Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.92.
Der König vom goldenen Berg. Ein Kaufmann, der hatte zwei Kinder, einen Buben und ein Mädchen, die waren beide noch klein und konnten noch nicht laufen. Es gingen aber zwei reichbeladene Schiffe von ihm auf dem Meer, und sein ganzes Vermögen war darin, und wie er meinte, dadurch viel Geld zu gewinnen, kam die Nachricht, sie wären versunken. Da war er nun statt eines reichen Mannes ein armer Mann und hatte nichts mehr übrig, als einen Acker vor der Stadt; um sich nun sein Unglück ein bischen aus den Gedanken zu schlagen, ging er dahinaus. Und wie er da so auf und abging, stand auf einmal ein kleines schwarzes Männchen neben ihm und fragte, warum er so traurig wäre und was er sich so sehr zu Herzen nähme. Da sprach der Kaufmann: "wenn du mir helfen könntest, wollt' ich dir es wohl sagen." -- " Wer weiß, sagte das schwarze Männchen, sag' mirs nur, vielleicht helf' ich dir." Da erzählte der Kaufmann, daß ihm sein ganzer Reichthum auf dem Meer zu Grunde gegangen wäre und habe er nichts mehr übrig, als diesen Acker. "O! da bekümmere dich nicht, sagte das Männchen, wenn du mir versprichst, das, was dir zu Haus am ersten widers Bein stößt, in zwölf Jahren hierher auf den Platz zu bringen, sollst du Geld haben so viel du willst." Der Kaufmann dachte, das ist ein geringes, was kann das anders seyn, als dein Hund, aber an seinen kleinen Jungen dachte 92.
Der Koͤnig vom goldenen Berg. Ein Kaufmann, der hatte zwei Kinder, einen Buben und ein Maͤdchen, die waren beide noch klein und konnten noch nicht laufen. Es gingen aber zwei reichbeladene Schiffe von ihm auf dem Meer, und sein ganzes Vermoͤgen war darin, und wie er meinte, dadurch viel Geld zu gewinnen, kam die Nachricht, sie waͤren versunken. Da war er nun statt eines reichen Mannes ein armer Mann und hatte nichts mehr uͤbrig, als einen Acker vor der Stadt; um sich nun sein Ungluͤck ein bischen aus den Gedanken zu schlagen, ging er dahinaus. Und wie er da so auf und abging, stand auf einmal ein kleines schwarzes Maͤnnchen neben ihm und fragte, warum er so traurig waͤre und was er sich so sehr zu Herzen naͤhme. Da sprach der Kaufmann: „wenn du mir helfen koͤnntest, wollt’ ich dir es wohl sagen.“ — „ Wer weiß, sagte das schwarze Maͤnnchen, sag’ mirs nur, vielleicht helf’ ich dir.“ Da erzaͤhlte der Kaufmann, daß ihm sein ganzer Reichthum auf dem Meer zu Grunde gegangen waͤre und habe er nichts mehr uͤbrig, als diesen Acker. „O! da bekuͤmmere dich nicht, sagte das Maͤnnchen, wenn du mir versprichst, das, was dir zu Haus am ersten widers Bein stoͤßt, in zwoͤlf Jahren hierher auf den Platz zu bringen, sollst du Geld haben so viel du willst.“ Der Kaufmann dachte, das ist ein geringes, was kann das anders seyn, als dein Hund, aber an seinen kleinen Jungen dachte <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0116" n="38"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">92.<lb/> Der Koͤnig vom goldenen Berg.</hi> </head><lb/> <p>Ein Kaufmann, der hatte zwei Kinder, einen Buben und ein Maͤdchen, die waren beide noch klein und konnten noch nicht laufen. Es gingen aber zwei reichbeladene Schiffe von ihm auf dem Meer, und sein ganzes Vermoͤgen war darin, und wie er meinte, dadurch viel Geld zu gewinnen, kam die Nachricht, sie waͤren versunken. Da war er nun statt eines reichen Mannes ein armer Mann und hatte nichts mehr uͤbrig, als einen Acker vor der Stadt; um sich nun sein Ungluͤck ein bischen aus den Gedanken zu schlagen, ging er dahinaus. Und wie er da so auf und abging, stand auf einmal ein kleines schwarzes Maͤnnchen neben ihm und fragte, warum er so traurig waͤre und was er sich so sehr zu Herzen naͤhme. Da sprach der Kaufmann: „wenn du mir helfen koͤnntest, wollt’ ich dir es wohl sagen.“ — „ Wer weiß, sagte das schwarze Maͤnnchen, sag’ mirs nur, vielleicht helf’ ich dir.“ Da erzaͤhlte der Kaufmann, daß ihm sein ganzer Reichthum auf dem Meer zu Grunde gegangen waͤre und habe er nichts mehr uͤbrig, als diesen Acker. „O! da bekuͤmmere dich nicht, sagte das Maͤnnchen, wenn du mir versprichst, das, was dir zu Haus am ersten widers Bein stoͤßt, in zwoͤlf Jahren hierher auf den Platz zu bringen, sollst du Geld haben so viel du willst.“ Der Kaufmann dachte, das ist ein geringes, was kann das anders seyn, als dein Hund, aber an seinen kleinen Jungen dachte </p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0116]
92.
Der Koͤnig vom goldenen Berg.
Ein Kaufmann, der hatte zwei Kinder, einen Buben und ein Maͤdchen, die waren beide noch klein und konnten noch nicht laufen. Es gingen aber zwei reichbeladene Schiffe von ihm auf dem Meer, und sein ganzes Vermoͤgen war darin, und wie er meinte, dadurch viel Geld zu gewinnen, kam die Nachricht, sie waͤren versunken. Da war er nun statt eines reichen Mannes ein armer Mann und hatte nichts mehr uͤbrig, als einen Acker vor der Stadt; um sich nun sein Ungluͤck ein bischen aus den Gedanken zu schlagen, ging er dahinaus. Und wie er da so auf und abging, stand auf einmal ein kleines schwarzes Maͤnnchen neben ihm und fragte, warum er so traurig waͤre und was er sich so sehr zu Herzen naͤhme. Da sprach der Kaufmann: „wenn du mir helfen koͤnntest, wollt’ ich dir es wohl sagen.“ — „ Wer weiß, sagte das schwarze Maͤnnchen, sag’ mirs nur, vielleicht helf’ ich dir.“ Da erzaͤhlte der Kaufmann, daß ihm sein ganzer Reichthum auf dem Meer zu Grunde gegangen waͤre und habe er nichts mehr uͤbrig, als diesen Acker. „O! da bekuͤmmere dich nicht, sagte das Maͤnnchen, wenn du mir versprichst, das, was dir zu Haus am ersten widers Bein stoͤßt, in zwoͤlf Jahren hierher auf den Platz zu bringen, sollst du Geld haben so viel du willst.“ Der Kaufmann dachte, das ist ein geringes, was kann das anders seyn, als dein Hund, aber an seinen kleinen Jungen dachte
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/116>, abgerufen am 22.02.2025. |