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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. dänische consonanten.
mein (meus) hveid (albus) werden durch zutretendes t
der neutralen flexion gekürzt in godt, mit, hvidt, dem
altn. gott, mitt (nicht aber hvitt, sondern hveitt) ver-
gleichbar, oben s. 329.

Dänische consonanten.

Allgemeine grundsätze: 1) die org. tenuis hat sich
nach vocalen (also in- und ausl.) durchgängig in med.
verwandelt, vgl. skeib (navis) greibe (rapere) soebe (sor-
bere) soed (dulcis) hvede (triticum) veide (scire) syg (ae-
grotus) fyge (vento ferri) wogegen im schwed. skep,
greipa, soepa, soet, hvete, veita, sjuk, fjuka. Diese ver-
weichlichung *) schadet; während schwed. bjuda (offerre)
sjuda (coquere) njuta (frui) skjuta (jaculari) steiga (scan-
dere) veika (cedere) gesondert sind, ebenso hochd. bie-
ten, sieden, genießen, schießen, steigen, weichen; fal-
len dän. byde, syde, nyde, skyde, steige, veige in eine
reihe. Dadurch vermengen sich z. b. veide (scire) veide
(dilatare) soed (dulcis) soed (coquebat). 2) anlautend
stets, so wie in- und ausl. nach cons., folglich auch
geminiert, bleibt die org. ten. vgl. peibe (tibia) tand
(dens) kande (cantharus) torp (oppidum) salt (sal) melk
(lac) und in ungeschriebener gem. hop (interj.) stik
(ictus) skat (thesaurus) zum erweis, daß man hopp,
stikk, skatt schreiben sollte. Desto auffallender steht nun
vittig (sapiens) von veide ab (altn. vitugr, vita) skipper
(nauta) von skeib (altn. skipari, skip), zugleich beweis
für das jüngere alter der b und d in solchen wörtern;
als die gem. entsprang, schrieb man gewiß skip, skipe
(navigare) vite (scire), sonst wäre skibber, viddig ent-
sprungen. 3) jene vermengung mindert sich bisweilen
dadurch, daß die org. med. d und g (org. b kommt
nicht vor) in- und auslautend auszufallen oder sich g
in j auf zulösen pflegt, vgl. moer f. moder; steie f. steige
(scala) vej (via) eje (possidere). 4) daß cons. gemination
auslautend nicht geschrieben werde, habe ich so eben,
daß sie dadurch bei ihrem bedeutenden zunehmen un-
sicherheit in den vocallaut bringe, vorhin (s. 563.) ange-
zeigt. Einzelne schreibung der auslautenden gem. (Bloch

*) Rechter gegensatz zu der mittelh. verhärtung der org. med.
in ten. (doch bloß) im auslaut. Dort hieß es luot, lip,
neic st. luod, lib, neig; hier im dän. sod (pes) tab (per-
ditio) tag (tectum) ft, sot, tap, tak.

I. däniſche conſonanten.
mîn (meus) hvîd (albus) werden durch zutretendes t
der neutralen flexion gekürzt in godt, mit, hvidt, dem
altn. gott, mitt (nicht aber hvitt, ſondern hvîtt) ver-
gleichbar, oben ſ. 329.

Däniſche conſonanten.

Allgemeine grundſätze: 1) die org. tenuis hat ſich
nach vocalen (alſo in- und ausl.) durchgängig in med.
verwandelt, vgl. ſkîb (navis) grîbe (rapere) ſœbe (ſor-
bere) ſœd (dulcis) hvêde (triticum) vîde (ſcire) ſŷg (ae-
grotus) fŷge (vento ferri) wogegen im ſchwed. ſkêp,
grîpa, ſœpa, ſœt, hvête, vîta, ſjuk, fjuka. Dieſe ver-
weichlichung *) ſchadet; während ſchwed. bjuda (offerre)
ſjuda (coquere) njuta (frui) ſkjuta (jaculari) ſtîga (ſcan-
dere) vîka (cedere) geſondert ſind, ebenſo hochd. bie-
ten, ſieden, genießen, ſchießen, ſteigen, weichen; fal-
len dän. bŷde, ſŷde, nŷde, ſkŷde, ſtîge, vîge in eine
reihe. Dadurch vermengen ſich z. b. vîde (ſcire) vîde
(dilatare) ſœd (dulcis) ſœd (coquebat). 2) anlautend
ſtets, ſo wie in- und ausl. nach conſ., folglich auch
geminiert, bleibt die org. ten. vgl. pîbe (tibia) tand
(dens) kande (cantharus) torp (oppidum) ſalt (ſal) melk
(lac) und in ungeſchriebener gem. hop (interj.) ſtik
(ictus) ſkat (theſaurus) zum erweis, daß man hopp,
ſtikk, ſkatt ſchreiben ſollte. Deſto auffallender ſteht nun
vittig (ſapiens) von vîde ab (altn. vitugr, vita) ſkipper
(nauta) von ſkîb (altn. ſkipari, ſkip), zugleich beweis
für das jüngere alter der b und d in ſolchen wörtern;
als die gem. entſprang, ſchrieb man gewiß ſkip, ſkipe
(navigare) vite (ſcire), ſonſt wäre ſkibber, viddig ent-
ſprungen. 3) jene vermengung mindert ſich bisweilen
dadurch, daß die org. med. d und g (org. b kommt
nicht vor) in- und auslautend auszufallen oder ſich g
in j auf zulöſen pflegt, vgl. môer f. môder; ſtîe f. ſtîge
(ſcala) vej (via) eje (poſſidere). 4) daß conſ. gemination
auslautend nicht geſchrieben werde, habe ich ſo eben,
daß ſie dadurch bei ihrem bedeutenden zunehmen un-
ſicherheit in den vocallaut bringe, vorhin (ſ. 563.) ange-
zeigt. Einzelne ſchreibung der auslautenden gem. (Bloch

