Diese Kranke merkt selten auf etwas und ihre Aufmerksamkeit ist nie an- haltend; sie hat kein Gedächtniss für das Alte und sehr wenig für die Gegen- wart, sie ist nur noch der einfachsten Verrichtungen fähig, ihr Bett zu machen, sich anzukleiden, ihr Essen zu holen. Sie weiss den Namen von keiner der Personen ihrer Umgebung, mit denen sie doch schon mehrere Jahre zusammen lebt. In einem Momente geht sie von Lachen zu Zänkereien über etc.
(Leuret, fragmens psychol. Par. 1834. p. 34.)
Drittes Capitel. Der apathische Blödsinn.
§. 128.
Theils als Ausgänge der zuletzt betrachteten Form, theils ohne dass die lautere und agitirtere Aeusserungsweise des Blödsinns voraus- gegangen wäre, kommen als äusserste Grade psychischer Verkommen- heit noch tiefere und ausgebreitetere Zustände von Seelen-Läh- mung vor.
Die Unfähigkeit, mehrere Vorstellungen zusammen zu fassen und zu vergleichen, nimmt hier immer mehr zu, und an die Stelle der bei den vorigen Formen noch möglichen Mannigfaltigkeit abrupter, unzusammenhängender Vorstellungen tritt allmählig eine fast gänzliche Abwesenheit von Bildern und Gedanken. Die Sinneseindrücke werden nicht mehr verarbeitet, es wird nichts weiter mehr aus ihnen gebildet; das Gedächtniss ist beinahe vollständig erloschen, so dass nicht nur von einem Augenblicke zum andern Alles vergessen wird, sondern auch aus dem früheren Leben der eigenen Person fast keine Erin- nerung geblieben ist. Auch die Sprache ist oft zum grössten Theile vergessen, so dass die Kranken im besten Falle noch einige ge- läufige, höchst beschränkte Ausdrücke halb zweckmässig anbringen können, häufiger die zurückgebliebenen Worte nur ganz automatisch wiederholen, oder, des Wortes selbst gar nicht mehr mächtig, nur noch Bruchstücke früher gewohnter Laute hervorbringen. Mit diesem höchsten Grade von Stumpfheit der Phantasie und dieser Nullität der Intelligenz geht gleichen Schritt die tiefste Schwäche des Willens. Nichts mehr kann der Kranke aus eigenem Antriebe thun, er muss sich vielmehr völlig passiv durch fremde Impulse, kaum noch durch Reste früherer Gewohnheiten bestimmen lassen; oft ist er nicht mehr fähig, für seine einfachsten Bedürfnisse zu sorgen, er muss gefüttert werden, verirrt sich jeden Augenblick in seinem eigenen Zimmer
Höchste Grade des Blödsinns.
„Doch, hier ist er ja“ (sie zeigt an ihre Haare.)
Diese Kranke merkt selten auf etwas und ihre Aufmerksamkeit ist nie an- haltend; sie hat kein Gedächtniss für das Alte und sehr wenig für die Gegen- wart, sie ist nur noch der einfachsten Verrichtungen fähig, ihr Bett zu machen, sich anzukleiden, ihr Essen zu holen. Sie weiss den Namen von keiner der Personen ihrer Umgebung, mit denen sie doch schon mehrere Jahre zusammen lebt. In einem Momente geht sie von Lachen zu Zänkereien über etc.
(Leuret, fragmens psychol. Par. 1834. p. 34.)
Drittes Capitel. Der apathische Blödsinn.
§. 128.
Theils als Ausgänge der zuletzt betrachteten Form, theils ohne dass die lautere und agitirtere Aeusserungsweise des Blödsinns voraus- gegangen wäre, kommen als äusserste Grade psychischer Verkommen- heit noch tiefere und ausgebreitetere Zustände von Seelen-Läh- mung vor.
