Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.111.
Der gelernte Jäger. Es war einmal ein junger Bursch, der hatte die Schlosserhandthierung gelernt und sprach zu seinem Vater, er müßte in die Welt gehen und sich versuchen. "Ja, sagte der Vater, das bin ich zufrieden" und gab ihm etwas Geld auf die Reise. Also zog er herum; auf eine Zeit, da wollt' ihm das Schlosserwerk nicht mehr folgen und stand ihm auch nicht mehr an, aber er kriegte Lust zur Jägerei. Da begegnete ihm auf der Wanderschaft ein Jäger in grünem Kleide, der fragte, wo er her käm' und hin wollte? Er wär' ein Schlossergesell, sagte der Bursch, aber das Handwerk gefiele ihm nicht mehr, hätte Lust zur Jägerei, ob er sie ihm lehren wollte. -- "O ja, wenn du mit mir gehen willst." Da ging der junge Bursch mit und vermiethete sich etliche Jahre bei ihm und lernte die Jägerei. Darnach wollt' er sich weiter versuchen, und der Jäger gab ihm nichts zum Lohn als eine Windbüchse, die hatte aber die Eigenschaft, wenn er damit schoß, so traf er ohnfehlbar. Da ging er nun fort und kam in einen sehr großen Wald, von dem konnt' er in einem Tag das Ende nicht finden; wie's Abend war, setzte er sich auf einen hohen Baum, damit er aus den wilden Thieren käme. Gegen Mitternacht zu, däuchte ihm, schimmerte ein kleines Lichtchen von weitem, da sah er durch die Aeste darauf hin und behielt in acht, wo es war. Doch nahm er erst noch seinen Hut und warf ihn nach dem Licht zu herunter, daß er darnach gehen wollte, wann er 111.
Der gelernte Jaͤger. Es war einmal ein junger Bursch, der hatte die Schlosserhandthierung gelernt und sprach zu seinem Vater, er muͤßte in die Welt gehen und sich versuchen. „Ja, sagte der Vater, das bin ich zufrieden“ und gab ihm etwas Geld auf die Reise. Also zog er herum; auf eine Zeit, da wollt’ ihm das Schlosserwerk nicht mehr folgen und stand ihm auch nicht mehr an, aber er kriegte Lust zur Jaͤgerei. Da begegnete ihm auf der Wanderschaft ein Jaͤger in gruͤnem Kleide, der fragte, wo er her kaͤm’ und hin wollte? Er waͤr’ ein Schlossergesell, sagte der Bursch, aber das Handwerk gefiele ihm nicht mehr, haͤtte Lust zur Jaͤgerei, ob er sie ihm lehren wollte. — „O ja, wenn du mit mir gehen willst.“ Da ging der junge Bursch mit und vermiethete sich etliche Jahre bei ihm und lernte die Jaͤgerei. Darnach wollt’ er sich weiter versuchen, und der Jaͤger gab ihm nichts zum Lohn als eine Windbuͤchse, die hatte aber die Eigenschaft, wenn er damit schoß, so traf er ohnfehlbar. Da ging er nun fort und kam in einen sehr großen Wald, von dem konnt’ er in einem Tag das Ende nicht finden; wie’s Abend war, setzte er sich auf einen hohen Baum, damit er aus den wilden Thieren kaͤme. Gegen Mitternacht zu, daͤuchte ihm, schimmerte ein kleines Lichtchen von weitem, da sah er durch die Aeste darauf hin und behielt in acht, wo es war. Doch nahm er erst noch seinen Hut und warf ihn nach dem Licht zu herunter, daß er darnach gehen wollte, wann er <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0201" n="123"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">111.<lb/> Der gelernte Jaͤger.</hi> </head><lb/> <p>Es war einmal ein junger Bursch, der hatte die Schlosserhandthierung gelernt und sprach zu seinem Vater, er muͤßte in die Welt gehen und sich versuchen. „Ja, sagte der Vater, das bin ich zufrieden“ und gab ihm etwas Geld auf die Reise. Also zog er herum; auf eine Zeit, da wollt’ ihm das Schlosserwerk nicht mehr folgen und stand ihm auch nicht mehr an, aber er kriegte Lust zur Jaͤgerei. Da begegnete ihm auf der Wanderschaft ein Jaͤger in gruͤnem Kleide, der fragte, wo er her kaͤm’ und hin wollte? Er waͤr’ ein Schlossergesell, sagte der Bursch, aber das Handwerk gefiele ihm nicht mehr, haͤtte Lust zur Jaͤgerei, ob er sie ihm lehren wollte. — „O ja, wenn du mit mir gehen willst.“ Da ging der junge Bursch mit und vermiethete sich etliche Jahre bei ihm und lernte die Jaͤgerei. Darnach wollt’ er sich weiter versuchen, und der Jaͤger gab ihm nichts zum Lohn als eine Windbuͤchse, die hatte aber die Eigenschaft, wenn er damit schoß, so traf er ohnfehlbar. Da ging er nun fort und kam in einen sehr großen Wald, von dem konnt’ er in einem Tag das Ende nicht finden; wie’s Abend war, setzte er sich auf einen hohen Baum, damit er aus den wilden Thieren kaͤme. Gegen Mitternacht zu, daͤuchte ihm, schimmerte ein kleines Lichtchen von weitem, da sah er durch die Aeste darauf hin und behielt in acht, wo es war. Doch nahm er erst noch seinen Hut und warf ihn nach dem Licht zu herunter, daß er darnach gehen wollte, wann er </p> </div> </body> </text> </TEI> [123/0201]
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Der gelernte Jaͤger.
Es war einmal ein junger Bursch, der hatte die Schlosserhandthierung gelernt und sprach zu seinem Vater, er muͤßte in die Welt gehen und sich versuchen. „Ja, sagte der Vater, das bin ich zufrieden“ und gab ihm etwas Geld auf die Reise. Also zog er herum; auf eine Zeit, da wollt’ ihm das Schlosserwerk nicht mehr folgen und stand ihm auch nicht mehr an, aber er kriegte Lust zur Jaͤgerei. Da begegnete ihm auf der Wanderschaft ein Jaͤger in gruͤnem Kleide, der fragte, wo er her kaͤm’ und hin wollte? Er waͤr’ ein Schlossergesell, sagte der Bursch, aber das Handwerk gefiele ihm nicht mehr, haͤtte Lust zur Jaͤgerei, ob er sie ihm lehren wollte. — „O ja, wenn du mit mir gehen willst.“ Da ging der junge Bursch mit und vermiethete sich etliche Jahre bei ihm und lernte die Jaͤgerei. Darnach wollt’ er sich weiter versuchen, und der Jaͤger gab ihm nichts zum Lohn als eine Windbuͤchse, die hatte aber die Eigenschaft, wenn er damit schoß, so traf er ohnfehlbar. Da ging er nun fort und kam in einen sehr großen Wald, von dem konnt’ er in einem Tag das Ende nicht finden; wie’s Abend war, setzte er sich auf einen hohen Baum, damit er aus den wilden Thieren kaͤme. Gegen Mitternacht zu, daͤuchte ihm, schimmerte ein kleines Lichtchen von weitem, da sah er durch die Aeste darauf hin und behielt in acht, wo es war. Doch nahm er erst noch seinen Hut und warf ihn nach dem Licht zu herunter, daß er darnach gehen wollte, wann er
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/201>, abgerufen am 22.02.2025. |