Grimm, Herman: Das Kind. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–356. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Herman Grimm, der Sohn Wilhelm Grimm's, des um die deutsche Sprachwissenschaft in Gemeinschaft mit seinem Bruder Jacob hochverdienten Germanisten, wurde am 6. Januar 1828 zu Cassel geboren, studirte 1846--49 zu Berlin und Bonn die Rechte, wandte sich aber in der Folge ausschließlich der Literatur und kunsthistorischen Studien zu. Sein wissenschaftliches Hauptwerk ist das "Leben Michelangelos" (2 Bände, Hannover 1860-1863, 2. Aufl. 1864); seit 1865 gab er die Zeitschrift "Ueber Künstler und Kunstwerke" heraus, hat sich auch in neuerer Zeit als Privatdocent der Kunstgeschichte in Berlin habilitirt. Als Dichter trat er zuerst mit dem Drama "Armin" (Leipzig 1851) vor die Öffentlichkeit, welchem im Jahre 1854 die Dichtung "Traum und Erwachen" und außer mehreren im Manuscript gedruckten und hie und da aufgeführten Dramen das Trauerspiel "Demetrius", 1856 seine "Novellen" und 1867 sein Roman "Unüberwindliche Mächte" folgten. Ein gemeinsamer Zug läßt sich durch alle Grimmischen Dichtungen, ja zum Theil auch in seinen wissenschaftlichen Arbeiten und den geistvollen, lyrisch philosophirenden Aufsätzen erkennen, die er unter dem Titel "Essay's" (nach Emerson's Vorgang) im Jahre 1859 erscheinen ließ: das kunstvolle Bemühen, die Kunst zu verbergen (L'arte che studia di non parere, nach Giusti's Ausdruck). Dieser bis zur Virtuosität ausgebildeten Eigenart verdanken besonders die Novellen Grimm's einen höchst individuellen Reiz. Es ist, als wäre es dem Erzähler überall darum zu thun, mehr auf Hörer als auf Leser zu wirken, mit der reizenden Unscheinbarkeit und nachlässigen Munterkeit, die das gesprochene Wort vor dem geschriebenen vorauszuhaben pflegt. Dieses Herman Grimm, der Sohn Wilhelm Grimm's, des um die deutsche Sprachwissenschaft in Gemeinschaft mit seinem Bruder Jacob hochverdienten Germanisten, wurde am 6. Januar 1828 zu Cassel geboren, studirte 1846—49 zu Berlin und Bonn die Rechte, wandte sich aber in der Folge ausschließlich der Literatur und kunsthistorischen Studien zu. Sein wissenschaftliches Hauptwerk ist das „Leben Michelangelos“ (2 Bände, Hannover 1860-1863, 2. Aufl. 1864); seit 1865 gab er die Zeitschrift „Ueber Künstler und Kunstwerke“ heraus, hat sich auch in neuerer Zeit als Privatdocent der Kunstgeschichte in Berlin habilitirt. Als Dichter trat er zuerst mit dem Drama „Armin“ (Leipzig 1851) vor die Öffentlichkeit, welchem im Jahre 1854 die Dichtung „Traum und Erwachen“ und außer mehreren im Manuscript gedruckten und hie und da aufgeführten Dramen das Trauerspiel „Demetrius“, 1856 seine „Novellen“ und 1867 sein Roman „Unüberwindliche Mächte“ folgten. Ein gemeinsamer Zug läßt sich durch alle Grimmischen Dichtungen, ja zum Theil auch in seinen wissenschaftlichen Arbeiten und den geistvollen, lyrisch philosophirenden Aufsätzen erkennen, die er unter dem Titel „Essay's“ (nach Emerson's Vorgang) im Jahre 1859 erscheinen ließ: das kunstvolle Bemühen, die Kunst zu verbergen (L’arte che studia di non parere, nach Giusti's Ausdruck). Dieser bis zur Virtuosität ausgebildeten Eigenart verdanken besonders die Novellen Grimm‘s einen höchst individuellen Reiz. Es ist, als wäre es dem Erzähler überall darum zu thun, mehr auf Hörer als auf Leser zu wirken, mit der reizenden Unscheinbarkeit und nachlässigen Munterkeit, die das gesprochene Wort vor dem geschriebenen vorauszuhaben