Die Unfähigkeit, mehrere Vorstellungen zusammen zu fassen und zu vergleichen, nimmt hier immer mehr zu, und an die Stelle der bei den vorigen Formen noch möglichen Mannigfaltigkeit abrupter, unzusammenhängender Vorstellungen tritt allmählig eine fast gänzliche Abwesenheit von Bildern und Gedanken. Die Sinneseindrücke werden nicht mehr verarbeitet, es wird nichts weiter mehr aus ihnen gebildet; das Gedächtniss ist beinahe vollständig erloschen, so dass nicht nur von einem Augenblicke zum andern Alles vergessen wird, sondern auch aus dem früheren Leben der eigenen Person fast keine Erin- nerung geblieben ist. Auch die Sprache ist oft zum grössten Theile vergessen, so dass die Kranken im besten Falle noch einige ge- läufige, höchst beschränkte Ausdrücke halb zweckmässig anbringen können, häufiger die zurückgebliebenen Worte nur ganz automatisch wiederholen, oder, des Wortes selbst gar nicht mehr mächtig, nur noch Bruchstücke früher gewohnter Laute hervorbringen. Mit diesem höchsten Grade von Stumpfheit der Phantasie und dieser Nullität der Intelligenz geht gleichen Schritt die tiefste Schwäche des Willens. Nichts mehr kann der Kranke aus eigenem Antriebe thun, er muss sich vielmehr völlig passiv durch fremde Impulse, kaum noch durch Reste früherer Gewohnheiten bestimmen lassen; oft ist er nicht mehr fähig, für seine einfachsten Bedürfnisse zu sorgen, er muss gefüttert werden, verirrt sich jeden Augenblick in seinem eigenen Zimmer
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Höchste Grade des Blödsinns.
„Doch, hier ist er ja“ (sie zeigt an ihre Haare.)
Diese Kranke merkt selten auf etwas und ihre Aufmerksamkeit ist nie an-
haltend; sie hat kein Gedächtniss für das Alte und sehr wenig für die Gegen-
wart, sie ist nur noch der einfachsten Verrichtungen fähig, ihr Bett zu machen,
sich anzukleiden, ihr Essen zu holen. Sie weiss den Namen von keiner der
Personen ihrer Umgebung, mit denen sie doch schon mehrere Jahre zusammen
lebt. In einem Momente geht sie von Lachen zu Zänkereien über etc.
(Leuret, fragmens psychol. Par. 1834. p. 34.)
Drittes Capitel.
Der apathische Blödsinn.
§. 128.
Theils als Ausgänge der zuletzt betrachteten Form, theils ohne
dass die lautere und agitirtere Aeusserungsweise des Blödsinns voraus-
gegangen wäre, kommen als äusserste Grade psychischer Verkommen-
heit noch tiefere und ausgebreitetere Zustände von Seelen-Läh-
mung vor.
Die Unfähigkeit, mehrere Vorstellungen zusammen zu fassen und
zu vergleichen, nimmt hier immer mehr zu, und an die Stelle der
bei den vorigen Formen noch möglichen Mannigfaltigkeit abrupter,
unzusammenhängender Vorstellungen tritt allmählig eine fast gänzliche
Abwesenheit von Bildern und Gedanken. Die Sinneseindrücke werden
nicht mehr verarbeitet, es wird nichts weiter mehr aus ihnen gebildet;
das Gedächtniss ist beinahe vollständig erloschen, so dass nicht nur
von einem Augenblicke zum andern Alles vergessen wird, sondern
auch aus dem früheren Leben der eigenen Person fast keine Erin-
nerung geblieben ist. Auch die Sprache ist oft zum grössten Theile
vergessen, so dass die Kranken im besten Falle noch einige ge-
läufige, höchst beschränkte Ausdrücke halb zweckmässig anbringen
können, häufiger die zurückgebliebenen Worte nur ganz automatisch
wiederholen, oder, des Wortes selbst gar nicht mehr mächtig, nur
noch Bruchstücke früher gewohnter Laute hervorbringen. Mit diesem
höchsten Grade von Stumpfheit der Phantasie und dieser Nullität der
Intelligenz geht gleichen Schritt die tiefste Schwäche des Willens.
Nichts mehr kann der Kranke aus eigenem Antriebe thun, er muss
sich vielmehr völlig passiv durch fremde Impulse, kaum noch durch
Reste früherer Gewohnheiten bestimmen lassen; oft ist er nicht mehr
fähig, für seine einfachsten Bedürfnisse zu sorgen, er muss gefüttert
werden, verirrt sich jeden Augenblick in seinem eigenen Zimmer
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Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/griesinger_psychische_1845/293>, abgerufen am 21.11.2024.
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