aus, die Ernährung leidet, Abmagerung und allgemeine Erschöpfung stellen sich ein. Der psych. Schmerz wechselt zuweilen mit sensitiven Neuralgieen, mit sog. Spinalirritation; anderemale hat er solche zur Folge -- namentlich sehr häufig beobachtet man gleichzeitig den bei der sog. Spinalirritation so gewöhnlichen epi- gastrischen Schmerz (Vagus-affection?); anderemale ist er mit sensitiver Anästhe- sie verschiedenen Grads (geringe Empfindlichkeit für Temperatur und äusserlich erregten körperlichen Schmerz) complicirt.
Die Zustände der psychischen Lust geben durchweg die umgekehrten Resul- tate; es mag dem denkenden Leser überlassen bleiben, sich ihre Analogieen mit dem Wesen und den Folgen der angenehmen körperlichen Empfindungen selbst auszuführen. (S. auch in der Formenlehre das Capitel vom Wahnsinn und die Aufsätze des Verf. in Roser und Wunderlich, med. Vierteljahrschrift. 1843 u. 1844.)
§. 19.
Wie die eigenthümliche Thätigkeit der grossen Gehirnganglien, das Vorstellen, in der innigsten Beziehung zur Sinnesthätigkeit steht, so findet sich auch zwischen den Actionen des motorischen Nerven- systems, das seine Ursprünge auch in jenen Ganglien hat, und dem Vorstellen eine sehr enge Verknüpfung. Und diese Relation ist der- jenigen sehr ähnlich, in welcher die Sinnesempfindung zum Vor- stellen steht.
Wie nämlich aus unsere Sinnesanschauung schwache, abgeblasste Reste übrig bleiben und in unsere Vorstellungen constituirend ein- gehen (§. 14.), so lassen auch die motorische Impulse in die Muskel- thätigkeit abgeblasste Schemata zurück, welche als Bewegungs- anschauungen sich mit unserm Vorstellen mischen. Es gibt ein mittleres Gebiet zwischen dem reinen Vorstellen und zwischen dem motorischen Nervenreiz, der die Muskeln unmittelbar zur Contraction veranlasst, ein Gebiet, für das es kein gehörig bezeichnendes Wort gibt, welches aber die Impulse zu den Reihen der einzelnen Muskel- bewegungen schon in grösseren Gruppen zusammengeordnet und prä- formirt enthält. Hier sind die zweckmässigen Bewegungsimpulse in viele Muskeln, die sich zu den einzelnen Muskelbewegungen wie um- fassende Ganze, zu unsern eigentlichen Handlungen aber wieder nur wie einzelne Bruchstücke verhalten, theils nach einer im Voraus prästabilirten Harmonie, theils nach der durch Uebung und Gewohn- heit gegebenen Ordnung combinirt. Dieser complicirtere Mechanis- mus, dessen Sitz nach Experimenten und den pathologisch-anatomi- schen Thatsachen an den verschiedenen Durchgangspunkten der Fort- setzungen der Vorderstränge und der Pyramidenstränge durch graue Substanz schon in der Brücke, dann im kleinen und grossen Gehirn zu suchen ist, wird einerseits von der Masse der Empfindungsreize,
Das Vorstellen und die Bewegung.
aus, die Ernährung leidet, Abmagerung und allgemeine Erschöpfung stellen sich ein. Der psych. Schmerz wechselt zuweilen mit sensitiven Neuralgieen, mit sog. Spinalirritation; anderemale hat er solche zur Folge — namentlich sehr häufig beobachtet man gleichzeitig den bei der sog. Spinalirritation so gewöhnlichen epi- gastrischen Schmerz (Vagus-affection?); anderemale ist er mit sensitiver Anästhe- sie verschiedenen Grads (geringe Empfindlichkeit für Temperatur und äusserlich erregten körperlichen Schmerz) complicirt.
Die Zustände der psychischen Lust geben durchweg die umgekehrten Resul- tate; es mag dem denkenden Leser überlassen bleiben, sich ihre Analogieen mit dem Wesen und den Folgen der angenehmen körperlichen Empfindungen selbst auszuführen. (S. auch in der Formenlehre das Capitel vom Wahnsinn und die Aufsätze des Verf. in Roser und Wunderlich, med. Vierteljahrschrift. 1843 u. 1844.)
§. 19.
Wie die eigenthümliche Thätigkeit der grossen Gehirnganglien, das Vorstellen, in der innigsten Beziehung zur Sinnesthätigkeit steht, so findet sich auch zwischen den Actionen des motorischen Nerven- systems, das seine Ursprünge auch in jenen Ganglien hat, und dem Vorstellen eine sehr enge Verknüpfung. Und diese Relation ist der- jenigen sehr ähnlich, in welcher die Sinnesempfindung zum Vor- stellen steht.
