Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.dachte, er hätt's versehen und wär' Schuld daran und ließ in Zukunft die Frau mit Garn und Spinnen immer zufrieden. 129.
Die vier kunstreichen Brüder. Es war ein armer Mann, der hatte vier Söhne, wie die nun herangewachsen waren, sprach er zu ihnen: "lieben Kinder, ihr müßt in die Welt, ich habe nichts, das ich euch geben könnte, macht euch auf in die Fremde, lernt ein Handwerk und seht, wie ihr euch durchschlagt." Da ergriffen die vier Brüder den Wanderstab, nahmen Abschied von ihrem Vater und zogen zusammen zum Thor hinaus. Als sie ein Stück Wegs gemacht hatten, kamen sie an einen Kreuzweg, der nach vier verschiedenen Gegenden führte. Da sprach der älteste: "hier müssen wir uns trennen, aber heut über vier Jahre wollen wir uns an dieser Stelle wieder treffen und in der Zeit unser Glück versuchen." Nun ging jeder seinen Weg und dem ältesten begegnete ein Mann, der fragte ihn, wo er hinaus wollte und was er vorhätte. "Jch will ein Handwerk lernen" antwortete er. Da sprach der Mann; "geh mit mir und werde ein Dieb." "Nein, antwortete er, das ist jetzt kein ehrliches Handwerk mehr und das End vom Lied, daß einer als Schwengel in der Feldglocke gebraucht wird." "O! sprach der Mann, vor dem Galgen brauchst du dich nicht zu fürchten, ich will dich blos lehren das zu holen, was sonst kein Mensch kriegen kann und wo dir niemand auf die Spur dachte, er haͤtt’s versehen und waͤr’ Schuld daran und ließ in Zukunft die Frau mit Garn und Spinnen immer zufrieden. 129.
Die vier kunstreichen Bruͤder. Es war ein armer Mann, der hatte vier Soͤhne, wie die nun herangewachsen waren, sprach er zu ihnen: „lieben Kinder, ihr muͤßt in die Welt, ich habe nichts, das ich euch geben koͤnnte, macht euch auf in die Fremde, lernt ein Handwerk und seht, wie ihr euch durchschlagt.“ Da ergriffen die vier Bruͤder den Wanderstab, nahmen Abschied von ihrem Vater und zogen zusammen zum Thor hinaus. Als sie ein Stuͤck Wegs gemacht hatten, kamen sie an einen Kreuzweg, der nach vier verschiedenen Gegenden fuͤhrte. Da sprach der aͤlteste: „hier muͤssen wir uns trennen, aber heut uͤber vier Jahre wollen wir uns an dieser Stelle wieder treffen und in der Zeit unser Gluͤck versuchen.“ Nun ging jeder seinen Weg und dem aͤltesten begegnete ein Mann, der fragte ihn, wo er hinaus wollte und was er vorhaͤtte. „Jch will ein Handwerk lernen“ antwortete er. Da sprach der Mann; „geh mit mir und werde ein Dieb.“ „Nein, antwortete er, das ist jetzt kein ehrliches Handwerk mehr und das End vom Lied, daß einer als Schwengel in der Feldglocke gebraucht wird.“ „O! sprach der Mann, vor dem Galgen brauchst du dich nicht zu fuͤrchten, ich will dich blos lehren das zu holen, was sonst kein Mensch kriegen kann und wo dir niemand auf die Spur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0285" n="207"/> dachte, er haͤtt’s versehen und waͤr’ Schuld daran und ließ in Zukunft die Frau mit Garn und Spinnen immer zufrieden.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">129.<lb/> Die vier kunstreichen Bruͤder.</hi> </head><lb/> <p>Es war ein armer Mann, der hatte vier Soͤhne, wie die nun herangewachsen waren, sprach er zu ihnen: „lieben Kinder, ihr muͤßt in die Welt, ich habe nichts, das ich euch geben koͤnnte, macht euch auf in die Fremde, lernt ein Handwerk und seht, wie ihr euch durchschlagt.“ Da ergriffen die vier Bruͤder den Wanderstab, nahmen Abschied von ihrem Vater und zogen zusammen zum Thor hinaus. Als sie ein Stuͤck Wegs gemacht hatten, kamen sie an einen Kreuzweg, der nach vier verschiedenen Gegenden fuͤhrte. Da sprach der aͤlteste: „hier muͤssen wir uns trennen, aber heut uͤber vier Jahre wollen wir uns an dieser Stelle wieder treffen und in der Zeit unser Gluͤck versuchen.“</p><lb/> <p>Nun ging jeder seinen Weg und dem aͤltesten begegnete ein Mann, der fragte ihn, wo er hinaus wollte und was er vorhaͤtte. „Jch will ein Handwerk lernen“ antwortete er. Da sprach der Mann; „geh mit mir und werde ein Dieb.“ „Nein, antwortete er, das ist jetzt kein ehrliches Handwerk mehr und das End vom Lied, daß einer als Schwengel in der Feldglocke gebraucht wird.“ „O! sprach der Mann, vor dem Galgen brauchst du dich nicht zu fuͤrchten, ich will dich blos lehren das zu holen, was sonst kein Mensch kriegen kann und wo dir niemand auf die Spur </p> </div> </body> </text> </TEI> [207/0285]
dachte, er haͤtt’s versehen und waͤr’ Schuld daran und ließ in Zukunft die Frau mit Garn und Spinnen immer zufrieden.
129.
Die vier kunstreichen Bruͤder.
Es war ein armer Mann, der hatte vier Soͤhne, wie die nun herangewachsen waren, sprach er zu ihnen: „lieben Kinder, ihr muͤßt in die Welt, ich habe nichts, das ich euch geben koͤnnte, macht euch auf in die Fremde, lernt ein Handwerk und seht, wie ihr euch durchschlagt.“ Da ergriffen die vier Bruͤder den Wanderstab, nahmen Abschied von ihrem Vater und zogen zusammen zum Thor hinaus. Als sie ein Stuͤck Wegs gemacht hatten, kamen sie an einen Kreuzweg, der nach vier verschiedenen Gegenden fuͤhrte. Da sprach der aͤlteste: „hier muͤssen wir uns trennen, aber heut uͤber vier Jahre wollen wir uns an dieser Stelle wieder treffen und in der Zeit unser Gluͤck versuchen.“
Nun ging jeder seinen Weg und dem aͤltesten begegnete ein Mann, der fragte ihn, wo er hinaus wollte und was er vorhaͤtte. „Jch will ein Handwerk lernen“ antwortete er. Da sprach der Mann; „geh mit mir und werde ein Dieb.“ „Nein, antwortete er, das ist jetzt kein ehrliches Handwerk mehr und das End vom Lied, daß einer als Schwengel in der Feldglocke gebraucht wird.“ „O! sprach der Mann, vor dem Galgen brauchst du dich nicht zu fuͤrchten, ich will dich blos lehren das zu holen, was sonst kein Mensch kriegen kann und wo dir niemand auf die Spur
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/285 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/285>, abgerufen am 22.02.2025. |