Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.1.
Der heilige Joseph im Walde. Es war einmal eine Mutter die hatte drei Töchter, davon war die älteste unartig und bös, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die jüngste aber war ein frommes, gutes Kind. Die Mutter war aber so unnatürlich, daß sie gerade die älteste Tochter am liebsten hatte und die jüngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Mädchen oft hinaus in einen großen Wald um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte, es würde sich verirren und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Jndessen doch einmal, konnte es sich gar nicht wieder aus dem Walde herausfinden und das Schutzenglein that auch, als wenn es nicht bei der Hand wäre. Das Kind ging immer fort, bis es Abend war, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, auf das lief es zu, und kam vor eine kleine Hütte. Es klopfte an, die Thüre ging auf und es gelangte zu einer zweiten Thüre, da klopfte es wieder an. Ein alter Mann, der einen weißen Bart hatte und sehr ehrwürdig aussah, machte ihm auf, und das war 1.
Der heilige Joseph im Walde. Es war einmal eine Mutter die hatte drei Toͤchter, davon war die aͤlteste unartig und boͤs, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die juͤngste aber war ein frommes, gutes Kind. Die Mutter war aber so unnatuͤrlich, daß sie gerade die aͤlteste Tochter am liebsten hatte und die juͤngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Maͤdchen oft hinaus in einen großen Wald um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte, es wuͤrde sich verirren und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Jndessen doch einmal, konnte es sich gar nicht wieder aus dem Walde herausfinden und das Schutzenglein that auch, als wenn es nicht bei der Hand waͤre. Das Kind ging immer fort, bis es Abend war, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, auf das lief es zu, und kam vor eine kleine Huͤtte. Es klopfte an, die Thuͤre ging auf und es gelangte zu einer zweiten Thuͤre, da klopfte es wieder an. Ein alter Mann, der einen weißen Bart hatte und sehr ehrwuͤrdig aussah, machte ihm auf, und das war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0367" n="[289]"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">1.<lb/> Der heilige Joseph im Walde.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal eine Mutter die hatte drei Toͤchter, davon war die aͤlteste unartig und boͤs, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die juͤngste aber war ein frommes, gutes Kind. Die Mutter war aber so unnatuͤrlich, daß sie gerade die aͤlteste Tochter am liebsten hatte und die juͤngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Maͤdchen oft hinaus in einen großen Wald um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte, es wuͤrde sich verirren und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Jndessen doch einmal, konnte es sich gar nicht wieder aus dem Walde herausfinden und das Schutzenglein that auch, als wenn es nicht bei der Hand waͤre. Das Kind ging immer fort, bis es Abend war, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, auf das lief es zu, und kam vor eine kleine Huͤtte. Es klopfte an, die Thuͤre ging auf und es gelangte zu einer zweiten Thuͤre, da klopfte es wieder an. Ein alter Mann, der einen weißen Bart hatte und sehr ehrwuͤrdig aussah, machte ihm auf, und das war </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[289]/0367]
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Der heilige Joseph im Walde.
Es war einmal eine Mutter die hatte drei Toͤchter, davon war die aͤlteste unartig und boͤs, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die juͤngste aber war ein frommes, gutes Kind. Die Mutter war aber so unnatuͤrlich, daß sie gerade die aͤlteste Tochter am liebsten hatte und die juͤngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Maͤdchen oft hinaus in einen großen Wald um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte, es wuͤrde sich verirren und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Jndessen doch einmal, konnte es sich gar nicht wieder aus dem Walde herausfinden und das Schutzenglein that auch, als wenn es nicht bei der Hand waͤre. Das Kind ging immer fort, bis es Abend war, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, auf das lief es zu, und kam vor eine kleine Huͤtte. Es klopfte an, die Thuͤre ging auf und es gelangte zu einer zweiten Thuͤre, da klopfte es wieder an. Ein alter Mann, der einen weißen Bart hatte und sehr ehrwuͤrdig aussah, machte ihm auf, und das war
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.
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