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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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24.
Frau Holle.

Eine Wittwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere häßlich und faul. Sie hatte aber die häßliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit thun, und der Aschenputtel im Hause seyn. Das arme Mädchen mußte sich täglich hinaus auf die große Straße bei einem Brunnen setzen, und so viel spinnen, daß ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, daß die Spuhle einmal ganz blutig war, da bückte es sich damit in den Brunnen, und wollte sie abwaschen: sie sprang ihm aber aus der Hand, und fiel hinab. Es weinte, lief zur Stiefmutter, und erzählte ihr das Unglück: sie schalt es heftig, und war so unbarmherzig, daß sie sprach 'hast du die Spuhle hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf.' Da gieng das Mädchen zu dem Brunnen zurück, und wußte nicht was es anfangen sollte, und sprang in seiner Angst in den Brunnen hinein. Als es erwachte, und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schönen Wiese, da schien die Sonne, und waren viel tausend Blumen. Auf der Wiese gieng es fort,

24.
Frau Holle.

Eine Wittwe hatte zwei Toͤchter, davon war die eine schoͤn und fleißig, die andere haͤßlich und faul. Sie hatte aber die haͤßliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit thun, und der Aschenputtel im Hause seyn. Das arme Maͤdchen mußte sich taͤglich hinaus auf die große Straße bei einem Brunnen setzen, und so viel spinnen, daß ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, daß die Spuhle einmal ganz blutig war, da buͤckte es sich damit in den Brunnen, und wollte sie abwaschen: sie sprang ihm aber aus der Hand, und fiel hinab. Es weinte, lief zur Stiefmutter, und erzaͤhlte ihr das Ungluͤck: sie schalt es heftig, und war so unbarmherzig, daß sie sprach ‘hast du die Spuhle hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf.’ Da gieng das Maͤdchen zu dem Brunnen zuruͤck, und wußte nicht was es anfangen sollte, und sprang in seiner Angst in den Brunnen hinein. Als es erwachte, und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schoͤnen Wiese, da schien die Sonne, und waren viel tausend Blumen. Auf der Wiese gieng es fort,

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[154/0185] 24. Frau Holle. Eine Wittwe hatte zwei Toͤchter, davon war die eine schoͤn und fleißig, die andere haͤßlich und faul. Sie hatte aber die haͤßliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit thun, und der Aschenputtel im Hause seyn. Das arme Maͤdchen mußte sich taͤglich hinaus auf die große Straße bei einem Brunnen setzen, und so viel spinnen, daß ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, daß die Spuhle einmal ganz blutig war, da buͤckte es sich damit in den Brunnen, und wollte sie abwaschen: sie sprang ihm aber aus der Hand, und fiel hinab. Es weinte, lief zur Stiefmutter, und erzaͤhlte ihr das Ungluͤck: sie schalt es heftig, und war so unbarmherzig, daß sie sprach ‘hast du die Spuhle hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf.’ Da gieng das Maͤdchen zu dem Brunnen zuruͤck, und wußte nicht was es anfangen sollte, und sprang in seiner Angst in den Brunnen hinein. Als es erwachte, und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schoͤnen Wiese, da schien die Sonne, und waren viel tausend Blumen. Auf der Wiese gieng es fort,

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/185>, abgerufen am 18.12.2024.