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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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42.
Der Herr Gevatter.

Ein armer Mann hatte so viel Kinder, daß er schon alle Welt zu Gevatter gebeten hatte, und als er noch eins bekam, wußte er nicht, wen er noch zu Gevatter bitten könnte, da wurde er sehr betrübt und legte sich hin und schlief ein. Da träumte ihm, er solle vor das Thor gehen, und den ersten, der ihm begegne, den solle er zu Gevatter bitten. Das that der Mann, und es begegnete ihm einer, den bat er zum Gevatter, und der schenkte ihm ein Gläschen mit Wasser und sprach: "damit kannst du alle Kranke gesund machen, wenn du den Tod beim Kopf stehen siehst, steht er aber bei den Füßen, so muß der Kranke sterben." Nun wurde des Königs Kind krank, und der Tod stand beim Kopf, da heilte er es mit dem Wasser, und das zweitemal als es krank wurde, da machte ers wieder gesund, weil der Tod wieder beim Kopf stand, das drittemal aber stand er bei den Füßen, da mußte es sterben.

Da ging der Mann zu seinem Gevatter und wollte ihm das alles erzählen, aber als er in das Haus kam, war eine so wunderliche Wirthschaft darin, denn auf der ersten Treppe standen Schippe und Besen und schmissen sich. Da fragte er sie, wo der Gevatter wohne; der Besen sagte: "eine Treppe höher." Wie er auf die zweite Treppe kam, sah er eine Menge todter Finger liegen. Da fragte er wieder, wo der Gevatter wohne? "eine Treppe höher," antwortete etwas. Auf der dritten Treppe lag

42.
Der Herr Gevatter.

Ein armer Mann hatte so viel Kinder, daß er schon alle Welt zu Gevatter gebeten hatte, und als er noch eins bekam, wußte er nicht, wen er noch zu Gevatter bitten koͤnnte, da wurde er sehr betruͤbt und legte sich hin und schlief ein. Da traͤumte ihm, er solle vor das Thor gehen, und den ersten, der ihm begegne, den solle er zu Gevatter bitten. Das that der Mann, und es begegnete ihm einer, den bat er zum Gevatter, und der schenkte ihm ein Glaͤschen mit Wasser und sprach: „damit kannst du alle Kranke gesund machen, wenn du den Tod beim Kopf stehen siehst, steht er aber bei den Fuͤßen, so muß der Kranke sterben.“ Nun wurde des Koͤnigs Kind krank, und der Tod stand beim Kopf, da heilte er es mit dem Wasser, und das zweitemal als es krank wurde, da machte ers wieder gesund, weil der Tod wieder beim Kopf stand, das drittemal aber stand er bei den Fuͤßen, da mußte es sterben.

Da ging der Mann zu seinem Gevatter und wollte ihm das alles erzaͤhlen, aber als er in das Haus kam, war eine so wunderliche Wirthschaft darin, denn auf der ersten Treppe standen Schippe und Besen und schmissen sich. Da fragte er sie, wo der Gevatter wohne; der Besen sagte: „eine Treppe hoͤher.“ Wie er auf die zweite Treppe kam, sah er eine Menge todter Finger liegen. Da fragte er wieder, wo der Gevatter wohne? „eine Treppe hoͤher,“ antwortete etwas. Auf der dritten Treppe lag

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[212/0276] 42. Der Herr Gevatter. Ein armer Mann hatte so viel Kinder, daß er schon alle Welt zu Gevatter gebeten hatte, und als er noch eins bekam, wußte er nicht, wen er noch zu Gevatter bitten koͤnnte, da wurde er sehr betruͤbt und legte sich hin und schlief ein. Da traͤumte ihm, er solle vor das Thor gehen, und den ersten, der ihm begegne, den solle er zu Gevatter bitten. Das that der Mann, und es begegnete ihm einer, den bat er zum Gevatter, und der schenkte ihm ein Glaͤschen mit Wasser und sprach: „damit kannst du alle Kranke gesund machen, wenn du den Tod beim Kopf stehen siehst, steht er aber bei den Fuͤßen, so muß der Kranke sterben.“ Nun wurde des Koͤnigs Kind krank, und der Tod stand beim Kopf, da heilte er es mit dem Wasser, und das zweitemal als es krank wurde, da machte ers wieder gesund, weil der Tod wieder beim Kopf stand, das drittemal aber stand er bei den Fuͤßen, da mußte es sterben. Da ging der Mann zu seinem Gevatter und wollte ihm das alles erzaͤhlen, aber als er in das Haus kam, war eine so wunderliche Wirthschaft darin, denn auf der ersten Treppe standen Schippe und Besen und schmissen sich. Da fragte er sie, wo der Gevatter wohne; der Besen sagte: „eine Treppe hoͤher.“ Wie er auf die zweite Treppe kam, sah er eine Menge todter Finger liegen. Da fragte er wieder, wo der Gevatter wohne? „eine Treppe hoͤher,“ antwortete etwas. Auf der dritten Treppe lag

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/276>, abgerufen am 21.11.2024.