geflogen kommt und jedesmal eine fallen läßt. Im Schloß müssen sie mit einem siebenköpfigen Drachen kämpfen, wer ihn nicht in drei Tagen besiegt, der wird in Stein verwandelt, wer ihn aber töd- tet, bekommt das Wasser des Lebens. Sie gelangen mit den Falkenfedern ins Schloß; der Kampf wird angeordnet; die Prinzessin und der Hof, alles ganz schwarz gekleidet, sehen zu. Die beiden ältesten können dem Drachen nichts anhaben und werden zu Stein; nun kommt der jüngste daran, der in einem Schlag die sieben Köpfe abhaut: die Prinzessin gibt ihm also das Lebenswasser und, auf seine Bitte, den Brüdern das Leben wieder.
Die Verwandtschaft mit dem vorhergehenden Mär- chen und dem arabischen und ital fällt sogleich in die Augen, eben so nähert sich das vom Vogel Phönix (I. 57.) in allen Hauptzügen. Am reinsten ist die Sage hier in dem Umstand, daß Lebenswasser gesucht wird, um einen alten kranken König zu hei- len. (Im trojan. Krieg, den Conrad von Würzb. be- arbeitete, hat Medea um den alten Vater des Jafon zu verjüngen, Wasser aus dem Paradies (V. 10651) Licht von Gold roth (10658) darin kocht sie den Zau- bertrank). Das Versteinen ist in der paderbörn. wie in der arab. Erzählung Strafe dessen, der nicht siegt. Im plattdeutschen kommt es eigentlich nicht vor, doch der schwarze Hund (denn es sind schwarze Steine in der 100. Nacht) nach welchem man sich ebenfalls nicht umsehen darf, deutet of- fenbar darauf; er wird auch hernach in einen schönen Prinzen, wie jene Steine verwandelt. Zu- gleich gibt dieses Versteinen, wozu in der 1001 Nacht kommt, daß die Brüder ihrer Schwester ein Zeichen zurück lassen, namentlich der älteste ein Messer, das bei seinem Leben glänzend, bei seinem Tod sich blutig zeigen wird, eine unleugbare Grundähn- lichkeit und Verbindung mit dem Märchen Nr. 74. im ersten Theil.
12. Doktor Allwissend.
(Aus Zwehrn.) Es ist. auch im plattdeutschen ein
geflogen kommt und jedesmal eine fallen laͤßt. Im Schloß muͤſſen ſie mit einem ſiebenkoͤpfigen Drachen kaͤmpfen, wer ihn nicht in drei Tagen beſiegt, der wird in Stein verwandelt, wer ihn aber toͤd- tet, bekommt das Waſſer des Lebens. Sie gelangen mit den Falkenfedern ins Schloß; der Kampf wird angeordnet; die Prinzeſſin und der Hof, alles ganz ſchwarz gekleidet, ſehen zu. Die beiden aͤlteſten koͤnnen dem Drachen nichts anhaben und werden zu Stein; nun kommt der juͤngſte daran, der in einem Schlag die ſieben Koͤpfe abhaut: die Prinzeſſin gibt ihm alſo das Lebenswaſſer und, auf ſeine Bitte, den Bruͤdern das Leben wieder.