pflegt. Dieses <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0005"/> <div type="preface"> <p>Herman Grimm, der Sohn Wilhelm Grimm's, des um die deutsche Sprachwissenschaft in Gemeinschaft mit seinem Bruder Jacob hochverdienten Germanisten, wurde am 6. Januar 1828 zu Cassel geboren, studirte 1846—49 zu Berlin und Bonn die Rechte, wandte sich aber in der Folge ausschließlich der Literatur und kunsthistorischen Studien zu. Sein wissenschaftliches Hauptwerk ist das „Leben Michelangelos“ (2 Bände, Hannover 1860-1863, 2. Aufl. 1864); seit 1865 gab er die Zeitschrift „Ueber Künstler und Kunstwerke“ heraus, hat sich auch in neuerer Zeit als Privatdocent der Kunstgeschichte in Berlin habilitirt. Als Dichter trat er zuerst mit dem Drama „Armin“ (Leipzig 1851) vor die Öffentlichkeit, welchem im Jahre 1854 die Dichtung „Traum und Erwachen“ und außer mehreren im Manuscript gedruckten und hie und da aufgeführten Dramen das Trauerspiel „Demetrius“, 1856 seine „Novellen“ und 1867 sein Roman „Unüberwindliche Mächte“ folgten.</p><lb/> <p>Ein gemeinsamer Zug läßt sich durch alle Grimmischen Dichtungen, ja zum Theil auch in seinen wissenschaftlichen Arbeiten und den geistvollen, lyrisch philosophirenden Aufsätzen erkennen, die er unter dem Titel „Essay's“ (nach Emerson's Vorgang) im Jahre 1859 erscheinen ließ: das kunstvolle Bemühen, die Kunst zu verbergen (L’arte che studia di non parere, nach Giusti's Ausdruck). Dieser bis zur Virtuosität ausgebildeten Eigenart verdanken besonders die Novellen Grimm‘s einen höchst individuellen Reiz. 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Herman Grimm, der Sohn Wilhelm Grimm's, des um die deutsche Sprachwissenschaft in Gemeinschaft mit seinem Bruder Jacob hochverdienten Germanisten, wurde am 6. Januar 1828 zu Cassel geboren, studirte 1846—49 zu Berlin und Bonn die Rechte, wandte sich aber in der Folge ausschließlich der Literatur und kunsthistorischen Studien zu. Sein wissenschaftliches Hauptwerk ist das „Leben Michelangelos“ (2 Bände, Hannover 1860-1863, 2. Aufl. 1864); seit 1865 gab er die Zeitschrift „Ueber Künstler und Kunstwerke“ heraus, hat sich auch in neuerer Zeit als Privatdocent der Kunstgeschichte in Berlin habilitirt. Als Dichter trat er zuerst mit dem Drama „Armin“ (Leipzig 1851) vor die Öffentlichkeit, welchem im Jahre 1854 die Dichtung „Traum und Erwachen“ und außer mehreren im Manuscript gedruckten und hie und da aufgeführten Dramen das Trauerspiel „Demetrius“, 1856 seine „Novellen“ und 1867 sein Roman „Unüberwindliche Mächte“ folgten.
Ein gemeinsamer Zug läßt sich durch alle Grimmischen Dichtungen, ja zum Theil auch in seinen wissenschaftlichen Arbeiten und den geistvollen, lyrisch philosophirenden Aufsätzen erkennen, die er unter dem Titel „Essay's“ (nach Emerson's Vorgang) im Jahre 1859 erscheinen ließ: das kunstvolle Bemühen, die Kunst zu verbergen (L’arte che studia di non parere, nach Giusti's Ausdruck). Dieser bis zur Virtuosität ausgebildeten Eigenart verdanken besonders die Novellen Grimm‘s einen höchst individuellen Reiz. Es ist, als wäre es dem Erzähler überall darum zu thun, mehr auf Hörer als auf Leser zu wirken, mit der reizenden Unscheinbarkeit und nachlässigen Munterkeit, die das gesprochene Wort vor dem geschriebenen vorauszuhaben pflegt. Dieses
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(2017-03-15T10:24:04Z)
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
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