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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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erklärt sich die noch jetzt spruchmäßige Redensart:
etwas geheimes (in andern Sagen ist es ein
Stein oder eine Steinsäule, der man das Geheim-
niß entdeckt. Büschings Volkssagen S. 66 und 363.)
dem Ofen sagen, den Ofen um etwas bitten, wie die
Alten bei der Unterwelt, wo der gerechte Todten
(Höllen)-Richter wohnt, schwuren. Deswegen spricht
das Gänsmägdlein zum Ofen (II. 3.) vergl. Erdmänn-
lein, (II. 5.) und enthüllt ihm die geschehene Unthat,
die sie keinem Menschen offenbaren darf. Auch das
Wort Eisenofen ist alterthümlich und nicht sowohl
auf einen eisernen zu deuten, als auf das alte Eit-
ofan
, Feuerofen, Camin, zurückzuführen (von Eit,
Esse, Feuer. s. gloss. doc. v. eitofan.)

42.
Die faule Spinnerin.

(Aus Zwehrn.) Aehnliche Idee im Pentamerone
IV. 4. und in einer altdeutschen handschr. Erzäh-
lung: von der Minne eines Albernen. Vgl. vom bö-
sen Spinnen I. 14. und Cap. 125. in Pauli's Schimpf
und Ernst. ed. 1535. fol. Der Baum im Wald ist
ein Spindel-Baum, Spill-, Spul-Baum, lat. fu-
sarius,
französ. fusain (von fuseau, Spindel) vergl.
Gerberts gloss. theotisca p. 139. evonymus, also
ein Glück- oder Unglück bedeutender Wünschelbaum.

43.
Der Löwe und Frosch.

(Aus der Maingegend.) Ueber Erlösung durch
Kopf-Abhauen vgl. I. 52. und 66. und die schwarze
und weiße Braut. (II. 49.)

44.
Soldat und Schreiner.

(Aus dem Münsterland.) Manches darin ist gut
und recht märchenhaft, doch scheint das Ganze gelit-
ten zu haben, theils durch Lücken, theils durch Ver-
wirrung.

C 2

erklaͤrt ſich die noch jetzt ſpruchmaͤßige Redensart:
etwas geheimes (in andern Sagen iſt es ein
Stein oder eine Steinſaͤule, der man das Geheim-
niß entdeckt. Buͤſchings Volksſagen S. 66 und 363.)
dem Ofen ſagen, den Ofen um etwas bitten, wie die
Alten bei der Unterwelt, wo der gerechte Todten
(Hoͤllen)-Richter wohnt, ſchwuren. Deswegen ſpricht
das Gaͤnsmaͤgdlein zum Ofen (II. 3.) vergl. Erdmaͤnn-
lein, (II. 5.) und enthuͤllt ihm die geſchehene Unthat,
die ſie keinem Menſchen offenbaren darf. Auch das
Wort Eiſenofen iſt alterthuͤmlich und nicht ſowohl
auf einen eiſernen zu deuten, als auf das alte Eit-
ofan
, Feuerofen, Camin, zuruͤckzufuͤhren (von Eit,
Eſſe, Feuer. ſ. gloss. doc. v. eitofan.)

42.
Die faule Spinnerin.

(Aus Zwehrn.) Aehnliche Idee im Pentamerone
IV. 4. und in einer altdeutſchen handſchr. Erzaͤh-
lung: von der Minne eines Albernen. Vgl. vom boͤ-
ſen Spinnen I. 14. und Cap. 125. in Pauli’s Schimpf
und Ernſt. ed. 1535. fol. Der Baum im Wald iſt
ein Spindel-Baum, Spill-, Spul-Baum, lat. fu-
ſarius,
franzoͤſ. fusain (von fuseau, Spindel) vergl.
Gerberts gloss. theotisca p. 139. evonymus, alſo
ein Gluͤck- oder Ungluͤck bedeutender Wuͤnſchelbaum.

43.
Der Loͤwe und Froſch.

(Aus der Maingegend.) Ueber Erloͤſung durch
Kopf-Abhauen vgl. I. 52. und 66. und die ſchwarze
und weiße Braut. (II. 49.)

44.
Soldat und Schreiner.

(Aus dem Muͤnſterland.) Manches darin iſt gut
und recht maͤrchenhaft, doch ſcheint das Ganze gelit-
ten zu haben, theils durch Luͤcken, theils durch Ver-
wirrung.

C 2
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[XXXV/0354] erklaͤrt ſich die noch jetzt ſpruchmaͤßige Redensart: etwas geheimes (in andern Sagen iſt es ein Stein oder eine Steinſaͤule, der man das Geheim- niß entdeckt. Buͤſchings Volksſagen S. 66 und 363.) dem Ofen ſagen, den Ofen um etwas bitten, wie die Alten bei der Unterwelt, wo der gerechte Todten (Hoͤllen)-Richter wohnt, ſchwuren. Deswegen ſpricht das Gaͤnsmaͤgdlein zum Ofen (II. 3.) vergl. Erdmaͤnn- lein, (II. 5.) und enthuͤllt ihm die geſchehene Unthat, die ſie keinem Menſchen offenbaren darf. Auch das Wort Eiſenofen iſt alterthuͤmlich und nicht ſowohl auf einen eiſernen zu deuten, als auf das alte Eit- ofan, Feuerofen, Camin, zuruͤckzufuͤhren (von Eit, Eſſe, Feuer. ſ. gloss. doc. v. eitofan.) 42. Die faule Spinnerin. (Aus Zwehrn.) Aehnliche Idee im Pentamerone IV. 4. und in einer altdeutſchen handſchr. Erzaͤh- lung: von der Minne eines Albernen. Vgl. vom boͤ- ſen Spinnen I. 14. und Cap. 125. in Pauli’s Schimpf und Ernſt. ed. 1535. fol. Der Baum im Wald iſt ein Spindel-Baum, Spill-, Spul-Baum, lat. fu- ſarius, franzoͤſ. fusain (von fuseau, Spindel) vergl. Gerberts gloss. theotisca p. 139. evonymus, alſo ein Gluͤck- oder Ungluͤck bedeutender Wuͤnſchelbaum. 43. Der Loͤwe und Froſch. (Aus der Maingegend.) Ueber Erloͤſung durch Kopf-Abhauen vgl. I. 52. und 66. und die ſchwarze und weiße Braut. (II. 49.) 44. Soldat und Schreiner. (Aus dem Muͤnſterland.) Manches darin iſt gut und recht maͤrchenhaft, doch ſcheint das Ganze gelit- ten zu haben, theils durch Luͤcken, theils durch Ver- wirrung. C 2

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. XXXV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/354>, abgerufen am 18.11.2024.