Die Verwandtſchaft mit dem vorhergehenden Maͤr- chen und dem arabiſchen und ital faͤllt ſogleich in die Augen, eben ſo naͤhert ſich das vom Vogel Phoͤnix (I. 57.) in allen Hauptzuͤgen. Am reinſten iſt die Sage hier in dem Umſtand, daß Lebenswaſſer geſucht wird, um einen alten kranken Koͤnig zu hei- len. (Im trojan. Krieg, den Conrad von Wuͤrzb. be- arbeitete, hat Medea um den alten Vater des Jafon zu verjuͤngen, Waſſer aus dem Paradies (V. 10651) Licht von Gold roth (10658) darin kocht ſie den Zau- bertrank). Das Verſteinen iſt in der paderboͤrn. wie in der arab. Erzaͤhlung Strafe deſſen, der nicht ſiegt. Im plattdeutſchen kommt es eigentlich nicht vor, doch der ſchwarze Hund (denn es ſind ſchwarze Steine in der 100. Nacht) nach welchem man ſich ebenfalls nicht umſehen darf, deutet of- fenbar darauf; er wird auch hernach in einen ſchoͤnen Prinzen, wie jene Steine verwandelt. Zu- gleich gibt dieſes Verſteinen, wozu in der 1001 Nacht kommt, daß die Bruͤder ihrer Schweſter ein Zeichen zuruͤck laſſen, namentlich der aͤlteſte ein Meſſer, das bei ſeinem Leben glaͤnzend, bei ſeinem Tod ſich blutig zeigen wird, eine unleugbare Grundaͤhn- lichkeit und Verbindung mit dem Maͤrchen Nr. 74. im erſten Theil.
12. Doktor Allwiſſend.
(Aus Zwehrn.) Es iſt. auch im plattdeutſchen ein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0339"n="XX"/>
geflogen kommt und jedesmal eine fallen laͤßt. Im<lb/>
Schloß muͤſſen ſie mit einem ſiebenkoͤpfigen Drachen<lb/>
kaͤmpfen, wer ihn nicht in drei Tagen beſiegt, der<lb/>
wird <hirendition="#g">in Stein verwandelt</hi>, wer ihn aber toͤd-<lb/>
tet, bekommt das Waſſer des Lebens. Sie gelangen<lb/>
mit den Falkenfedern ins Schloß; der Kampf wird<lb/>
angeordnet; die Prinzeſſin und der Hof, alles ganz<lb/><hirendition="#g">ſchwarz</hi> gekleidet, ſehen zu. Die beiden aͤlteſten<lb/>
koͤnnen dem Drachen nichts anhaben und werden zu<lb/>
Stein; nun kommt der juͤngſte daran, der in einem<lb/>
Schlag die ſieben Koͤpfe abhaut: die Prinzeſſin gibt<lb/>
ihm alſo das Lebenswaſſer und, auf ſeine Bitte, den<lb/>
Bruͤdern das Leben wieder.</p><lb/><p>Die Verwandtſchaft mit dem vorhergehenden Maͤr-<lb/>
chen und dem arabiſchen und ital faͤllt ſogleich in die<lb/>
Augen, eben ſo naͤhert ſich das vom Vogel Phoͤnix<lb/>
(<hirendition="#aq">I.</hi> 57.) in allen Hauptzuͤgen. Am reinſten iſt die<lb/>
Sage hier in dem Umſtand, daß <hirendition="#g">Lebenswaſſer</hi><lb/>
geſucht wird, um einen alten kranken Koͤnig zu hei-<lb/>
len. (Im trojan. Krieg, den Conrad von Wuͤrzb. be-<lb/>
arbeitete, hat Medea um den alten Vater des Jafon<lb/>
zu verjuͤngen, Waſſer aus dem Paradies (V. 10651)<lb/>
Licht von Gold roth (10658) darin kocht ſie den Zau-<lb/>
bertrank). Das <hirendition="#g">Verſteinen</hi> iſt in der paderboͤrn.<lb/>
wie in der arab. Erzaͤhlung Strafe deſſen, der <hirendition="#g">nicht<lb/>ſiegt</hi>. Im plattdeutſchen kommt es eigentlich nicht<lb/>
vor, doch der <hirendition="#g">ſchwarze</hi> Hund (denn es ſind<lb/><hirendition="#g">ſchwarze</hi> Steine in der 100. Nacht) nach welchem<lb/>
