Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
152.
Das Hirtenbüblein.

Es war einmal ein Hirtenbübchen, das war wegen seiner weisen Antworten, die es auf alle Fragen gab, weit und breit berühmt. Der König des Landes hörte auch davon, glaubte es nicht, und ließ das Bübchen kommen. Da sprach er zu ihm 'kannst du mir auf drei Fragen, die ich dir vorlegen will, Antwort geben, so will ich dich ansehen wie mein eigen Kind, und du sollst bei mir in meinen königlichen Schloß wohnen.' Sprach das Büblein 'wie lauten die drei Fragen?' Der König sagte 'die erste lautet wie viel tropfen Wasser sind in dem Weltmeer?' Das Hirtenbüblein antwortete 'Herr König, laßt alle Flüsse auf der Erde verstopfen, damit kein Tröpflein mehr daraus ins Meer lauft, das ich nicht erst gezählt habe, so will ich euch sagen, wie viel Tropfen im Meere sind.' Sprach der König 'die andere Frage lautet wie viel Sterne stehen am Himmel?' Das Hirtenbübchen sagte 'gebt mir einen großen Bogen weiß Papier,' und dann machte es mit der Feder so viel feine Punkte darauf, daß sie kaum zu sehen, und fast gar nicht zu zählen waren, und einem die Augen vergiengen, wenn man darauf blickte. Darauf sprach es 'so viel Sterne stehen am Himmel, als hier Punkte auf

152.
Das Hirtenbüblein.

Es war einmal ein Hirtenbübchen, das war wegen seiner weisen Antworten, die es auf alle Fragen gab, weit und breit berühmt. Der König des Landes hörte auch davon, glaubte es nicht, und ließ das Bübchen kommen. Da sprach er zu ihm ‘kannst du mir auf drei Fragen, die ich dir vorlegen will, Antwort geben, so will ich dich ansehen wie mein eigen Kind, und du sollst bei mir in meinen königlichen Schloß wohnen.’ Sprach das Büblein ‘wie lauten die drei Fragen?’ Der König sagte ‘die erste lautet wie viel tropfen Wasser sind in dem Weltmeer?’ Das Hirtenbüblein antwortete ‘Herr König, laßt alle Flüsse auf der Erde verstopfen, damit kein Tröpflein mehr daraus ins Meer lauft, das ich nicht erst gezählt habe, so will ich euch sagen, wie viel Tropfen im Meere sind.’ Sprach der König ‘die andere Frage lautet wie viel Sterne stehen am Himmel?’ Das Hirtenbübchen sagte ‘gebt mir einen großen Bogen weiß Papier,’ und dann machte es mit der Feder so viel feine Punkte darauf, daß sie kaum zu sehen, und fast gar nicht zu zählen waren, und einem die Augen vergiengen, wenn man darauf blickte. Darauf sprach es ‘so viel Sterne stehen am Himmel, als hier Punkte auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0327" n="306"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">152.<lb/>
Das Hirtenbüblein.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal ein Hirtenbübchen, das war wegen seiner weisen Antworten, die es auf alle Fragen gab, weit und breit berühmt. Der König des Landes hörte auch davon, glaubte es nicht, und ließ das Bübchen kommen. Da sprach er zu ihm &#x2018;kannst du mir auf drei Fragen, die ich dir vorlegen will, Antwort geben, so will ich dich ansehen wie mein eigen Kind, und du sollst bei mir in meinen königlichen Schloß wohnen.&#x2019; Sprach das Büblein &#x2018;wie lauten die drei Fragen?&#x2019; Der König sagte &#x2018;die erste lautet wie viel tropfen Wasser sind in dem Weltmeer?&#x2019; Das Hirtenbüblein antwortete &#x2018;Herr König, laßt alle Flüsse auf der Erde verstopfen, damit kein Tröpflein mehr daraus ins Meer lauft, das ich nicht erst gezählt habe, so will ich euch sagen, wie viel Tropfen im Meere sind.&#x2019; Sprach der König &#x2018;die andere Frage lautet wie viel Sterne stehen am Himmel?&#x2019; Das Hirtenbübchen sagte &#x2018;gebt mir einen großen Bogen weiß Papier,&#x2019; und dann machte es mit der Feder so viel feine Punkte darauf, daß sie kaum zu sehen, und fast gar nicht zu zählen waren, und einem die Augen vergiengen, wenn man darauf blickte. Darauf sprach es &#x2018;so viel Sterne stehen am Himmel, als hier Punkte auf
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0327] 152. Das Hirtenbüblein. Es war einmal ein Hirtenbübchen, das war wegen seiner weisen Antworten, die es auf alle Fragen gab, weit und breit berühmt. Der König des Landes hörte auch davon, glaubte es nicht, und ließ das Bübchen kommen. Da sprach er zu ihm ‘kannst du mir auf drei Fragen, die ich dir vorlegen will, Antwort geben, so will ich dich ansehen wie mein eigen Kind, und du sollst bei mir in meinen königlichen Schloß wohnen.’ Sprach das Büblein ‘wie lauten die drei Fragen?’ Der König sagte ‘die erste lautet wie viel tropfen Wasser sind in dem Weltmeer?’ Das Hirtenbüblein antwortete ‘Herr König, laßt alle Flüsse auf der Erde verstopfen, damit kein Tröpflein mehr daraus ins Meer lauft, das ich nicht erst gezählt habe, so will ich euch sagen, wie viel Tropfen im Meere sind.’ Sprach der König ‘die andere Frage lautet wie viel Sterne stehen am Himmel?’ Das Hirtenbübchen sagte ‘gebt mir einen großen Bogen weiß Papier,’ und dann machte es mit der Feder so viel feine Punkte darauf, daß sie kaum zu sehen, und fast gar nicht zu zählen waren, und einem die Augen vergiengen, wenn man darauf blickte. Darauf sprach es ‘so viel Sterne stehen am Himmel, als hier Punkte auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-27T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1840/327
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1840, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1840/327>, abgerufen am 30.12.2024.