Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.97. Das Wasser des Lebens. Es war einmal ein König, der ward krank, und glaubte niemand daß er mit dem Leben davon käme. Er hatte aber drei Söhne, die waren darüber betrübt, giengen hinunter in den Schloßgarten, und weinten; da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie erzählten ihm ihr Vater wäre so krank, daß er wohl sterben würde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte 'ich weiß noch ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund; es ist aber schwer zu finden.' Da sagte der älteste 'ich will es schon finden,' gieng zum kranken König, und bat ihn, er möchte ihm erlauben auszuziehen, um das Wasser des Lebens zu suchen, das ihn allein heilen könne. 'Nein,' sprach der König, 'die Gefahr dabei ist zu groß, lieber will ich sterben.' Er bat aber so lange, bis der König einwilligte. Der Prinz dachte in seinem Herzen 'hol ich das Wasser, so bin ich meinem Vater der liebste, und erbe das Reich.' Also machte er sich auf, und als er eine Zeit lang fortgeritten war, stand da ein Zwerg auf dem Wege, der rief ihn an, und sprach 'wohinaus so geschwind?' 'Du Knirps,' sagte der 97. Das Wasser des Lebens. Es war einmal ein Koͤnig, der ward krank, und glaubte niemand daß er mit dem Leben davon kaͤme. Er hatte aber drei Soͤhne, die waren daruͤber betruͤbt, giengen hinunter in den Schloßgarten, und weinten; da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie erzaͤhlten ihm ihr Vater waͤre so krank, daß er wohl sterben wuͤrde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte ‘ich weiß noch ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund; es ist aber schwer zu finden.’ Da sagte der aͤlteste ‘ich will es schon finden,’ gieng zum kranken Koͤnig, und bat ihn, er moͤchte ihm erlauben auszuziehen, um das Wasser des Lebens zu suchen, das ihn allein heilen koͤnne. ‘Nein,’ sprach der Koͤnig, ‘die Gefahr dabei ist zu groß, lieber will ich sterben.’ Er bat aber so lange, bis der Koͤnig einwilligte. Der Prinz dachte in seinem Herzen ‘hol ich das Wasser, so bin ich meinem Vater der liebste, und erbe das Reich.’ Also machte er sich auf, und als er eine Zeit lang fortgeritten war, stand da ein Zwerg auf dem Wege, der rief ihn an, und sprach ‘wohinaus so geschwind?’ ‘Du Knirps,’ sagte der <TEI> <text> <body> <pb n="73" facs="#f0089"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">97.<lb/> Das Wasser des Lebens.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal ein Koͤnig, der ward krank, und glaubte niemand daß er mit dem Leben davon kaͤme. Er hatte aber drei Soͤhne, die waren daruͤber betruͤbt, giengen hinunter in den Schloßgarten, und weinten; da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie erzaͤhlten ihm ihr Vater waͤre so krank, daß er wohl sterben wuͤrde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte ‘ich weiß noch ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund; es ist aber schwer zu finden.’ Da sagte der aͤlteste ‘ich will es schon finden,’ gieng zum kranken Koͤnig, und bat ihn, er moͤchte ihm erlauben auszuziehen, um das Wasser des Lebens zu suchen, das ihn allein heilen koͤnne. ‘Nein,’ sprach der Koͤnig, ‘die Gefahr dabei ist zu groß, lieber will ich sterben.’ Er bat aber so lange, bis der Koͤnig einwilligte. Der Prinz dachte in seinem Herzen ‘hol ich das Wasser, so bin ich meinem Vater der liebste, und erbe das Reich.’</p><lb/> <p>Also machte er sich auf, und als er eine Zeit lang fortgeritten war, stand da ein Zwerg auf dem Wege, der rief ihn an, und sprach ‘wohinaus so geschwind?’ ‘Du Knirps,’ sagte der </p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0089]
97.
Das Wasser des Lebens.
Es war einmal ein Koͤnig, der ward krank, und glaubte niemand daß er mit dem Leben davon kaͤme. Er hatte aber drei Soͤhne, die waren daruͤber betruͤbt, giengen hinunter in den Schloßgarten, und weinten; da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie erzaͤhlten ihm ihr Vater waͤre so krank, daß er wohl sterben wuͤrde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte ‘ich weiß noch ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund; es ist aber schwer zu finden.’ Da sagte der aͤlteste ‘ich will es schon finden,’ gieng zum kranken Koͤnig, und bat ihn, er moͤchte ihm erlauben auszuziehen, um das Wasser des Lebens zu suchen, das ihn allein heilen koͤnne. ‘Nein,’ sprach der Koͤnig, ‘die Gefahr dabei ist zu groß, lieber will ich sterben.’ Er bat aber so lange, bis der Koͤnig einwilligte. Der Prinz dachte in seinem Herzen ‘hol ich das Wasser, so bin ich meinem Vater der liebste, und erbe das Reich.’
Also machte er sich auf, und als er eine Zeit lang fortgeritten war, stand da ein Zwerg auf dem Wege, der rief ihn an, und sprach ‘wohinaus so geschwind?’ ‘Du Knirps,’ sagte der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/89 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/89>, abgerufen am 03.03.2025. |