man ſich ebenfalls <hirendition="#g">nicht umſehen</hi> darf, deutet of-<lb/>
fenbar darauf; er wird auch hernach in einen ſchoͤnen<lb/><hirendition="#g">Prinzen</hi>, wie jene Steine <hirendition="#g">verwandelt</hi>. Zu-<lb/>
gleich gibt dieſes Verſteinen, wozu in der 1001 Nacht<lb/>
kommt, daß die Bruͤder ihrer Schweſter ein Zeichen<lb/>
zuruͤck laſſen, namentlich der aͤlteſte ein <hirendition="#g">Meſſer</hi>,<lb/>
das bei ſeinem Leben <hirendition="#g">glaͤnzend</hi>, bei ſeinem Tod<lb/>ſich <hirendition="#g">blutig</hi> zeigen wird, eine unleugbare Grundaͤhn-<lb/>
lichkeit und Verbindung mit dem Maͤrchen Nr. 74. im<lb/>
erſten Theil.</p></div><lb/><divn="2"><head>12.<lb/><hirendition="#g">Doktor Allwiſſend</hi>.</head><lb/><p>(Aus Zwehrn.) Es iſt. auch im plattdeutſchen ein<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[XX/0339]
geflogen kommt und jedesmal eine fallen laͤßt. Im
Schloß muͤſſen ſie mit einem ſiebenkoͤpfigen Drachen
kaͤmpfen, wer ihn nicht in drei Tagen beſiegt, der
wird in Stein verwandelt, wer ihn aber toͤd-
tet, bekommt das Waſſer des Lebens. Sie gelangen
mit den Falkenfedern ins Schloß; der Kampf wird
angeordnet; die Prinzeſſin und der Hof, alles ganz
ſchwarz gekleidet, ſehen zu. Die beiden aͤlteſten
koͤnnen dem Drachen nichts anhaben und werden zu
Stein; nun kommt der juͤngſte daran, der in einem
Schlag die ſieben Koͤpfe abhaut: die Prinzeſſin gibt
ihm alſo das Lebenswaſſer und, auf ſeine Bitte, den
Bruͤdern das Leben wieder.
Die Verwandtſchaft mit dem vorhergehenden Maͤr-
chen und dem arabiſchen und ital faͤllt ſogleich in die
Augen, eben ſo naͤhert ſich das vom Vogel Phoͤnix
(I. 57.) in allen Hauptzuͤgen. Am reinſten iſt die
Sage hier in dem Umſtand, daß Lebenswaſſer
geſucht wird, um einen alten kranken Koͤnig zu hei-
len. (Im trojan. Krieg, den Conrad von Wuͤrzb. be-
arbeitete, hat Medea um den alten Vater des Jafon
zu verjuͤngen, Waſſer aus dem Paradies (V. 10651)
Licht von Gold roth (10658) darin kocht ſie den Zau-
bertrank). Das Verſteinen iſt in der paderboͤrn.
wie in der arab. Erzaͤhlung Strafe deſſen, der nicht
ſiegt. Im plattdeutſchen kommt es eigentlich nicht
vor, doch der ſchwarze Hund (denn es ſind
ſchwarze Steine in der 100. Nacht) nach welchem
man ſich ebenfalls nicht umſehen darf, deutet of-
fenbar darauf; er wird auch hernach in einen ſchoͤnen
Prinzen, wie jene Steine verwandelt. Zu-
gleich gibt dieſes Verſteinen, wozu in der 1001 Nacht
kommt, daß die Bruͤder ihrer Schweſter ein Zeichen
zuruͤck laſſen, namentlich der aͤlteſte ein Meſſer,
das bei ſeinem Leben glaͤnzend, bei ſeinem Tod
ſich blutig zeigen wird, eine unleugbare Grundaͤhn-
lichkeit und Verbindung mit dem Maͤrchen Nr. 74. im
erſten Theil.
12.
Doktor Allwiſſend.
(Aus Zwehrn.) Es iſt. auch im plattdeutſchen ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. XX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/339>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.