Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.77. Das kluge Grethel. Es war eine Köchin, die hieß Grethel, die trug Schuhe mit rothen Absätzen, und wenn sie damit ausgieng, so drehte sie sich hin und her, war ganz fröhlich, und dachte 'du bist doch ein schönes Mädel.' Und wenn sie nach Haus kam, so trank sie aus Fröhlichkeit einen Schluck Wein, und weil der Wein auch Lust zum Essen macht, so versuchte sie das beste, was sie kochte, so lang, bis sie satt war, und sprach 'die Köchin muß wissen wies Essen schmeckt.' Es trug sich zu, daß der Herr einmal zu ihr sagte 'Grethel, heut Abend kommt ein Gast, richte mir zwei Hühner fein wohl zu.' 'Wills schon machen, Herr,' antwortete das Grethel. Nun stachs die Hühner ab, brühte sie, rupfte sie, steckte sie an den Spieß, und brachte sie, wies gegen den Abend gieng, zum Feuer, damit sie braten sollten. Die Hühner fiengen an braun und gahr zu werden, aber der Gast war noch nicht gekommen. Da rief Grethel dem Herrn 'kommt der Gast nicht, so muß ich die Hühner vom Feuer thun, ist aber Jammer und Schade wenn sie nicht bald gegessen werden, wo sie am besten in Saft sind.' Sprach der Herr 'so will ich nur selbst laufen, und den 77. Das kluge Grethel. Es war eine Köchin, die hieß Grethel, die trug Schuhe mit rothen Absätzen, und wenn sie damit ausgieng, so drehte sie sich hin und her, war ganz fröhlich, und dachte ‘du bist doch ein schönes Mädel.’ Und wenn sie nach Haus kam, so trank sie aus Fröhlichkeit einen Schluck Wein, und weil der Wein auch Lust zum Essen macht, so versuchte sie das beste, was sie kochte, so lang, bis sie satt war, und sprach ‘die Köchin muß wissen wies Essen schmeckt.’ Es trug sich zu, daß der Herr einmal zu ihr sagte ‘Grethel, heut Abend kommt ein Gast, richte mir zwei Hühner fein wohl zu.’ ‘Wills schon machen, Herr,’ antwortete das Grethel. Nun stachs die Hühner ab, brühte sie, rupfte sie, steckte sie an den Spieß, und brachte sie, wies gegen den Abend gieng, zum Feuer, damit sie braten sollten. Die Hühner fiengen an braun und gahr zu werden, aber der Gast war noch nicht gekommen. Da rief Grethel dem Herrn ‘kommt der Gast nicht, so muß ich die Hühner vom Feuer thun, ist aber Jammer und Schade wenn sie nicht bald gegessen werden, wo sie am besten in Saft sind.’ Sprach der Herr ‘so will ich nur selbst laufen, und den <TEI> <text> <body> <pb n="466" facs="#f0515"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">77.<lb/> Das kluge Grethel.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s war eine Köchin, die hieß Grethel, die trug Schuhe mit rothen Absätzen, und wenn sie damit ausgieng, so drehte sie sich hin und her, war ganz fröhlich, und dachte ‘du bist doch ein schönes Mädel.’ Und wenn sie nach Haus kam, so trank sie aus Fröhlichkeit einen Schluck Wein, und weil der Wein auch Lust zum Essen macht, so versuchte sie das beste, was sie kochte, so lang, bis sie satt war, und sprach ‘die Köchin muß wissen wies Essen schmeckt.’</p><lb/> <p>Es trug sich zu, daß der Herr einmal zu ihr sagte ‘Grethel, heut Abend kommt ein Gast, richte mir zwei Hühner fein wohl zu.’ ‘Wills schon machen, Herr,’ antwortete das Grethel. Nun stachs die Hühner ab, brühte sie, rupfte sie, steckte sie an den Spieß, und brachte sie, wies gegen den Abend gieng, zum Feuer, damit sie braten sollten. Die Hühner fiengen an braun und gahr zu werden, aber der Gast war noch nicht gekommen. Da rief Grethel dem Herrn ‘kommt der Gast nicht, so muß ich die Hühner vom Feuer thun, ist aber Jammer und Schade wenn sie nicht bald gegessen werden, wo sie am besten in Saft sind.’ Sprach der Herr ‘so will ich nur selbst laufen, und den </p> </div> </body> </text> </TEI> [466/0515]
77.
Das kluge Grethel.
Es war eine Köchin, die hieß Grethel, die trug Schuhe mit rothen Absätzen, und wenn sie damit ausgieng, so drehte sie sich hin und her, war ganz fröhlich, und dachte ‘du bist doch ein schönes Mädel.’ Und wenn sie nach Haus kam, so trank sie aus Fröhlichkeit einen Schluck Wein, und weil der Wein auch Lust zum Essen macht, so versuchte sie das beste, was sie kochte, so lang, bis sie satt war, und sprach ‘die Köchin muß wissen wies Essen schmeckt.’
Es trug sich zu, daß der Herr einmal zu ihr sagte ‘Grethel, heut Abend kommt ein Gast, richte mir zwei Hühner fein wohl zu.’ ‘Wills schon machen, Herr,’ antwortete das Grethel. Nun stachs die Hühner ab, brühte sie, rupfte sie, steckte sie an den Spieß, und brachte sie, wies gegen den Abend gieng, zum Feuer, damit sie braten sollten. Die Hühner fiengen an braun und gahr zu werden, aber der Gast war noch nicht gekommen. Da rief Grethel dem Herrn ‘kommt der Gast nicht, so muß ich die Hühner vom Feuer thun, ist aber Jammer und Schade wenn sie nicht bald gegessen werden, wo sie am besten in Saft sind.’ Sprach der Herr ‘so will ich nur selbst laufen, und den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-07-24T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |