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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. neuniederländische buchstaben.
(K. G. CH. J. H.) gutturales.

Für die ten. das k-zeichen, c nur in fremden wör-
ter und ck im gebrauch; die med. darf nunmehr auch
auslauten, dichter aber gestatten sich noch zuweilen sang
(cecinit): dank, barg (abscondidit):stark. Vom schwan-
ken zwischen g und h oben s. 427. -- Das erste mittelh.
ch gilt in hoch, noch, doch; nicht in sah, geschah, leih,
floh; -- das zweite und dritte gelten ebenso. Die übri-
gen mittelh. ch hören auf, namentlich herrscht ten. im
anlaut. -- Anlautend besteht j theils org in ja, jagen,
jar, jaeten, jener, joch, jung, jucken; theils unorg. in
je (unquam) jetzt (modo) st. ie, iezt, dessen richtigkeit
die landschaftliche aussprache ei, eizt und immer st. iemer
bewährt. Der fehler ist nicht sehr alt, Zesens reim-
anzeiger ordnet ie (unquam) noch richtig unter: die,
sie. Inlautend kein j mehr, nach langem voc. seiner
statt öfters h, als: glühen, brühen, kühe, blühen, blae-
hen, drehen, kraehen, naehen, saehen, wehen. -- Der
gebrauch und misbrauch des h hat zugenommen 1) org.
stecht es wieder in sah, geschah etc. dann in schmaehen,
baehen und, wie eben bemerkt, für j in blühen etc. auch
für w in rauhe (quies). wogegen es in scheuen mit un-
recht verbannt ist. 2) unorg. als dehnzeichen in un-
zähligen wörtern, als: sehnen, dehnen, mahnen etc.
wofür ich grammatisch senen, denen, manen schreibe. --
Für ht, hs durchgängig cht, chs; für ck und gg durch-
gängig ck, denn schreibungen wie roggen (secale) st.
rocken sind mundartisch. -- qu ist beibehalten.



Neuniederländische buchstaben.

Man hat zu anfang dieses jahrh. in Holland den
immer bedenklichen schritt gethan, einförmige recht-
schreibung entwerfen zu laßen und von staatswegen ein-
zuführen; seitdem wird sie in den meisten büchern
beobachtet. Einige sprachgelehrte, mit dieser festsetzung
unzufrieden, kehren sich wenig daran und folgen ab-
weichenden ansichten. Mir scheint, daß die neue (sie-
genbeekische) orthographie grammatisch ungenüge, weil
sie sich zu sehr (aber auch wieder nicht strenge) an
den alten schreibgebrauch hält; sie ist weder gelehrt ge-
nug, noch practisch. Ohne alle anmaßung (wie ich
die neuhochd. übliche schreibung mit einer bequemeren

I. neuniederländiſche buchſtaben.
(K. G. CH. J. H.) gutturales.

Für die ten. das k-zeichen, c nur in fremden wör-
ter und ck im gebrauch; die med. darf nunmehr auch
auslauten, dichter aber geſtatten ſich noch zuweilen ſang
(cecinit): dank, barg (abſcondidit):ſtark. Vom ſchwan-
ken zwiſchen g und h oben ſ. 427. — Das erſte mittelh.
ch gilt in hoch, noch, doch; nicht in ſâh, geſchâh, lîh,
flôh; — das zweite und dritte gelten ebenſo. Die übri-
gen mittelh. ch hören auf, namentlich herrſcht ten. im
anlaut. — Anlautend beſteht j theils org in jâ, jâgen,
jâr, jæten, jêner, joch, jung, jucken; theils unorg. in
jê (unquam) jetzt (modo) ſt. ie, iezt, deſſen richtigkeit
die landſchaftliche ausſprache î, îzt und immer ſt. iemer
bewährt. Der fehler iſt nicht ſehr alt, Zeſens reim-
anzeiger ordnet ie (unquam) noch richtig unter: die,
ſie. Inlautend kein j mehr, nach langem voc. ſeiner
ſtatt öfters h, als: gluͤhen, bruͤhen, kuͤhe, bluͤhen, blæ-
hen, drêhen, kræhen, næhen, ſæhen, wêhen. — Der
gebrauch und misbrauch des h hat zugenommen 1) org.
ſtecht es wieder in ſâh, geſchâh etc. dann in ſchmæhen,
bæhen und, wie eben bemerkt, für j in bluͤhen etc. auch
für w in rûhe (quies). wogegen es in ſcheuen mit un-
recht verbannt iſt. 2) unorg. als dehnzeichen in un-
zähligen wörtern, als: ſehnen, dehnen, mahnen etc.
wofür ich grammatiſch ſênen, dênen, mânen ſchreibe. —
Für ht, hs durchgängig cht, chs; für ck und gg durch-
gängig ck, denn ſchreibungen wie roggen (ſecale) ſt.
rocken ſind mundartiſch. — qu iſt beibehalten.



