Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.124. Die drei Brüder. Es war ein Mann, der hatte drei Söhne, und weiter nichts im Vermögen als das Haus, worin er wohnte. Nun hätte jeder gerne nach seinem Tod das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als der andere, da wußt er gar nicht wie ers anfangen sollte, daß er keinem zu nahe thät; verkaufen wollt er das Haus auch nicht, weils von seinen Voreltern war, sonst hätte er das Geld unter sie getheilt. Da fiel ihm endlich ein Rath ein, und er sprach zu seinen Söhnen 'geht in die Welt, und versucht euch, und lerne jeder ein Handwerk, wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meisterstück macht, der soll das Haus haben.' Das waren die Söhne zufrieden, und der ältste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammen kommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tüchtigen Meister fand, wo er was rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Königs Pferde beschlagen, und dachte 'nun kann dirs nicht fehlen, du kriegst das Haus.' Der Barbier rasirte lauter vornehme Herrn, und meinte 124. Die drei Bruͤder. Es war ein Mann, der hatte drei Soͤhne, und weiter nichts im Vermoͤgen als das Haus, worin er wohnte. Nun haͤtte jeder gerne nach seinem Tod das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als der andere, da wußt er gar nicht wie ers anfangen sollte, daß er keinem zu nahe thaͤt; verkaufen wollt er das Haus auch nicht, weils von seinen Voreltern war, sonst haͤtte er das Geld unter sie getheilt. Da fiel ihm endlich ein Rath ein, und er sprach zu seinen Soͤhnen ‘geht in die Welt, und versucht euch, und lerne jeder ein Handwerk, wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meisterstuͤck macht, der soll das Haus haben.’ Das waren die Soͤhne zufrieden, und der aͤltste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammen kommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tuͤchtigen Meister fand, wo er was rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Koͤnigs Pferde beschlagen, und dachte ‘nun kann dirs nicht fehlen, du kriegst das Haus.’ Der Barbier rasirte lauter vornehme Herrn, und meinte <TEI> <text> <body> <pb n="202" facs="#f0218"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">124.<lb/> Die drei Bruͤder.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s war ein Mann, der hatte drei Soͤhne, und weiter nichts im Vermoͤgen als das Haus, worin er wohnte. Nun haͤtte jeder gerne nach seinem Tod das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als der andere, da wußt er gar nicht wie ers anfangen sollte, daß er keinem zu nahe thaͤt; verkaufen wollt er das Haus auch nicht, weils von seinen Voreltern war, sonst haͤtte er das Geld unter sie getheilt. Da fiel ihm endlich ein Rath ein, und er sprach zu seinen Soͤhnen ‘geht in die Welt, und versucht euch, und lerne jeder ein Handwerk, wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meisterstuͤck macht, der soll das Haus haben.’</p><lb/> <p>Das waren die Soͤhne zufrieden, und der aͤltste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammen kommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tuͤchtigen Meister fand, wo er was rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Koͤnigs Pferde beschlagen, und dachte ‘nun kann dirs nicht fehlen, du kriegst das Haus.’ Der Barbier rasirte lauter vornehme Herrn, und meinte </p> </div> </body> </text> </TEI> [202/0218]
124.
Die drei Bruͤder.
Es war ein Mann, der hatte drei Soͤhne, und weiter nichts im Vermoͤgen als das Haus, worin er wohnte. Nun haͤtte jeder gerne nach seinem Tod das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als der andere, da wußt er gar nicht wie ers anfangen sollte, daß er keinem zu nahe thaͤt; verkaufen wollt er das Haus auch nicht, weils von seinen Voreltern war, sonst haͤtte er das Geld unter sie getheilt. Da fiel ihm endlich ein Rath ein, und er sprach zu seinen Soͤhnen ‘geht in die Welt, und versucht euch, und lerne jeder ein Handwerk, wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meisterstuͤck macht, der soll das Haus haben.’
Das waren die Soͤhne zufrieden, und der aͤltste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammen kommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tuͤchtigen Meister fand, wo er was rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Koͤnigs Pferde beschlagen, und dachte ‘nun kann dirs nicht fehlen, du kriegst das Haus.’ Der Barbier rasirte lauter vornehme Herrn, und meinte
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/218>, abgerufen am 03.03.2025. |