Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.84. Hans heirathet. Es war einmal ein junger Bauer, der hieß Hans, dem wollte sein Vetter gern eine reiche Frau werben. Da setzte er den Hans hinter den Ofen und ließ gut einheizen. Dann holte er einen Topf Milch und eine gute Menge Weißbrot, gab ihm einen neugemünzten glänzenden Heller in die Hand und sprach 'Hans, den Heller da halt fest und das Weißbrot, das brocke in die Milch, und bleib da sitzen, und geh mir nicht von der Stelle, bis ich wiederkomme.' 'Ja,' sprach der Hans, 'das will ich alles ausrichten.' Nun zog der Werber ein paar alte verplackte Hosen an, gieng ins andere Dorf zu einer reichen Bauerntochter und sprach 'wollt ihr nicht meinen Vetter Hans heirathen? ihr kriegt einen wackern und gescheidten Mann, der euch gefallen wird.' Fragte der geizige Vater 'wie siehts aus mit seinem Vermögen? hat er auch was einzubrocken?' 'Lieber Freund,' antwortete der Werber, 'mein junger Vetter sitzt warm, hat einen guten schönen Pfennig in der Hand, und hat wohl einzubrocken. Er sollte auch nicht weniger Placken (wie man die Güter nannte) zählen, als ich,' und schlug sich dabei auf seine geplackte Hose. 'Wollt ihr euch die Mühe nehmen mit mir hinzugehen, soll euch zur Stunde gezeigt werden daß alles so ist, wie ich sage.' Da wollte der Geizhals die gute Gelegenheit nicht fahren lassen und sprach 'wenn dem so ist, so habe ich weiter nichts gegen die Heirath.' Nun ward die Hochzeit an dem bestimmten Tag gefeiert, und als die junge Frau ins Feld gehen und die Güter des Bräutigams 84. Hans heirathet. Es war einmal ein junger Bauer, der hieß Hans, dem wollte sein Vetter gern eine reiche Frau werben. Da setzte er den Hans hinter den Ofen und ließ gut einheizen. Dann holte er einen Topf Milch und eine gute Menge Weißbrot, gab ihm einen neugemünzten glänzenden Heller in die Hand und sprach ‘Hans, den Heller da halt fest und das Weißbrot, das brocke in die Milch, und bleib da sitzen, und geh mir nicht von der Stelle, bis ich wiederkomme.’ ‘Ja,’ sprach der Hans, ‘das will ich alles ausrichten.’ Nun zog der Werber ein paar alte verplackte Hosen an, gieng ins andere Dorf zu einer reichen Bauerntochter und sprach ‘wollt ihr nicht meinen Vetter Hans heirathen? ihr kriegt einen wackern und gescheidten Mann, der euch gefallen wird.’ Fragte der geizige Vater ‘wie siehts aus mit seinem Vermögen? hat er auch was einzubrocken?’ ‘Lieber Freund,’ antwortete der Werber, ‘mein junger Vetter sitzt warm, hat einen guten schönen Pfennig in der Hand, und hat wohl einzubrocken. Er sollte auch nicht weniger Placken (wie man die Güter nannte) zählen, als ich,’ und schlug sich dabei auf seine geplackte Hose. ‘Wollt ihr euch die Mühe nehmen mit mir hinzugehen, soll euch zur Stunde gezeigt werden daß alles so ist, wie ich sage.’ Da wollte der Geizhals die gute Gelegenheit nicht fahren lassen und sprach ‘wenn dem so ist, so habe ich weiter nichts gegen die Heirath.’ Nun ward die Hochzeit an dem bestimmten Tag gefeiert, und als die junge Frau ins Feld gehen und die Güter des Bräutigams <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0456" n="423"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">84.<lb/> Hans heirathet.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal ein junger Bauer, der hieß Hans, dem wollte sein Vetter gern eine reiche Frau werben. Da setzte er den Hans hinter den Ofen und ließ gut einheizen. Dann holte er einen Topf Milch und eine gute Menge Weißbrot, gab ihm einen neugemünzten glänzenden Heller in die Hand und sprach ‘Hans, den Heller da halt fest und das Weißbrot, das brocke in die Milch, und bleib da sitzen, und geh mir nicht von der Stelle, bis ich wiederkomme.’ ‘Ja,’ sprach der Hans, ‘das will ich alles ausrichten.’ Nun zog der Werber ein paar alte verplackte Hosen an, gieng ins andere Dorf zu einer reichen Bauerntochter und sprach ‘wollt ihr nicht meinen Vetter Hans heirathen? ihr kriegt einen wackern und gescheidten Mann, der euch gefallen wird.’ Fragte der geizige Vater ‘wie siehts aus mit seinem Vermögen? hat er auch was einzubrocken?’ ‘Lieber Freund,’ antwortete der Werber, ‘mein junger Vetter sitzt warm, hat einen guten schönen Pfennig in der Hand, und hat wohl einzubrocken. Er sollte auch nicht weniger Placken (wie man die Güter nannte) zählen, als ich,’ und schlug sich dabei auf seine geplackte Hose. ‘Wollt ihr euch die Mühe nehmen mit mir hinzugehen, soll euch zur Stunde gezeigt werden daß alles so ist, wie ich sage.’ Da wollte der Geizhals die gute Gelegenheit nicht fahren lassen und sprach ‘wenn dem so ist, so habe ich weiter nichts gegen die Heirath.’</p><lb/> <p>Nun ward die Hochzeit an dem bestimmten Tag gefeiert, und als die junge Frau ins Feld gehen und die Güter des Bräutigams </p> </div> </body> </text> </TEI> [423/0456]
84.
Hans heirathet.
Es war einmal ein junger Bauer, der hieß Hans, dem wollte sein Vetter gern eine reiche Frau werben. Da setzte er den Hans hinter den Ofen und ließ gut einheizen. Dann holte er einen Topf Milch und eine gute Menge Weißbrot, gab ihm einen neugemünzten glänzenden Heller in die Hand und sprach ‘Hans, den Heller da halt fest und das Weißbrot, das brocke in die Milch, und bleib da sitzen, und geh mir nicht von der Stelle, bis ich wiederkomme.’ ‘Ja,’ sprach der Hans, ‘das will ich alles ausrichten.’ Nun zog der Werber ein paar alte verplackte Hosen an, gieng ins andere Dorf zu einer reichen Bauerntochter und sprach ‘wollt ihr nicht meinen Vetter Hans heirathen? ihr kriegt einen wackern und gescheidten Mann, der euch gefallen wird.’ Fragte der geizige Vater ‘wie siehts aus mit seinem Vermögen? hat er auch was einzubrocken?’ ‘Lieber Freund,’ antwortete der Werber, ‘mein junger Vetter sitzt warm, hat einen guten schönen Pfennig in der Hand, und hat wohl einzubrocken. Er sollte auch nicht weniger Placken (wie man die Güter nannte) zählen, als ich,’ und schlug sich dabei auf seine geplackte Hose. ‘Wollt ihr euch die Mühe nehmen mit mir hinzugehen, soll euch zur Stunde gezeigt werden daß alles so ist, wie ich sage.’ Da wollte der Geizhals die gute Gelegenheit nicht fahren lassen und sprach ‘wenn dem so ist, so habe ich weiter nichts gegen die Heirath.’
Nun ward die Hochzeit an dem bestimmten Tag gefeiert, und als die junge Frau ins Feld gehen und die Güter des Bräutigams
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/456>, abgerufen am 18.12.2024. |