Es war einmal ein Förster, der gieng in den Wald auf die Jagd, und wie er in den Wald kam, hörte er schreien, als obs ein kleines Kind wäre, und gieng dem Schreien nach, da sah er endlich einen hohen Baum, und oben darauf saß ein kleines Kind. Es war aber die Mutter mit dem Kinde unter dem Baum eingeschlafen, und ein Raubvogel hatte das Kind in ihrem Schooße gesehen, da flog er hinzu, nahm es mit seinem Schnabel weg, und setzte es auf den hohen Baum.
Der Förster stieg hinauf, holte das Kind herunter, und dachte 'du willst das Kind mit nach Haus nehmen, und mit deinem Lenchen zusammen aufziehn,' und brachte es heim, und die zwei Kinder wuchsen mit einander auf. Das aber, das auf dem Baum gefunden worden war, und weil es ein Vogel weggetragen hatte, wurde Fundevogel geheißen. Fundevogel und Lenchen hatten sich so lieb, nein so lieb, daß wenn eins das andere nicht sah, wurde es traurig.
Der Förster hatte aber eine alte Köchin, die nahm eines Abends zwei Eimer, und fieng an Wasser zu schleppen, und gieng nicht einmal sondern vielemal hinaus an den Brunnen,
51. Fundevogel.
Es war einmal ein Förster, der gieng in den Wald auf die Jagd, und wie er in den Wald kam, hörte er schreien, als obs ein kleines Kind wäre, und gieng dem Schreien nach, da sah er endlich einen hohen Baum, und oben darauf saß ein kleines Kind. Es war aber die Mutter mit dem Kinde unter dem Baum eingeschlafen, und ein Raubvogel hatte das Kind in ihrem Schooße gesehen, da flog er hinzu, nahm es mit seinem Schnabel weg, und setzte es auf den hohen Baum.
Der Förster stieg hinauf, holte das Kind herunter, und dachte ‘du willst das Kind mit nach Haus nehmen, und mit deinem Lenchen zusammen aufziehn,’ und brachte es heim, und die zwei Kinder wuchsen mit einander auf. Das aber, das auf dem Baum gefunden worden war, und weil es ein Vogel weggetragen hatte, wurde Fundevogel geheißen. Fundevogel und Lenchen hatten sich so lieb, nein so lieb, daß wenn eins das andere nicht sah, wurde es traurig.
Der Förster hatte aber eine alte Köchin, die nahm eines Abends zwei Eimer, und fieng an Wasser zu schleppen, und gieng nicht einmal sondern vielemal hinaus an den Brunnen,
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51.
Fundevogel.
Es war einmal ein Förster, der gieng in den Wald auf die Jagd, und wie er in den Wald kam, hörte er schreien, als obs ein kleines Kind wäre, und gieng dem Schreien nach, da sah er endlich einen hohen Baum, und oben darauf saß ein kleines Kind. Es war aber die Mutter mit dem Kinde unter dem Baum eingeschlafen, und ein Raubvogel hatte das Kind in ihrem Schooße gesehen, da flog er hinzu, nahm es mit seinem Schnabel weg, und setzte es auf den hohen Baum.
Der Förster stieg hinauf, holte das Kind herunter, und dachte ‘du willst das Kind mit nach Haus nehmen, und mit deinem Lenchen zusammen aufziehn,’ und brachte es heim, und die zwei Kinder wuchsen mit einander auf. Das aber, das auf dem Baum gefunden worden war, und weil es ein Vogel weggetragen hatte, wurde Fundevogel geheißen. Fundevogel und Lenchen hatten sich so lieb, nein so lieb, daß wenn eins das andere nicht sah, wurde es traurig.
Der Förster hatte aber eine alte Köchin, die nahm eines Abends zwei Eimer, und fieng an Wasser zu schleppen, und gieng nicht einmal sondern vielemal hinaus an den Brunnen,
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/352>, abgerufen am 21.02.2025.
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