Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.72. Der Wolf und der Mensch. Der Fuchs erzählte einmal dem Wolf von der Stärke des Menschen, kein Thier könnte ihm widerstehen, und sie müßten List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf 'wenn ich nur einmal einen Menschen zu sehen bekäme, ich wollte doch auf ihn losgehen.' 'Dazu kann ich dir helfen,' sprach der Fuchs, 'komm nur morgen früh zu mir, so will ich dir deinen zeigen.' Der Wolf stellte sich frühzeitig ein, und der Fuchs brachte ihn hinaus auf den Weg, wo der Jäger alle Tage herkam. Zuerst kam ein alter abgedankter Soldat. 'Jst das ein Mensch?' fragte der Wolf. 'Nein,' antwortete der Fuchs, 'das ist einer gewesen.' Danach kam ein kleiner Knabe, der zur Schule wollte. 'Jst das ein Mensch?' 'Nein, das will erst einer werden.' Endlich kam der Jäger, die Doppelflinte auf dem Rücken, und den Hirschfänger an der Seite. Sprach der Fuchs zum Wolf 'siehst du, dort kommt ein Mensch, auf den mußt du losgehen, ich aber will mich fort in meine Höhle machen.' Der Wolf gieng nun auf den Menschen los, der Jäger, als er ihn erblickte, sprach 'es ist Schade, daß ich keine Kugel geladen habe,' legte an, und schoß dem Wolf das Schrot ins Gesicht. 72. Der Wolf und der Mensch. Der Fuchs erzaͤhlte einmal dem Wolf von der Staͤrke des Menschen, kein Thier koͤnnte ihm widerstehen, und sie muͤßten List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf ‘wenn ich nur einmal einen Menschen zu sehen bekaͤme, ich wollte doch auf ihn losgehen.’ ‘Dazu kann ich dir helfen,’ sprach der Fuchs, ‘komm nur morgen fruͤh zu mir, so will ich dir deinen zeigen.’ Der Wolf stellte sich fruͤhzeitig ein, und der Fuchs brachte ihn hinaus auf den Weg, wo der Jaͤger alle Tage herkam. Zuerst kam ein alter abgedankter Soldat. ‘Jst das ein Mensch?’ fragte der Wolf. ‘Nein,’ antwortete der Fuchs, ‘das ist einer gewesen.’ Danach kam ein kleiner Knabe, der zur Schule wollte. ‘Jst das ein Mensch?’ ‘Nein, das will erst einer werden.’ Endlich kam der Jaͤger, die Doppelflinte auf dem Ruͤcken, und den Hirschfaͤnger an der Seite. Sprach der Fuchs zum Wolf ‘siehst du, dort kommt ein Mensch, auf den mußt du losgehen, ich aber will mich fort in meine Hoͤhle machen.’ Der Wolf gieng nun auf den Menschen los, der Jaͤger, als er ihn erblickte, sprach ‘es ist Schade, daß ich keine Kugel geladen habe,’ legte an, und schoß dem Wolf das Schrot ins Gesicht. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0481" n="450"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">72.<lb/> Der Wolf und der Mensch.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>er Fuchs erzaͤhlte einmal dem Wolf von der Staͤrke des Menschen, kein Thier koͤnnte ihm widerstehen, und sie muͤßten List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf ‘wenn ich nur einmal einen Menschen zu sehen bekaͤme, ich wollte doch auf ihn losgehen.’ ‘Dazu kann ich dir helfen,’ sprach der Fuchs, ‘komm nur morgen fruͤh zu mir, so will ich dir deinen zeigen.’ Der Wolf stellte sich fruͤhzeitig ein, und der Fuchs brachte ihn hinaus auf den Weg, wo der Jaͤger alle Tage herkam. Zuerst kam ein alter abgedankter Soldat. ‘Jst das ein Mensch?’ fragte der Wolf. ‘Nein,’ antwortete der Fuchs, ‘das ist einer gewesen.’ Danach kam ein kleiner Knabe, der zur Schule wollte. ‘Jst das ein Mensch?’ ‘Nein, das will erst einer werden.’ Endlich kam der Jaͤger, die Doppelflinte auf dem Ruͤcken, und den Hirschfaͤnger an der Seite. Sprach der Fuchs zum Wolf ‘siehst du, dort kommt ein Mensch, auf den mußt du losgehen, ich aber will mich fort in meine Hoͤhle machen.’ Der Wolf gieng nun auf den Menschen los, der Jaͤger, als er ihn erblickte, sprach ‘es ist Schade, daß ich keine Kugel geladen habe,’ legte an, und schoß dem Wolf das Schrot ins Gesicht. </p> </div> </body> </text> </TEI> [450/0481]
72.
Der Wolf und der Mensch.
Der Fuchs erzaͤhlte einmal dem Wolf von der Staͤrke des Menschen, kein Thier koͤnnte ihm widerstehen, und sie muͤßten List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf ‘wenn ich nur einmal einen Menschen zu sehen bekaͤme, ich wollte doch auf ihn losgehen.’ ‘Dazu kann ich dir helfen,’ sprach der Fuchs, ‘komm nur morgen fruͤh zu mir, so will ich dir deinen zeigen.’ Der Wolf stellte sich fruͤhzeitig ein, und der Fuchs brachte ihn hinaus auf den Weg, wo der Jaͤger alle Tage herkam. Zuerst kam ein alter abgedankter Soldat. ‘Jst das ein Mensch?’ fragte der Wolf. ‘Nein,’ antwortete der Fuchs, ‘das ist einer gewesen.’ Danach kam ein kleiner Knabe, der zur Schule wollte. ‘Jst das ein Mensch?’ ‘Nein, das will erst einer werden.’ Endlich kam der Jaͤger, die Doppelflinte auf dem Ruͤcken, und den Hirschfaͤnger an der Seite. Sprach der Fuchs zum Wolf ‘siehst du, dort kommt ein Mensch, auf den mußt du losgehen, ich aber will mich fort in meine Hoͤhle machen.’ Der Wolf gieng nun auf den Menschen los, der Jaͤger, als er ihn erblickte, sprach ‘es ist Schade, daß ich keine Kugel geladen habe,’ legte an, und schoß dem Wolf das Schrot ins Gesicht.
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