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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelniederdeutsche consonanten. labiales.
geve (donnm), mittelh. vaß, gebe, goth. fat, giba. --
2) auslautend steht nur f. (nie v) z. b. gaf (dedit) dief
(fur) scref (scripsit) lof (laus) hof (aula) wolf (lupus)
starf (mortuus est) entspricht also theils dem mittelh. p
(das für b. auslautet) theils dem f. Veld. reim lief:
brief En. 81b 83a 93a; seven-warf (septies): bedarf (opus
habet) En. 93a widerstreitet der mittelh. mundart, welche
bedarf:scharf (acer) reimt, das aber mittelniederd. scarp
lautet und zu warp (feriit) stimmt (En. 25a 65c 94c). --
3) inlautend wird das ausl. f. zu v, als gaf, gaven
(:graven En. 100a; mittelh. gaben, graven) graf, graves;
snaven (titubare); geneve (cognatus) reven (delirare);
ensuof (intellexit,) ensuoven; dief, dieve; viever (fe-
bris); lief, liever etc. Vor t bleibt auch inlautend f,
kraft, scaft etc. desgl. bei contractionen vor d, als hofde
(capite) gelofde (credidit) st. gelovede, hovede. Bemer-
kenswerth der reim gelofde:kopde En. 3b, der auch im
mittelh. geloupte (geloubte): koufte ungenau wäre. Veld.
scheint, wie vorhin bei kamp und lam, hoch und nie-
derd. formen zu vermischen. Reinniederd. reimen aber
orlove:hove; lieve:brieve En. 5b 34c.

(W) von v. genau zu unterscheiden. Das anlautende
w. galt ohne zweifel noch vor l und r, läßt sich aber
aus den verderbten denkmählern nicht bestimmen (beßer
aus der analogie des alts. angels. und fries. s. 216. 251.
276.). Einzelne spuren hat der abschreiber im Rother
stehen laßen, z. b. wref (fricavit) 11b wrang (strinxit)
25b und so ist 5b (z. 437. statt want) zu lesen. -- Das
inlautende w duldet keinen kurzen voc. vor sich, unter
den langen nur a, e, o, kein ei, au, iu, uo; vgl. pawe
(pavo) lewe (leo) snewe (nive) und zumahl begegnen sich
in ow die mittelh. ouw, auw und iuw, howen, scowen,
bowen, towen (parare En. 11a) frowe (femina) mowe
(manica En. 92b) rowe (dolor) trowe (fides) getrowe (fi-
dus) gerowen (dolere); beweisende reime sind, die ent-
schiedne mittelh. iuw mit ouw binden (M. S. 1, 18a. b.
En. 4b 33b 37b 60c 62a 87a) vgl. das vorhin s. 461. an-
geführte iu:to. -- Auslautend kein w. --

Die gemination pp. hat statt, kein ff; bb scheint in
wörtern wie sibbe, ribbe möglich. Bei der verbindung
ft. ist zu merken, daß sie häufig mit ht reimt (mehr da-
von beim kehllaut).

(T. D. S.) linguales.

Eine unvollkommenheit zeigt sich im mangel der
asp. th; sollte sich vielleicht auch anlautend d und th.

I. mittelniederdeutſche conſonanten. labiales.
gëve (donnm), mittelh. vaƷ, gëbe, goth. fat, giba. —
2) auslautend ſteht nur f. (nie v) z. b. gaf (dedit) dief
(fur) ſcrêf (ſcripſit) lof (laus) hof (aula) wolf (lupus)
ſtarf (mortuus eſt) entſpricht alſo theils dem mittelh. p
(das für b. auslautet) theils dem f. Veld. reim lief:
brief En. 81b 83a 93a; ſëven-warf (ſepties): bedarf (opus
habet) En. 93a widerſtreitet der mittelh. mundart, welche
bedarf:ſcharf (acer) reimt, das aber mittelniederd. ſcarp
lautet und zu warp (feriit) ſtimmt (En. 25a 65c 94c). —
3) inlautend wird das ausl. f. zu v, als gaf, gâven
(:grâven En. 100a; mittelh. gâben, grâven) graf, graves;
ſnaven (titubare); genëve (cognatus) rëven (delirare);
enſuof (intellexit,) enſuoven; dief, dieve; viever (fe-
bris); lief, liever etc. Vor t bleibt auch inlautend f,
kraft, ſcaft etc. desgl. bei contractionen vor d, als hôfde
(capite) gelôfde (credidit) ſt. gelôvede, hôvede. Bemer-
kenswerth der reim gelôfde:kôpde En. 3b, der auch im
mittelh. geloupte (geloubte): koufte ungenau wäre. Veld.
ſcheint, wie vorhin bei kamp und lam, hoch und nie-
derd. formen zu vermiſchen. Reinniederd. reimen aber
orlove:hove; lieve:brieve En. 5b 34c.

