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Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819.

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O meine Aeltern!
Muß ich erst jetzt, jetzt eurer mich erinnern!
Konnt' ich so lang' euch ohne Bothschaft lassen?
Vielleicht beweint ihr meinen Tod, vielleicht
Gab des Gerüchtes Mund euch schon die Kunde,
Daß euer Sohn, den ihr zu lieben nicht,
Den ihr zum Kampfe nach Olympia sandtet,
In Sappho's Arm --

Wer wagt es, sie zu schmäh'n?
Der Frauen Zier, die Krone des Geschlechts!
Mag auch des Neides Geifer sie bespritzen,
Ich steh' für sie, sey's gegen eine Welt!
Und selbst mein Vater, sieht er sie nur erst,
Gern legt er ab das alte Vorurtheil,
Das frecher Zitherspielerinnen Anblick
Mit frommer Scheu ihm in die Brust geprägt.

(in Gedanken versinkend.)
Wer naht? der laute Haufen dringt hieher.
Wie widerlich! -- Schnell fort! -- Wohin? -- Ach,
hier! --

(geht in die Grotte.)
Zweyter Auftritt.
Eucharis.Melitta.Sklavinnen mit Blu-
men und Kränzen.
Eucharis (lärmend.)
Ihr Mädchen, auf! Mehr Blumen bringt herbey!
O meine Aeltern!
Muß ich erſt jetzt, jetzt eurer mich erinnern!
Konnt' ich ſo lang' euch ohne Bothſchaft laſſen?
Vielleicht beweint ihr meinen Tod, vielleicht
Gab des Gerüchtes Mund euch ſchon die Kunde,
Daß euer Sohn, den ihr zu lieben nicht,
Den ihr zum Kampfe nach Olympia ſandtet,
In Sappho's Arm —

Wer wagt es, ſie zu ſchmäh'n?
Der Frauen Zier, die Krone des Geſchlechts!
Mag auch des Neides Geifer ſie beſpritzen,
Ich ſteh' für ſie, ſey's gegen eine Welt!
Und ſelbſt mein Vater, ſieht er ſie nur erſt,
Gern legt er ab das alte Vorurtheil,
Das frecher Zitherſpielerinnen Anblick
Mit frommer Scheu ihm in die Bruſt geprägt.

(in Gedanken verſinkend.)
Wer naht? der laute Haufen dringt hieher.
Wie widerlich! — Schnell fort! — Wohin? — Ach,
hier! —

(geht in die Grotte.)
Zweyter Auftritt.
Eucharis.Melitta.Sklavinnen mit Blu-
men und Kränzen.
Eucharis (lärmend.)
Ihr Mädchen, auf! Mehr Blumen bringt herbey!
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[29/0039] O meine Aeltern! Muß ich erſt jetzt, jetzt eurer mich erinnern! Konnt' ich ſo lang' euch ohne Bothſchaft laſſen? Vielleicht beweint ihr meinen Tod, vielleicht Gab des Gerüchtes Mund euch ſchon die Kunde, Daß euer Sohn, den ihr zu lieben nicht, Den ihr zum Kampfe nach Olympia ſandtet, In Sappho's Arm — Wer wagt es, ſie zu ſchmäh'n? Der Frauen Zier, die Krone des Geſchlechts! Mag auch des Neides Geifer ſie beſpritzen, Ich ſteh' für ſie, ſey's gegen eine Welt! Und ſelbſt mein Vater, ſieht er ſie nur erſt, Gern legt er ab das alte Vorurtheil, Das frecher Zitherſpielerinnen Anblick Mit frommer Scheu ihm in die Bruſt geprägt. (in Gedanken verſinkend.) Wer naht? der laute Haufen dringt hieher. Wie widerlich! — Schnell fort! — Wohin? — Ach, hier! — (geht in die Grotte.) Zweyter Auftritt. Eucharis. Melitta. Sklavinnen mit Blu- men und Kränzen. Eucharis (lärmend.) Ihr Mädchen, auf! Mehr Blumen bringt herbey!

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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819/39>, abgerufen am 30.12.2024.