Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.85.
Die Goldkinder. Es war ein armer Mann und eine arme Frau, die hatten nichts als eine kleine Hütte und nährten sich vom Fischfang und es ging bei ihnen von Hand zu Mund. Es geschah aber, daß der Mann, als er einmal beim Wasser saß und sein Netz auswarf, einen Fisch herauszog, der ganz golden war. Und als er den Fisch voll Verwunderung betrachtete, hub dieser an zu reden und sprach: "hör, Fischer, wirfst du mich wieder hinab ins Wasser, so mach ich deine kleine Hütte zu einem prächtigen Schloß." Da antwortete der Fischer: "was hilft mir ein Schloß, wenn ich nichts zu essen habe!" Sprach der Goldfisch weiter: "dafür soll auch gesorgt seyn, es wird ein Schrank im Schloß seyn, wenn du den aufschließest, so stehen Schüsseln darin mit Gesottenem und Gebratenem so viel du dir wünschest." " Wenn das ist, sprach der Mann, so kann ich dir wohl den Gefallen thun;" "ja, sagte der Fisch, es ist aber die Bedingung dabei, daß du keinem Menschen auf der Welt, wer es auch immer seyn mag, entdeckst, woher dein Glück gekommen; sprichst du ein einziges Wort, so ist alles vorbei." Nun warf der Mann den wunderbaren Fisch wieder ins Wasser und ging heim. Wo aber sonst seine Hütte gestanden, da stand jetzt ein großes Schloß. Da machte er ein paar Augen, trat hinein und sah seine Frau, mit schönen Kleidern geputzt, in einer prächtigen Stube sitzen. Sie war ganz vergnügt und sprach: 85.
Die Goldkinder. Es war ein armer Mann und eine arme Frau, die hatten nichts als eine kleine Huͤtte und naͤhrten sich vom Fischfang und es ging bei ihnen von Hand zu Mund. Es geschah aber, daß der Mann, als er einmal beim Wasser saß und sein Netz auswarf, einen Fisch herauszog, der ganz golden war. Und als er den Fisch voll Verwunderung betrachtete, hub dieser an zu reden und sprach: „hoͤr, Fischer, wirfst du mich wieder hinab ins Wasser, so mach ich deine kleine Huͤtte zu einem praͤchtigen Schloß.“ Da antwortete der Fischer: „was hilft mir ein Schloß, wenn ich nichts zu essen habe!“ Sprach der Goldfisch weiter: „dafuͤr soll auch gesorgt seyn, es wird ein Schrank im Schloß seyn, wenn du den aufschließest, so stehen Schuͤsseln darin mit Gesottenem und Gebratenem so viel du dir wuͤnschest.“ „ Wenn das ist, sprach der Mann, so kann ich dir wohl den Gefallen thun;“ „ja, sagte der Fisch, es ist aber die Bedingung dabei, daß du keinem Menschen auf der Welt, wer es auch immer seyn mag, entdeckst, woher dein Gluͤck gekommen; sprichst du ein einziges Wort, so ist alles vorbei.“ Nun warf der Mann den wunderbaren Fisch wieder ins Wasser und ging heim. Wo aber sonst seine Huͤtte gestanden, da stand jetzt ein großes Schloß. Da machte er ein paar Augen, trat hinein und sah seine Frau, mit schoͤnen Kleidern geputzt, in einer praͤchtigen Stube sitzen. Sie war ganz vergnuͤgt und sprach: <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0496" n="432"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">85.<lb/> Die Goldkinder.</hi> </head><lb/> <p>Es war ein armer Mann und eine arme Frau, die hatten nichts als eine kleine Huͤtte und naͤhrten sich vom Fischfang und es ging bei ihnen von Hand zu Mund. Es geschah aber, daß der Mann, als er einmal beim Wasser saß und sein Netz auswarf, einen Fisch herauszog, der ganz golden war. Und als er den Fisch voll Verwunderung betrachtete, hub dieser an zu reden und sprach: „hoͤr, Fischer, wirfst du mich wieder hinab ins Wasser, so mach ich deine kleine Huͤtte zu einem praͤchtigen Schloß.“ Da antwortete der Fischer: „was hilft mir ein Schloß, wenn ich nichts zu essen habe!“ Sprach der Goldfisch weiter: „dafuͤr soll auch gesorgt seyn, es wird ein Schrank im Schloß seyn, wenn du den aufschließest, so stehen Schuͤsseln darin mit Gesottenem und Gebratenem so viel du dir wuͤnschest.“ „ Wenn das ist, sprach der Mann, so kann ich dir wohl den Gefallen thun;“ „ja, sagte der Fisch, es ist aber die Bedingung dabei, daß du keinem Menschen auf der Welt, wer es auch immer seyn mag, entdeckst, woher dein Gluͤck gekommen; sprichst du ein einziges Wort, so ist alles vorbei.“</p><lb/> <p>Nun warf der Mann den wunderbaren Fisch wieder ins Wasser und ging heim. Wo aber sonst seine Huͤtte gestanden, da stand jetzt ein großes Schloß. Da machte er ein paar Augen, trat hinein und sah seine Frau, mit schoͤnen Kleidern geputzt, in einer praͤchtigen Stube sitzen. Sie war ganz vergnuͤgt und sprach: </p> </div> </body> </text> </TEI> [432/0496]
85.
Die Goldkinder.
Es war ein armer Mann und eine arme Frau, die hatten nichts als eine kleine Huͤtte und naͤhrten sich vom Fischfang und es ging bei ihnen von Hand zu Mund. Es geschah aber, daß der Mann, als er einmal beim Wasser saß und sein Netz auswarf, einen Fisch herauszog, der ganz golden war. Und als er den Fisch voll Verwunderung betrachtete, hub dieser an zu reden und sprach: „hoͤr, Fischer, wirfst du mich wieder hinab ins Wasser, so mach ich deine kleine Huͤtte zu einem praͤchtigen Schloß.“ Da antwortete der Fischer: „was hilft mir ein Schloß, wenn ich nichts zu essen habe!“ Sprach der Goldfisch weiter: „dafuͤr soll auch gesorgt seyn, es wird ein Schrank im Schloß seyn, wenn du den aufschließest, so stehen Schuͤsseln darin mit Gesottenem und Gebratenem so viel du dir wuͤnschest.“ „ Wenn das ist, sprach der Mann, so kann ich dir wohl den Gefallen thun;“ „ja, sagte der Fisch, es ist aber die Bedingung dabei, daß du keinem Menschen auf der Welt, wer es auch immer seyn mag, entdeckst, woher dein Gluͤck gekommen; sprichst du ein einziges Wort, so ist alles vorbei.“
Nun warf der Mann den wunderbaren Fisch wieder ins Wasser und ging heim. Wo aber sonst seine Huͤtte gestanden, da stand jetzt ein großes Schloß. Da machte er ein paar Augen, trat hinein und sah seine Frau, mit schoͤnen Kleidern geputzt, in einer praͤchtigen Stube sitzen. Sie war ganz vergnuͤgt und sprach:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |