Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite
73.
Der Wolf und der Fuchs.

Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mußte der Fuchs thun, weil er der schwächste war, und der Fuchs wär gern des Herrn losgewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf: "Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich." Da antwortete der Fuchs: "ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar junge Lämmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen." Der Wolf wars zufrieden, und sie gingen hin und der Fuchs stahl das Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, er war aber damit nicht zufrieden, sondern wollte das andere auch haben und ging es zu holen, weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Lämmlein gewahr und fing an entsetzlich zu schreien und zu bläen, daß die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf, und schlugen ihn so erbärmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. "Du hast mich schön angeführt, sprach er, ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und weich geschlagen." Der Fuchs antwortete: "warum bist du so ein Nimmersatt."

Am andern Tag gingen sie wieder im Feld, sprach der Wolf auch wieder zum Fuchs: "Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich." Da antwortete der Fuchs: "ich weiß ein Bauernhaus, da backt die Frau heut Abend Pfannkuchen, wir

73.
Der Wolf und der Fuchs.

Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mußte der Fuchs thun, weil er der schwaͤchste war, und der Fuchs waͤr gern des Herrn losgewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf: „Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich.“ Da antwortete der Fuchs: „ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar junge Laͤmmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen.“ Der Wolf wars zufrieden, und sie gingen hin und der Fuchs stahl das Laͤmmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, er war aber damit nicht zufrieden, sondern wollte das andere auch haben und ging es zu holen, weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Laͤmmlein gewahr und fing an entsetzlich zu schreien und zu blaͤen, daß die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf, und schlugen ihn so erbaͤrmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. „Du hast mich schoͤn angefuͤhrt, sprach er, ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und weich geschlagen.“ Der Fuchs antwortete: „warum bist du so ein Nimmersatt.“

Am andern Tag gingen sie wieder im Feld, sprach der Wolf auch wieder zum Fuchs: „Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich.“ Da antwortete der Fuchs: „ich weiß ein Bauernhaus, da backt die Frau heut Abend Pfannkuchen, wir

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0451" n="387"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">73.<lb/>
Der Wolf und der Fuchs.</hi> </head><lb/>
        <p>Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mußte der Fuchs thun, weil er der schwa&#x0364;chste war, und der Fuchs wa&#x0364;r gern des Herrn losgewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf: &#x201E;Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich.&#x201C; Da antwortete der Fuchs: &#x201E;ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar junge La&#x0364;mmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen.&#x201C; Der Wolf wars zufrieden, und sie gingen hin und der Fuchs stahl das La&#x0364;mmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, er war aber damit nicht zufrieden, sondern wollte das andere auch haben und ging es zu holen, weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom La&#x0364;mmlein gewahr und fing an entsetzlich zu schreien und zu bla&#x0364;en, daß die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf, und schlugen ihn so erba&#x0364;rmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. &#x201E;Du hast mich scho&#x0364;n angefu&#x0364;hrt, sprach er, ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und weich geschlagen.&#x201C; Der Fuchs antwortete: &#x201E;warum bist du so ein Nimmersatt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Am andern Tag gingen sie wieder im Feld, sprach der Wolf auch wieder zum Fuchs: &#x201E;Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich.&#x201C; Da antwortete der Fuchs: &#x201E;ich weiß ein Bauernhaus, da backt die Frau heut Abend Pfannkuchen, wir
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387/0451] 73. Der Wolf und der Fuchs. Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mußte der Fuchs thun, weil er der schwaͤchste war, und der Fuchs waͤr gern des Herrn losgewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf: „Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich.“ Da antwortete der Fuchs: „ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar junge Laͤmmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen.“ Der Wolf wars zufrieden, und sie gingen hin und der Fuchs stahl das Laͤmmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, er war aber damit nicht zufrieden, sondern wollte das andere auch haben und ging es zu holen, weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Laͤmmlein gewahr und fing an entsetzlich zu schreien und zu blaͤen, daß die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf, und schlugen ihn so erbaͤrmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. „Du hast mich schoͤn angefuͤhrt, sprach er, ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und weich geschlagen.“ Der Fuchs antwortete: „warum bist du so ein Nimmersatt.“ Am andern Tag gingen sie wieder im Feld, sprach der Wolf auch wieder zum Fuchs: „Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich.“ Da antwortete der Fuchs: „ich weiß ein Bauernhaus, da backt die Frau heut Abend Pfannkuchen, wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/451
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/451>, abgerufen am 22.12.2024.