Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
26.
Rothkäppchen.

Es war einmal eine kleine süße Dirne, die hatte jedermann lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wußte gar nicht, was sie alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rothem Sammet, und weil ihm das so wohl stand, und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur das Rothkäppchen. Da sagte einmal seine Mutter zu ihm: 'komm, Rothkäppchen, da hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein, die bring der Großmutter hinaus: weil sie krank und schwach ist, wird sie sich daran laben; sey aber hübsch artig und grüß sie von mir, geh auch ordentlich, und lauf nicht vom Weg ab, sonst fällst du, und zerbrichst das Glas, dann hat die kranke Großmutter nichts.'

Rothkäppchen sagte 'ich will schon alles gut ausrichten', und gab der Mutter die Hand darauf. Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rothkäppchen in den Wald kam, begegnete ihm der Wolf. Rothkäppchen aber wußte nicht was das für ein böses Thier war, und fürchtete sich nicht vor ihm. 'Guten Tag, Rothkäppchen,' sprach er. 'Schönen Dank, Wolf.' 'Wo hinaus so früh, Rothkäppchen?'

26.
Rothkaͤppchen.

Es war einmal eine kleine suͤße Dirne, die hatte jedermann lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wußte gar nicht, was sie alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Kaͤppchen von rothem Sammet, und weil ihm das so wohl stand, und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur das Rothkaͤppchen. Da sagte einmal seine Mutter zu ihm: ‘komm, Rothkaͤppchen, da hast du ein Stuͤck Kuchen und eine Flasche Wein, die bring der Großmutter hinaus: weil sie krank und schwach ist, wird sie sich daran laben; sey aber huͤbsch artig und gruͤß sie von mir, geh auch ordentlich, und lauf nicht vom Weg ab, sonst faͤllst du, und zerbrichst das Glas, dann hat die kranke Großmutter nichts.’

Rothkaͤppchen sagte ‘ich will schon alles gut ausrichten’, und gab der Mutter die Hand darauf. Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rothkaͤppchen in den Wald kam, begegnete ihm der Wolf. Rothkaͤppchen aber wußte nicht was das fuͤr ein boͤses Thier war, und fuͤrchtete sich nicht vor ihm. ‘Guten Tag, Rothkaͤppchen,’ sprach er. ‘Schoͤnen Dank, Wolf.’ ‘Wo hinaus so fruͤh, Rothkaͤppchen?’

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0194" n="161"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">26.<lb/>
Rothka&#x0364;ppchen.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal eine kleine su&#x0364;ße Dirne, die hatte jedermann lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wußte gar nicht, was sie alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Ka&#x0364;ppchen von rothem Sammet, und weil ihm das so wohl stand, und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur das Rothka&#x0364;ppchen. Da sagte einmal seine Mutter zu ihm: &#x2018;komm, Rothka&#x0364;ppchen, da hast du ein Stu&#x0364;ck Kuchen und eine Flasche Wein, die bring der Großmutter hinaus: weil sie krank und schwach ist, wird sie sich daran laben; sey aber hu&#x0364;bsch artig und gru&#x0364;ß sie von mir, geh auch ordentlich, und lauf nicht vom Weg ab, sonst fa&#x0364;llst du, und zerbrichst das Glas, dann hat die kranke Großmutter nichts.&#x2019;</p><lb/>
        <p>Rothka&#x0364;ppchen sagte &#x2018;ich will schon alles gut ausrichten&#x2019;, und gab der Mutter die Hand darauf. Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rothka&#x0364;ppchen in den Wald kam, begegnete ihm der Wolf. Rothka&#x0364;ppchen aber wußte nicht was das fu&#x0364;r ein bo&#x0364;ses Thier war, und fu&#x0364;rchtete sich nicht vor ihm. &#x2018;Guten Tag, Rothka&#x0364;ppchen,&#x2019; sprach er. &#x2018;Scho&#x0364;nen Dank, Wolf.&#x2019; &#x2018;Wo hinaus so fru&#x0364;h, Rothka&#x0364;ppchen?&#x2019;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0194] 26. Rothkaͤppchen. Es war einmal eine kleine suͤße Dirne, die hatte jedermann lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wußte gar nicht, was sie alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Kaͤppchen von rothem Sammet, und weil ihm das so wohl stand, und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur das Rothkaͤppchen. Da sagte einmal seine Mutter zu ihm: ‘komm, Rothkaͤppchen, da hast du ein Stuͤck Kuchen und eine Flasche Wein, die bring der Großmutter hinaus: weil sie krank und schwach ist, wird sie sich daran laben; sey aber huͤbsch artig und gruͤß sie von mir, geh auch ordentlich, und lauf nicht vom Weg ab, sonst faͤllst du, und zerbrichst das Glas, dann hat die kranke Großmutter nichts.’ Rothkaͤppchen sagte ‘ich will schon alles gut ausrichten’, und gab der Mutter die Hand darauf. Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rothkaͤppchen in den Wald kam, begegnete ihm der Wolf. Rothkaͤppchen aber wußte nicht was das fuͤr ein boͤses Thier war, und fuͤrchtete sich nicht vor ihm. ‘Guten Tag, Rothkaͤppchen,’ sprach er. ‘Schoͤnen Dank, Wolf.’ ‘Wo hinaus so fruͤh, Rothkaͤppchen?’

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/194
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/194>, abgerufen am 18.11.2024.