Neuniederländiſche buchſtaben.

Man hat zu anfang dieſes jahrh. in Holland den
immer bedenklichen ſchritt gethan, einförmige recht-
ſchreibung entwerfen zu laßen und von ſtaatswegen ein-
zuführen; ſeitdem wird ſie in den meiſten büchern
beobachtet. Einige ſprachgelehrte, mit dieſer feſtſetzung
unzufrieden, kehren ſich wenig daran und folgen ab-
weichenden anſichten. Mir ſcheint, daß die neue (ſie-
genbeekiſche) orthographie grammatiſch ungenüge, weil
ſie ſich zu ſehr (aber auch wieder nicht ſtrenge) an
den alten ſchreibgebrauch hält; ſie iſt weder gelehrt ge-
nug, noch practiſch. Ohne alle anmaßung (wie ich
die neuhochd. übliche ſchreibung mit einer bequemeren

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[528/0554] I. neuniederländiſche buchſtaben. (K. G. CH. J. H.) gutturales. Für die ten. das k-zeichen, c nur in fremden wör- ter und ck im gebrauch; die med. darf nunmehr auch auslauten, dichter aber geſtatten ſich noch zuweilen ſang (cecinit): dank, barg (abſcondidit):ſtark. Vom ſchwan- ken zwiſchen g und h oben ſ. 427. — Das erſte mittelh. ch gilt in hoch, noch, doch; nicht in ſâh, geſchâh, lîh, flôh; — das zweite und dritte gelten ebenſo. Die übri- gen mittelh. ch hören auf, namentlich herrſcht ten. im anlaut. — Anlautend beſteht j theils org in jâ, jâgen, jâr, jæten, jêner, joch, jung, jucken; theils unorg. in jê (unquam) jetzt (modo) ſt. ie, iezt, deſſen richtigkeit die landſchaftliche ausſprache î, îzt und immer ſt. iemer bewährt. Der fehler iſt nicht ſehr alt, Zeſens reim- anzeiger ordnet ie (unquam) noch richtig unter: die, ſie. Inlautend kein j mehr, nach langem voc. ſeiner ſtatt öfters h, als: gluͤhen, bruͤhen, kuͤhe, bluͤhen, blæ- hen, drêhen, kræhen, næhen, ſæhen, wêhen. — Der gebrauch und misbrauch des h hat zugenommen 1) org. ſtecht es wieder in ſâh, geſchâh etc. dann in ſchmæhen, bæhen und, wie eben bemerkt, für j in bluͤhen etc. auch für w in rûhe (quies). wogegen es in ſcheuen mit un- recht verbannt iſt. 2) unorg. als dehnzeichen in un- zähligen wörtern, als: ſehnen, dehnen, mahnen etc. wofür ich grammatiſch ſênen, dênen, mânen ſchreibe. — Für ht, hs durchgängig cht, chs; für ck und gg durch- gängig ck, denn ſchreibungen wie roggen (ſecale) ſt. rocken ſind mundartiſch. — qu iſt beibehalten. Neuniederländiſche buchſtaben. Man hat zu anfang dieſes jahrh. in Holland den immer bedenklichen ſchritt gethan, einförmige recht- ſchreibung entwerfen zu laßen und von ſtaatswegen ein- zuführen; ſeitdem wird ſie in den meiſten büchern beobachtet. Einige ſprachgelehrte, mit dieſer feſtſetzung unzufrieden, kehren ſich wenig daran und folgen ab- weichenden anſichten. Mir ſcheint, daß die neue (ſie- genbeekiſche) orthographie grammatiſch ungenüge, weil ſie ſich zu ſehr (aber auch wieder nicht ſtrenge) an den alten ſchreibgebrauch hält; ſie iſt weder gelehrt ge- nug, noch practiſch. Ohne alle anmaßung (wie ich die neuhochd. übliche ſchreibung mit einer bequemeren

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/554>, abgerufen am 23.11.2024.