Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.immer. Dann ging er nach Haus, machte sich rein und putzte sich aus und zog fort zu seiner Braut. Als er an's Thor kam, begegnete ihm der Vater; er grüßte ihn und gab sich als den Bräutigam an, aber der Vater erkannte ihn nicht und wollte ihm nicht glauben. Da ging er hinauf zur Braut, die wollte ihm auch nicht glauben. Endlich fragte er, ob sie den halben Ring noch habe. Da sagte sie ja, ging hin und holte ihn; er aber zog den seinen heraus und hielt ihn daran, da paßten sie zusammen und war es gewiß, daß es niemand als ihr Bräutigam seyn konnte. Und wie sie nun sah, daß es ein schöner Mann war, freute sie sich und hatte ihn lieb und sie hielten Hochzeit mit einander; die beiden Schwestern aber, weil sie ihr Glück versäumt hatten, waren so bös, daß am Hochzeittag die eine sich ersäufte, die andere sich erhenkte. Am Abend klopfte und brummte etwas an der Thüre und als der Bräutigam hinging und aufmachte, so war's der Teufel im grünen Rock, der sprach: "siehst du, da hab' ich nun zwei Seelen für deine eine!" 102.
Der Zaunkönig und der Bär. Zur Sommerszeit gingen einmal der Bär und der Wolf im Wald spaziren, da hörte der Bär so schönen Gesang von einem Vogel und sprach: "Bruder Wolf, was ist das für ein Vogel, der so schön singt?" -- "Das ist der König der Vögel, sagte der Wolf, vor dem müssen wir uns neigen;" es war aber der immer. Dann ging er nach Haus, machte sich rein und putzte sich aus und zog fort zu seiner Braut. Als er an’s Thor kam, begegnete ihm der Vater; er gruͤßte ihn und gab sich als den Braͤutigam an, aber der Vater erkannte ihn nicht und wollte ihm nicht glauben. Da ging er hinauf zur Braut, die wollte ihm auch nicht glauben. Endlich fragte er, ob sie den halben Ring noch habe. Da sagte sie ja, ging hin und holte ihn; er aber zog den seinen heraus und hielt ihn daran, da paßten sie zusammen und war es gewiß, daß es niemand als ihr Braͤutigam seyn konnte. Und wie sie nun sah, daß es ein schoͤner Mann war, freute sie sich und hatte ihn lieb und sie hielten Hochzeit mit einander; die beiden Schwestern aber, weil sie ihr Gluͤck versaͤumt hatten, waren so boͤs, daß am Hochzeittag die eine sich ersaͤufte, die andere sich erhenkte. Am Abend klopfte und brummte etwas an der Thuͤre und als der Braͤutigam hinging und aufmachte, so war’s der Teufel im gruͤnen Rock, der sprach: „siehst du, da hab’ ich nun zwei Seelen fuͤr deine eine!“ 102.
Der Zaunkoͤnig und der Baͤr. Zur Sommerszeit gingen einmal der Baͤr und der Wolf im Wald spaziren, da hoͤrte der Baͤr so schoͤnen Gesang von einem Vogel und sprach: „Bruder Wolf, was ist das fuͤr ein Vogel, der so schoͤn singt?“ — „Das ist der Koͤnig der Voͤgel, sagte der Wolf, vor dem muͤssen wir uns neigen;“ es war aber der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0170" n="92"/> immer. Dann ging er nach Haus, machte sich rein und putzte sich aus und zog fort zu seiner Braut. Als er an’s Thor kam, begegnete ihm der Vater; er gruͤßte ihn und gab sich als den Braͤutigam an, aber der Vater erkannte ihn nicht und wollte ihm nicht glauben. Da ging er hinauf zur Braut, die wollte ihm auch nicht glauben. Endlich fragte er, ob sie den halben Ring noch habe. Da sagte sie ja, ging hin und holte ihn; er aber zog den seinen heraus und hielt ihn daran, da paßten sie zusammen und war es gewiß, daß es niemand als ihr Braͤutigam seyn konnte. Und wie sie nun sah, daß es ein schoͤner Mann war, freute sie sich und hatte ihn lieb und sie hielten Hochzeit mit einander; die beiden Schwestern aber, weil sie ihr Gluͤck versaͤumt hatten, waren so boͤs, daß am Hochzeittag die eine sich ersaͤufte, die andere sich erhenkte. Am Abend klopfte und brummte etwas an der Thuͤre und als der Braͤutigam hinging und aufmachte, so war’s der Teufel im gruͤnen Rock, der sprach: „siehst du, da hab’ ich nun zwei Seelen fuͤr deine eine!“</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">102.<lb/> Der Zaunkoͤnig und der Baͤr.</hi> </head><lb/> <p>Zur Sommerszeit gingen einmal der Baͤr und der Wolf im Wald spaziren, da hoͤrte der Baͤr so schoͤnen Gesang von einem Vogel und sprach: „Bruder Wolf, was ist das fuͤr ein Vogel, der so schoͤn singt?“ — „Das ist der Koͤnig der Voͤgel, sagte der Wolf, vor dem muͤssen wir uns neigen;“ es war aber der </p> </div> </body> </text> </TEI> [92/0170]
immer. Dann ging er nach Haus, machte sich rein und putzte sich aus und zog fort zu seiner Braut. Als er an’s Thor kam, begegnete ihm der Vater; er gruͤßte ihn und gab sich als den Braͤutigam an, aber der Vater erkannte ihn nicht und wollte ihm nicht glauben. Da ging er hinauf zur Braut, die wollte ihm auch nicht glauben. Endlich fragte er, ob sie den halben Ring noch habe. Da sagte sie ja, ging hin und holte ihn; er aber zog den seinen heraus und hielt ihn daran, da paßten sie zusammen und war es gewiß, daß es niemand als ihr Braͤutigam seyn konnte. Und wie sie nun sah, daß es ein schoͤner Mann war, freute sie sich und hatte ihn lieb und sie hielten Hochzeit mit einander; die beiden Schwestern aber, weil sie ihr Gluͤck versaͤumt hatten, waren so boͤs, daß am Hochzeittag die eine sich ersaͤufte, die andere sich erhenkte. Am Abend klopfte und brummte etwas an der Thuͤre und als der Braͤutigam hinging und aufmachte, so war’s der Teufel im gruͤnen Rock, der sprach: „siehst du, da hab’ ich nun zwei Seelen fuͤr deine eine!“
102.
Der Zaunkoͤnig und der Baͤr.
Zur Sommerszeit gingen einmal der Baͤr und der Wolf im Wald spaziren, da hoͤrte der Baͤr so schoͤnen Gesang von einem Vogel und sprach: „Bruder Wolf, was ist das fuͤr ein Vogel, der so schoͤn singt?“ — „Das ist der Koͤnig der Voͤgel, sagte der Wolf, vor dem muͤssen wir uns neigen;“ es war aber der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/170 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/170>, abgerufen am 22.02.2025. |