Wie nämlich aus unsere Sinnesanschauung schwache, abgeblasste Reste übrig bleiben und in unsere Vorstellungen constituirend ein- gehen (§. 14.), so lassen auch die motorische Impulse in die Muskel- thätigkeit abgeblasste Schemata zurück, welche als Bewegungs- anschauungen sich mit unserm Vorstellen mischen. Es gibt ein mittleres Gebiet zwischen dem reinen Vorstellen und zwischen dem motorischen Nervenreiz, der die Muskeln unmittelbar zur Contraction veranlasst, ein Gebiet, für das es kein gehörig bezeichnendes Wort gibt, welches aber die Impulse zu den Reihen der einzelnen Muskel- bewegungen schon in grösseren Gruppen zusammengeordnet und prä- formirt enthält. Hier sind die zweckmässigen Bewegungsimpulse in viele Muskeln, die sich zu den einzelnen Muskelbewegungen wie um- fassende Ganze, zu unsern eigentlichen Handlungen aber wieder nur wie einzelne Bruchstücke verhalten, theils nach einer im Voraus prästabilirten Harmonie, theils nach der durch Uebung und Gewohn- heit gegebenen Ordnung combinirt. Dieser complicirtere Mechanis- mus, dessen Sitz nach Experimenten und den pathologisch-anatomi- schen Thatsachen an den verschiedenen Durchgangspunkten der Fort- setzungen der Vorderstränge und der Pyramidenstränge durch graue Substanz schon in der Brücke, dann im kleinen und grossen Gehirn zu suchen ist, wird einerseits von der Masse der Empfindungsreize,
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[29/0043]
Das Vorstellen und die Bewegung.
aus, die Ernährung leidet, Abmagerung und allgemeine Erschöpfung stellen sich
ein. Der psych. Schmerz wechselt zuweilen mit sensitiven Neuralgieen, mit sog.
Spinalirritation; anderemale hat er solche zur Folge — namentlich sehr häufig
beobachtet man gleichzeitig den bei der sog. Spinalirritation so gewöhnlichen epi-
gastrischen Schmerz (Vagus-affection?); anderemale ist er mit sensitiver Anästhe-
sie verschiedenen Grads (geringe Empfindlichkeit für Temperatur und äusserlich
erregten körperlichen Schmerz) complicirt.
Die Zustände der psychischen Lust geben durchweg die umgekehrten Resul-
tate; es mag dem denkenden Leser überlassen bleiben, sich ihre Analogieen mit
dem Wesen und den Folgen der angenehmen körperlichen Empfindungen selbst
auszuführen. (S. auch in der Formenlehre das Capitel vom Wahnsinn und die
Aufsätze des Verf. in Roser und Wunderlich, med. Vierteljahrschrift. 1843 u. 1844.)
§. 19.
Wie die eigenthümliche Thätigkeit der grossen Gehirnganglien,
das Vorstellen, in der innigsten Beziehung zur Sinnesthätigkeit steht,
so findet sich auch zwischen den Actionen des motorischen Nerven-
systems, das seine Ursprünge auch in jenen Ganglien hat, und dem
Vorstellen eine sehr enge Verknüpfung. Und diese Relation ist der-
jenigen sehr ähnlich, in welcher die Sinnesempfindung zum Vor-
stellen steht.
Wie nämlich aus unsere Sinnesanschauung schwache, abgeblasste
Reste übrig bleiben und in unsere Vorstellungen constituirend ein-
gehen (§. 14.), so lassen auch die motorische Impulse in die Muskel-
thätigkeit abgeblasste Schemata zurück, welche als Bewegungs-
anschauungen sich mit unserm Vorstellen mischen. Es gibt ein
mittleres Gebiet zwischen dem reinen Vorstellen und zwischen dem
motorischen Nervenreiz, der die Muskeln unmittelbar zur Contraction
veranlasst, ein Gebiet, für das es kein gehörig bezeichnendes Wort
gibt, welches aber die Impulse zu den Reihen der einzelnen Muskel-
bewegungen schon in grösseren Gruppen zusammengeordnet und prä-
formirt enthält. Hier sind die zweckmässigen Bewegungsimpulse in
viele Muskeln, die sich zu den einzelnen Muskelbewegungen wie um-
fassende Ganze, zu unsern eigentlichen Handlungen aber wieder nur
wie einzelne Bruchstücke verhalten, theils nach einer im Voraus
prästabilirten Harmonie, theils nach der durch Uebung und Gewohn-
heit gegebenen Ordnung combinirt. Dieser complicirtere Mechanis-
mus, dessen Sitz nach Experimenten und den pathologisch-anatomi-
schen Thatsachen an den verschiedenen Durchgangspunkten der Fort-
setzungen der Vorderstränge und der Pyramidenstränge durch graue
Substanz schon in der Brücke, dann im kleinen und grossen Gehirn
zu suchen ist, wird einerseits von der Masse der Empfindungsreize,
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Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/griesinger_psychische_1845/43>, abgerufen am 03.03.2025.
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