(W) von v. genau zu unterſcheiden. Das anlautende
w. galt ohne zweifel noch vor l und r, läßt ſich aber
aus den verderbten denkmählern nicht beſtimmen (beßer
aus der analogie des altſ. angelſ. und frieſ. ſ. 216. 251.
276.). Einzelne ſpuren hat der abſchreiber im Rother
ſtehen laßen, z. b. wrêf (fricavit) 11b wrang (ſtrinxit)
25b und ſo iſt 5b (z. 437. ſtatt want) zu leſen. — Das
inlautende w duldet keinen kurzen voc. vor ſich, unter
den langen nur â, ê, ô, kein î, û, iu, uo; vgl. pâwe
(pavo) lêwe (leo) ſnêwe (nive) und zumahl begegnen ſich
in ôw die mittelh. ouw, ûw und iuw, hôwen, ſcôwen,
bôwen, tôwen (parare En. 11a) frôwe (femina) môwe
(manica En. 92b) rôwe (dolor) trôwe (fides) getrôwe (fi-
dus) gerôwen (dolere); beweiſende reime ſind, die ent-
ſchiedne mittelh. iuw mit ouw binden (M. S. 1, 18a. b.
En. 4b 33b 37b 60c 62a 87a) vgl. das vorhin ſ. 461. an-
geführte iu:tô. — Auslautend kein w. —

Die gemination pp. hat ſtatt, kein ff; bb ſcheint in
wörtern wie ſibbe, ribbe möglich. Bei der verbindung
ft. iſt zu merken, daß ſie häufig mit ht reimt (mehr da-
von beim kehllaut).

(T. D. S.) linguales.

Eine unvollkommenheit zeigt ſich im mangel der
aſp. th; ſollte ſich vielleicht auch anlautend d und th.

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[463/0489] I. mittelniederdeutſche conſonanten. labiales. gëve (donnm), mittelh. vaƷ, gëbe, goth. fat, giba. — 2) auslautend ſteht nur f. (nie v) z. b. gaf (dedit) dief (fur) ſcrêf (ſcripſit) lof (laus) hof (aula) wolf (lupus) ſtarf (mortuus eſt) entſpricht alſo theils dem mittelh. p (das für b. auslautet) theils dem f. Veld. reim lief: brief En. 81b 83a 93a; ſëven-warf (ſepties): bedarf (opus habet) En. 93a widerſtreitet der mittelh. mundart, welche bedarf:ſcharf (acer) reimt, das aber mittelniederd. ſcarp lautet und zu warp (feriit) ſtimmt (En. 25a 65c 94c). — 3) inlautend wird das ausl. f. zu v, als gaf, gâven (:grâven En. 100a; mittelh. gâben, grâven) graf, graves; ſnaven (titubare); genëve (cognatus) rëven (delirare); enſuof (intellexit,) enſuoven; dief, dieve; viever (fe- bris); lief, liever etc. Vor t bleibt auch inlautend f, kraft, ſcaft etc. desgl. bei contractionen vor d, als hôfde (capite) gelôfde (credidit) ſt. gelôvede, hôvede. Bemer- kenswerth der reim gelôfde:kôpde En. 3b, der auch im mittelh. geloupte (geloubte): koufte ungenau wäre. Veld. ſcheint, wie vorhin bei kamp und lam, hoch und nie- derd. formen zu vermiſchen. Reinniederd. reimen aber orlove:hove; lieve:brieve En. 5b 34c. (W) von v. genau zu unterſcheiden. Das anlautende w. galt ohne zweifel noch vor l und r, läßt ſich aber aus den verderbten denkmählern nicht beſtimmen (beßer aus der analogie des altſ. angelſ. und frieſ. ſ. 216. 251. 276.). Einzelne ſpuren hat der abſchreiber im Rother ſtehen laßen, z. b. wrêf (fricavit) 11b wrang (ſtrinxit) 25b und ſo iſt 5b (z. 437. ſtatt want) zu leſen. — Das inlautende w duldet keinen kurzen voc. vor ſich, unter den langen nur â, ê, ô, kein î, û, iu, uo; vgl. pâwe (pavo) lêwe (leo) ſnêwe (nive) und zumahl begegnen ſich in ôw die mittelh. ouw, ûw und iuw, hôwen, ſcôwen, bôwen, tôwen (parare En. 11a) frôwe (femina) môwe (manica En. 92b) rôwe (dolor) trôwe (fides) getrôwe (fi- dus) gerôwen (dolere); beweiſende reime ſind, die ent- ſchiedne mittelh. iuw mit ouw binden (M. S. 1, 18a. b. En. 4b 33b 37b 60c 62a 87a) vgl. das vorhin ſ. 461. an- geführte iu:tô. — Auslautend kein w. — Die gemination pp. hat ſtatt, kein ff; bb ſcheint in wörtern wie ſibbe, ribbe möglich. Bei der verbindung ft. iſt zu merken, daß ſie häufig mit ht reimt (mehr da- von beim kehllaut). (T. D. S.) linguales. Eine unvollkommenheit zeigt ſich im mangel der aſp. th; ſollte ſich vielleicht auch anlautend d und th.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/489>, abgerufen am 22.12.2024.