brocken liegen, da nahm das Kind einmal sein Löffelchen, schlug ihr damit sanft auf den Kopf, und sagte ‘Ding, iß auch Brocken.’ Die Mutter, die in der Küche stand, hörte daß das Kind mit jemand sprach, und als sie sah

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[111/0121] 105. Märchen von der Unke. Es war einmal ein kleines Kind, dem gab seine Mutter jeden Nachmittag ein Schüsselchen mit Milch und Weckbrocken, und das Kind setzte sich damit hinaus in den Hof: und wenn es anfieng zu essen, so kam die Hausunke aus einer Mauerritze hervor gekrochen, senkte ihr Köpfchen in die Milch, und aß mit. Das Kind hatte seine Freude daran, und wenn es mit seinem Schüsselchen da saß, und die Unke kam nicht gleich herbei, so rief es ihr zu ‘Unke, Unke, komm geschwind, komm herbei du kleines Ding, sollst dein Bröckchen haben, an der Milch dich laben.’ Da kam die Unke herbeigelaufen, und ließ es sich gut schmecken. Sie zeigte sich auch dankbar, denn sie brachte dem Kind aus ihrem heimlichen Schatz allerlei schöne Sachen, glänzende Steine, Perlen und goldene Spielsachen. Die Unke trank aber nur Milch, und ließ die Brocken liegen, da nahm das Kind einmal sein Löffelchen, schlug ihr damit sanft auf den Kopf, und sagte ‘Ding, iß auch Brocken.’ Die Mutter, die in der Küche stand, hörte daß das Kind mit jemand sprach, und als sie sah

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/121>, abgerufen am 18.11.2024.