Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

das ist zu gelind, der soll viel mörderlicher sterben, ich will ihn verschlingen!" und verschlingt ihn auf einmal. Der Sperling aber fängt an in seinem Leibe zu flattern, flattert wieder herauf, dem Mann in den Mund, da streckt er den Kopf heraus und ruft: "Fuhrmann, es kostet dir doch dein Leben!" Der Fuhrmann reicht seiner Frau die Hacke und spricht: "Frau, schlag mir den Vogel im Munde tod." Die Frau schlägt zu, schlägt aber fehl und dem Fuhrmann gerade auf den Kopf, so daß er todt hinfällt. Der Sperling aber fliegt auf und davon.

59.
Der Frieder und das Catherlieschen.

Es war ein Mann, der hieß Frieder, und eine Frau, die hieß Catherlieschen, die hatten einander geheirathet und lebten zusammen als junge Eheleute. Eines Tages sprach der Frieder: "ich will jetzt zu Acker, Catherlieschen, wann ich wiederkomme, muß etwas Gebratenes auf dem Tisch stehen für den Hunger und ein frischer Trunk dabei für den Durst." "Geh nur, Friederchen, antwortete die Catherlies, geh nur, will dir's schon recht machen." Als nun die Essenszeit herbeirückte, holte sie eine Wurst aus dem Schornstein, that sie in eine Bratpfanne, legte Butter dazu und stellte sie übers Feuer. Die Wurst fing an zu braten und zu brutzeln, Catherlieschen stand dabei, hielt den Pfannenstiel und hatte so seine Gedanken, da fiel ihm ein: bis die Wurst fertig wird, derweil könntest du ja im Keller den Trunk

das ist zu gelind, der soll viel moͤrderlicher sterben, ich will ihn verschlingen!“ und verschlingt ihn auf einmal. Der Sperling aber faͤngt an in seinem Leibe zu flattern, flattert wieder herauf, dem Mann in den Mund, da streckt er den Kopf heraus und ruft: „Fuhrmann, es kostet dir doch dein Leben!“ Der Fuhrmann reicht seiner Frau die Hacke und spricht: „Frau, schlag mir den Vogel im Munde tod.“ Die Frau schlaͤgt zu, schlaͤgt aber fehl und dem Fuhrmann gerade auf den Kopf, so daß er todt hinfaͤllt. Der Sperling aber fliegt auf und davon.

59.
Der Frieder und das Catherlieschen.

Es war ein Mann, der hieß Frieder, und eine Frau, die hieß Catherlieschen, die hatten einander geheirathet und lebten zusammen als junge Eheleute. Eines Tages sprach der Frieder: „ich will jetzt zu Acker, Catherlieschen, wann ich wiederkomme, muß etwas Gebratenes auf dem Tisch stehen fuͤr den Hunger und ein frischer Trunk dabei fuͤr den Durst.“ „Geh nur, Friederchen, antwortete die Catherlies, geh nur, will dir’s schon recht machen.“ Als nun die Essenszeit herbeiruͤckte, holte sie eine Wurst aus dem Schornstein, that sie in eine Bratpfanne, legte Butter dazu und stellte sie uͤbers Feuer. Die Wurst fing an zu braten und zu brutzeln, Catherlieschen stand dabei, hielt den Pfannenstiel und hatte so seine Gedanken, da fiel ihm ein: bis die Wurst fertig wird, derweil koͤnntest du ja im Keller den Trunk

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0365" n="301"/>
das ist zu gelind, der soll viel mo&#x0364;rderlicher sterben, ich will ihn verschlingen!&#x201C; und verschlingt ihn auf einmal. Der Sperling aber fa&#x0364;ngt an in seinem Leibe zu flattern, flattert wieder herauf, dem Mann in den Mund, da streckt er den Kopf heraus und ruft: &#x201E;Fuhrmann, es kostet dir doch dein Leben!&#x201C; Der Fuhrmann reicht seiner Frau die Hacke und spricht: &#x201E;Frau, schlag mir den Vogel im Munde tod.&#x201C; Die Frau schla&#x0364;gt zu, schla&#x0364;gt aber fehl und dem Fuhrmann gerade auf den Kopf, so daß er todt hinfa&#x0364;llt. Der Sperling aber fliegt auf und davon.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">59.<lb/>
Der Frieder und das Catherlieschen.</hi> </head><lb/>
        <p>Es war ein Mann, der hieß Frieder, und eine Frau, die hieß Catherlieschen, die hatten einander geheirathet und lebten zusammen als junge Eheleute. Eines Tages sprach der Frieder: &#x201E;ich will jetzt zu Acker, Catherlieschen, wann ich wiederkomme, muß etwas Gebratenes auf dem Tisch stehen fu&#x0364;r den Hunger und ein frischer Trunk dabei fu&#x0364;r den Durst.&#x201C; &#x201E;Geh nur, Friederchen, antwortete die Catherlies, geh nur, will dir&#x2019;s schon recht machen.&#x201C; Als nun die Essenszeit herbeiru&#x0364;ckte, holte sie eine Wurst aus dem Schornstein, that sie in eine Bratpfanne, legte Butter dazu und stellte sie u&#x0364;bers Feuer. Die Wurst fing an zu braten und zu brutzeln, Catherlieschen stand dabei, hielt den Pfannenstiel und hatte so seine Gedanken, da fiel ihm ein: bis die Wurst fertig wird, derweil ko&#x0364;nntest du ja im Keller den Trunk
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0365] das ist zu gelind, der soll viel moͤrderlicher sterben, ich will ihn verschlingen!“ und verschlingt ihn auf einmal. Der Sperling aber faͤngt an in seinem Leibe zu flattern, flattert wieder herauf, dem Mann in den Mund, da streckt er den Kopf heraus und ruft: „Fuhrmann, es kostet dir doch dein Leben!“ Der Fuhrmann reicht seiner Frau die Hacke und spricht: „Frau, schlag mir den Vogel im Munde tod.“ Die Frau schlaͤgt zu, schlaͤgt aber fehl und dem Fuhrmann gerade auf den Kopf, so daß er todt hinfaͤllt. Der Sperling aber fliegt auf und davon. 59. Der Frieder und das Catherlieschen. Es war ein Mann, der hieß Frieder, und eine Frau, die hieß Catherlieschen, die hatten einander geheirathet und lebten zusammen als junge Eheleute. Eines Tages sprach der Frieder: „ich will jetzt zu Acker, Catherlieschen, wann ich wiederkomme, muß etwas Gebratenes auf dem Tisch stehen fuͤr den Hunger und ein frischer Trunk dabei fuͤr den Durst.“ „Geh nur, Friederchen, antwortete die Catherlies, geh nur, will dir’s schon recht machen.“ Als nun die Essenszeit herbeiruͤckte, holte sie eine Wurst aus dem Schornstein, that sie in eine Bratpfanne, legte Butter dazu und stellte sie uͤbers Feuer. Die Wurst fing an zu braten und zu brutzeln, Catherlieschen stand dabei, hielt den Pfannenstiel und hatte so seine Gedanken, da fiel ihm ein: bis die Wurst fertig wird, derweil koͤnntest du ja im Keller den Trunk

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/365
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/365>, abgerufen am 22.12.2024.