reichte ihr den goldenen Pantoffel und sagte: "probier ihn an! und wenn er dir paßt, wirst du meine Gemahlin." Da streift es den schwe- ren Schuh von dem linken Fuß ab, setzt ihn auf den goldenen Pantoffel und drückte ein klein wenig, da stand es darin, als wär er ihm an- gegossen. Und als es sich aufbückte, sah ihm der Prinz ins Gesicht, da erkannte er die schö- ne Prinzessin wieder und rief: "das ist die rechte Braut." Die Stiefmutter und die zwei stolzen Schwestern erschracken und wurden bleich, aber der Prinz führte Aschenputtel fort und hob es in den Wagen, und als sie durchs Thor fuhren, da riefen die Tauben:
"Rucke di guck, rucke di guck! Kein Blut im Schuck: Der Schuck ist nicht zu klein, Die rechte Braut, die führt er heim!"
22. Wie Kinder Schlachtens mit einan- der gespielt haben.
I.
In einer Stadt Franecker genannt, gele- gen in Westfriesland, da ist es geschehen, daß junge Kinder, fünf- und sechsjährige, Mägdlein und Knaben mit einander spielten. Und sie ordneten ein Büblein an, das solle der Metz-
reichte ihr den goldenen Pantoffel und ſagte: „probier ihn an! und wenn er dir paßt, wirſt du meine Gemahlin.“ Da ſtreift es den ſchwe- ren Schuh von dem linken Fuß ab, ſetzt ihn auf den goldenen Pantoffel und druͤckte ein klein wenig, da ſtand es darin, als waͤr er ihm an- gegoſſen. Und als es ſich aufbuͤckte, ſah ihm der Prinz ins Geſicht, da erkannte er die ſchoͤ- ne Prinzeſſin wieder und rief: „das iſt die rechte Braut.“ Die Stiefmutter und die zwei ſtolzen Schweſtern erſchracken und wurden bleich, aber der Prinz fuͤhrte Aſchenputtel fort und hob es in den Wagen, und als ſie durchs Thor fuhren, da riefen die Tauben:
„Rucke di guck, rucke di guck! Kein Blut im Schuck: Der Schuck iſt nicht zu klein, Die rechte Braut, die fuͤhrt er heim!“
22. Wie Kinder Schlachtens mit einan- der geſpielt haben.
I.
In einer Stadt Franecker genannt, gele- gen in Weſtfriesland, da iſt es geſchehen, daß junge Kinder, fuͤnf- und ſechsjaͤhrige, Maͤgdlein und Knaben mit einander ſpielten. Und ſie ordneten ein Buͤblein an, das ſolle der Metz-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0135"n="101"/>
reichte ihr den goldenen Pantoffel und ſagte:<lb/>„probier ihn an! und wenn er dir paßt, wirſt<lb/>
du meine Gemahlin.“ Da ſtreift es den ſchwe-<lb/>
ren Schuh von dem linken Fuß ab, ſetzt ihn<lb/>
auf den goldenen Pantoffel und druͤckte ein klein<lb/>
wenig, da ſtand es darin, als waͤr er ihm an-<lb/>
gegoſſen. Und als es ſich aufbuͤckte, ſah ihm<lb/>
der Prinz ins Geſicht, da erkannte er die ſchoͤ-<lb/>
ne Prinzeſſin wieder und rief: „das iſt die<lb/>
rechte Braut.“ Die Stiefmutter und die zwei<lb/>ſtolzen Schweſtern erſchracken und wurden bleich,<lb/>
aber der Prinz fuͤhrte Aſchenputtel fort und<lb/>
hob es in den Wagen, und als ſie durchs Thor<lb/>
fuhren, da riefen die Tauben:</p><lb/><lgtype="poem"><l>„Rucke di guck, rucke di guck!</l><lb/><l>Kein Blut im Schuck:</l><lb/><l>Der Schuck iſt nicht zu klein,</l><lb/><l>Die rechte Braut, die fuͤhrt er heim!“</l></lg></div><lb/><divn="1"><head>22.<lb/><hirendition="#g">Wie Kinder Schlachtens mit einan-<lb/>
der geſpielt haben</hi>.</head><lb/><divn="2"><head><hirendition="#aq">I.</hi></head><lb/><p>In einer Stadt Franecker genannt, gele-<lb/>
gen in Weſtfriesland, da iſt es geſchehen, daß<lb/>
junge Kinder, fuͤnf- und ſechsjaͤhrige, Maͤgdlein<lb/>
und Knaben mit einander ſpielten. Und ſie<lb/>
ordneten ein Buͤblein an, das ſolle der Metz-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[101/0135]
reichte ihr den goldenen Pantoffel und ſagte:
„probier ihn an! und wenn er dir paßt, wirſt
du meine Gemahlin.“ Da ſtreift es den ſchwe-
ren Schuh von dem linken Fuß ab, ſetzt ihn
auf den goldenen Pantoffel und druͤckte ein klein
wenig, da ſtand es darin, als waͤr er ihm an-
gegoſſen. Und als es ſich aufbuͤckte, ſah ihm
der Prinz ins Geſicht, da erkannte er die ſchoͤ-
ne Prinzeſſin wieder und rief: „das iſt die
rechte Braut.“ Die Stiefmutter und die zwei
ſtolzen Schweſtern erſchracken und wurden bleich,
aber der Prinz fuͤhrte Aſchenputtel fort und
hob es in den Wagen, und als ſie durchs Thor
fuhren, da riefen die Tauben:
„Rucke di guck, rucke di guck!
Kein Blut im Schuck:
Der Schuck iſt nicht zu klein,
Die rechte Braut, die fuͤhrt er heim!“
22.
Wie Kinder Schlachtens mit einan-
der geſpielt haben.
I.
In einer Stadt Franecker genannt, gele-
gen in Weſtfriesland, da iſt es geſchehen, daß
junge Kinder, fuͤnf- und ſechsjaͤhrige, Maͤgdlein
und Knaben mit einander ſpielten. Und ſie
ordneten ein Buͤblein an, das ſolle der Metz-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/135>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.