*) Rechter gegenſatz zu der mittelh. verhärtung der org. med.
in ten. (doch bloß) im auslaut. Dort hieß es luot, lip,
neic ſt. luod, lib, neig; hier im dän. ſôd (pes) tâb (per-
ditio) tâg (tectum) ft, ſôt, tâp, tâk.
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[564/0590] I. däniſche conſonanten. mîn (meus) hvîd (albus) werden durch zutretendes t der neutralen flexion gekürzt in godt, mit, hvidt, dem altn. gott, mitt (nicht aber hvitt, ſondern hvîtt) ver- gleichbar, oben ſ. 329. Däniſche conſonanten. Allgemeine grundſätze: 1) die org. tenuis hat ſich nach vocalen (alſo in- und ausl.) durchgängig in med. verwandelt, vgl. ſkîb (navis) grîbe (rapere) ſœbe (ſor- bere) ſœd (dulcis) hvêde (triticum) vîde (ſcire) ſŷg (ae- grotus) fŷge (vento ferri) wogegen im ſchwed. ſkêp, grîpa, ſœpa, ſœt, hvête, vîta, ſjuk, fjuka. Dieſe ver- weichlichung *) ſchadet; während ſchwed. bjuda (offerre) ſjuda (coquere) njuta (frui) ſkjuta (jaculari) ſtîga (ſcan- dere) vîka (cedere) geſondert ſind, ebenſo hochd. bie- ten, ſieden, genießen, ſchießen, ſteigen, weichen; fal- len dän. bŷde, ſŷde, nŷde, ſkŷde, ſtîge, vîge in eine reihe. Dadurch vermengen ſich z. b. vîde (ſcire) vîde (dilatare) ſœd (dulcis) ſœd (coquebat). 2) anlautend ſtets, ſo wie in- und ausl. nach conſ., folglich auch geminiert, bleibt die org. ten. vgl. pîbe (tibia) tand (dens) kande (cantharus) torp (oppidum) ſalt (ſal) melk (lac) und in ungeſchriebener gem. hop (interj.) ſtik (ictus) ſkat (theſaurus) zum erweis, daß man hopp, ſtikk, ſkatt ſchreiben ſollte. Deſto auffallender ſteht nun vittig (ſapiens) von vîde ab (altn. vitugr, vita) ſkipper (nauta) von ſkîb (altn. ſkipari, ſkip), zugleich beweis für das jüngere alter der b und d in ſolchen wörtern; als die gem. entſprang, ſchrieb man gewiß ſkip, ſkipe (navigare) vite (ſcire), ſonſt wäre ſkibber, viddig ent- ſprungen. 3) jene vermengung mindert ſich bisweilen dadurch, daß die org. med. d und g (org. b kommt nicht vor) in- und auslautend auszufallen oder ſich g in j auf zulöſen pflegt, vgl. môer f. môder; ſtîe f. ſtîge (ſcala) vej (via) eje (poſſidere). 4) daß conſ. gemination auslautend nicht geſchrieben werde, habe ich ſo eben, daß ſie dadurch bei ihrem bedeutenden zunehmen un- ſicherheit in den vocallaut bringe, vorhin (ſ. 563.) ange- zeigt. Einzelne ſchreibung der auslautenden gem. (Bloch *) Rechter gegenſatz zu der mittelh. verhärtung der org. med. in ten. (doch bloß) im auslaut. Dort hieß es luot, lip, neic ſt. luod, lib, neig; hier im dän. ſôd (pes) tâb (per- ditio) tâg (tectum) ft, ſôt, tâp, tâk.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/590>, abgerufen am 21.11.2024.