Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819. Melitta. Hier lieg' ich auf den Knie'n! Laß dich erflehn! -- So ist denn Niemand, der mich hört und rettet? Rhamnes. Umsonst! du rufst das Haus mir wach. Komm mit! Melitta. Nein, nimmermehr! Erbarmt sich Niemand meiner? Fünfter Auftritt. Phaon. Vorige. Phaon. Das ist Melittens Stimme! -- Ha! Verwegner! Wagst du's, die Hand zu heben gegen sie? (Rhamnes läßt Melitten los.) Phaon. So täuschte mich doch meine Ahnung nicht, Als ich dich sah mit leisespäh'nden Blicken, Dem Wolfe gleich, in ihre Nähe schleichen; Doch hast du dich verrechnet, grimmer Wolf, Es wacht der Hirt und dir naht das Verderben! Rhamnes. Herr, der Gebieth'rinn Auftrag nur befolg' ich. Phaon. Wie, Sappho's Auftrag? Sie befahl es dir? O Sappho! Sappho! Ich erkenne dich! Doch leider nur zu spät! Warum zu spät? Noch ist es Zeit, die Bande abzuschütteln Melitta. Hier lieg' ich auf den Knie'n! Laß dich erflehn! — So iſt denn Niemand, der mich hört und rettet? Rhamnes. Umſonſt! du rufſt das Haus mir wach. Komm mit! Melitta. Nein, nimmermehr! Erbarmt ſich Niemand meiner? Fünfter Auftritt. Phaon. Vorige. Phaon. Das iſt Melittens Stimme! — Ha! Verwegner! Wagſt du's, die Hand zu heben gegen ſie? (Rhamnes läßt Melitten los.) Phaon. So täuſchte mich doch meine Ahnung nicht, Als ich dich ſah mit leiſeſpäh'nden Blicken, Dem Wolfe gleich, in ihre Nähe ſchleichen; Doch haſt du dich verrechnet, grimmer Wolf, Es wacht der Hirt und dir naht das Verderben! Rhamnes. Herr, der Gebieth'rinn Auftrag nur befolg' ich. Phaon. Wie, Sappho's Auftrag? Sie befahl es dir? O Sappho! Sappho! Ich erkenne dich! Doch leider nur zu ſpät! Warum zu ſpät? Noch iſt es Zeit, die Bande abzuſchütteln <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="84" facs="#f0094"/> <sp who="#MEL"> <speaker><hi rendition="#g">Melitta</hi>.</speaker><lb/> <p>Hier lieg' ich auf den Knie'n! Laß dich erflehn!<lb/> — So iſt denn Niemand, der mich hört und rettet?</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Umſonſt! du rufſt das Haus mir wach. Komm mit!</p> </sp><lb/> <sp who="#MEL"> <speaker><hi rendition="#g">Melitta</hi>.</speaker><lb/> <p>Nein, nimmermehr! Erbarmt ſich Niemand meiner?</p> </sp> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Fünfter Auftritt</hi>.</head><lb/> <castList> <castItem> <role><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</role> <role><hi rendition="#g">Vorige</hi>.</role> </castItem> </castList><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Das iſt Melittens Stimme! — Ha! Verwegner!<lb/> Wagſt du's, die Hand zu heben gegen ſie?</p><lb/> <stage>(<hi rendition="#g">Rhamnes</hi> läßt <hi rendition="#g">Melitten</hi> los.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>So täuſchte mich doch meine Ahnung nicht,<lb/> Als ich dich ſah mit leiſeſpäh'nden Blicken,<lb/> Dem Wolfe gleich, in ihre Nähe ſchleichen;<lb/> Doch haſt du dich verrechnet, grimmer Wolf,<lb/> Es wacht der Hirt und <hi rendition="#g">dir</hi> naht das Verderben!</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Herr, der Gebieth'rinn Auftrag nur befolg' ich.</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Wie, Sappho's Auftrag? <hi rendition="#g">Sie</hi> befahl es dir?<lb/> O Sappho! Sappho! Ich erkenne dich!<lb/> Doch leider nur zu ſpät! Warum zu ſpät?<lb/> Noch iſt es Zeit, die Bande abzuſchütteln<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0094]
Melitta.
Hier lieg' ich auf den Knie'n! Laß dich erflehn!
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Rhamnes.
Umſonſt! du rufſt das Haus mir wach. Komm mit!
Melitta.
Nein, nimmermehr! Erbarmt ſich Niemand meiner?
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Phaon. Vorige.
Phaon.
Das iſt Melittens Stimme! — Ha! Verwegner!
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Phaon.
So täuſchte mich doch meine Ahnung nicht,
Als ich dich ſah mit leiſeſpäh'nden Blicken,
Dem Wolfe gleich, in ihre Nähe ſchleichen;
Doch haſt du dich verrechnet, grimmer Wolf,
Es wacht der Hirt und dir naht das Verderben!
Rhamnes.
Herr, der Gebieth'rinn Auftrag nur befolg' ich.
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Zitationshilfe: | Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819/94>, abgerufen am 03.03.2025. |