Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.Verliebte und galante Gedichte. Mein Hertz/ daß sich endlich hat euren Ketten noch entrissen/Soll forthin in stiller Ruh seine Zeit vor sich beschliessen. Als er Urona verlassen muste. Du Sammel-Platz der Lust/ du Wohn-Haus grosser Freuden/ Mein Schicksahl zwinget mich von deiner Pracht zu scheiden/ Es rafft ein Unfall mich von deinem Feste hin/ Das mit beliebter Lust erquicket Hertz und Sinn. Ob gleich die Chloris jetzt die Blumen eingeleget/ Und ein Atlassen Kleid von Schnee und Eyse träget/ So läst die Lustbarkeit dich doch nicht öde seyn/ Und was Vergnügen heist geht nicht im Winter ein. Es kan die Schlitten-Fahrt die Garten-Lust ersetzen/ Die Masquerade zinst ein Königlich Ergötzen. Es läst die Anmuht uns auf Zucker-Rosen gehn/ Und süsse Mandeln-Milch in güldnen Schaalen stehn. Die Blumen deiner Lust bestricken Aug' und Hertzen/ Jhr lieblich Angesicht vertreibet alle Schmertzen/ Und ihrer Schönheits-Pracht nichts irrdsches überwiegt/ Sie sind der schönste Theil von dem was uns vergnügt. Die holden Kindergens den schönsten Engeln gleichen/ Dian' und Venus muß vor ihren Blicken weichen: Die Glieder sind wie Schnee/ wie Wolle zart und weiß/ Sie sind dein bester Schatz/ der Schönheit Ehren-Preiß. Die Wangen sind annoch im ersten Frühlings-Jahren/ Auf welchen Milch und Blut in schönster Lust sich paaren/ Der Augen helles Licht den lichten Tag gebiehrt/ Und dich/ du schöner Ort/ mit vielen Sternen ziert. Jhr schönes Antlitzt ist ein kostbahr Eden-Garten/ Darinnen Ros' und Lilg sich durch einander karten/ Die Lippen crönt Corall/ den Zucker-Mund Rubin/ Jhr Athen übersteigt den Ambra und Jesmin. Der wohl-gewölbten Brust ihr Spiegel glattes Pflaster An Klarheit macht beschämt den weißten Alabaster; Granaten blühn im Schnee den blauer Türcks durchflicht Es gleicht des Himmels Glantz den netten Gliedern nicht. Sie B 4
Verliebte und galante Gedichte. Mein Hertz/ daß ſich endlich hat euren Ketten noch entriſſen/Soll forthin in ſtiller Ruh ſeine Zeit vor ſich beſchlieſſen. Als er Urona verlaſſen muſte. Du Sam̃el-Platz der Luſt/ du Wohn-Haus groſſer Freuden/ Mein Schickſahl zwinget mich von deiner Pracht zu ſcheiden/ Es rafft ein Unfall mich von deinem Feſte hin/ Das mit beliebter Luſt erquicket Hertz und Sinn. Ob gleich die Chloris jetzt die Blumen eingeleget/ Und ein Atlaſſen Kleid von Schnee und Eyſe traͤget/ So laͤſt die Luſtbarkeit dich doch nicht oͤde ſeyn/ Und was Vergnuͤgen heiſt geht nicht im Winter ein. Es kan die Schlitten-Fahrt die Garten-Luſt erſetzen/ Die Maſquerade zinſt ein Koͤniglich Ergoͤtzen. Es laͤſt die Anmuht uns auf Zucker-Roſen gehn/ Und ſuͤſſe Mandeln-Milch in guͤldnen Schaalen ſtehn. Die Blumen deiner Luſt beſtricken Aug’ und Hertzen/ Jhr lieblich Angeſicht vertreibet alle Schmertzen/ Und ihrer Schoͤnheits-Pracht nichts irrdſches uͤberwiegt/ Sie ſind der ſchoͤnſte Theil von dem was uns vergnuͤgt. Die holden Kindergens den ſchoͤnſten Engeln gleichen/ Dian’ und Venus muß vor ihren Blicken weichen: Die Glieder ſind wie Schnee/ wie Wolle zart und weiß/ Sie ſind dein beſter Schatz/ der Schoͤnheit Ehren-Preiß. Die Wangen ſind annoch im erſten Fruͤhlings-Jahren/ Auf welchen Milch und Blut in ſchoͤnſter Luſt ſich paaren/ Der Augen helles Licht den lichten Tag gebiehrt/ Und dich/ du ſchoͤner Ort/ mit vielen Sternen ziert. Jhr ſchoͤnes Antlitzt iſt ein koſtbahr Eden-Garten/ Darinnen Roſ’ und Lilg ſich durch einander karten/ Die Lippen croͤnt Corall/ den Zucker-Mund Rubin/ Jhr Athen uͤberſteigt den Ambra und Jeſmin. Der wohl-gewoͤlbten Bruſt ihr Spiegel glattes Pflaſter An Klarheit macht beſchaͤmt den weißten Alabaſter; Granaten bluͤhn im Schnee den blauer Tuͤrcks durchflicht Es gleicht des Himmels Glantz den netten Gliedern nicht. Sie B 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0041" n="23"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte und <hi rendition="#aq">galante</hi> Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Mein Hertz/ daß ſich endlich hat euren Ketten noch entriſſen/</l><lb/> <l>Soll forthin in ſtiller Ruh ſeine Zeit vor ſich beſchlieſſen.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Als er <hi rendition="#aq">Urona</hi> verlaſſen muſte.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">D</hi>u Sam̃el-Platz der Luſt/ du Wohn-Haus groſſer Freuden/</l><lb/> <l>Mein Schickſahl zwinget mich von deiner Pracht zu</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſcheiden/</hi> </l><lb/> <l>Es rafft ein Unfall mich von deinem Feſte hin/</l><lb/> <l>Das mit beliebter Luſt erquicket Hertz und Sinn.</l><lb/> <l>Ob gleich die <hi rendition="#aq">Chloris</hi> jetzt die Blumen eingeleget/</l><lb/> <l>Und ein Atlaſſen Kleid von Schnee und Eyſe traͤget/</l><lb/> <l>So laͤſt die Luſtbarkeit dich doch nicht oͤde ſeyn/</l><lb/> <l>Und was Vergnuͤgen heiſt geht nicht im Winter ein.</l><lb/> <l>Es kan die Schlitten-Fahrt die Garten-Luſt erſetzen/</l><lb/> <l>Die <hi rendition="#aq">Maſquerade</hi> zinſt ein Koͤniglich Ergoͤtzen.</l><lb/> <l>Es laͤſt die Anmuht uns auf Zucker-Roſen gehn/</l><lb/> <l>Und ſuͤſſe Mandeln-Milch in guͤldnen Schaalen ſtehn.</l><lb/> <l>Die Blumen deiner Luſt beſtricken Aug’ und Hertzen/</l><lb/> <l>Jhr lieblich Angeſicht vertreibet alle Schmertzen/</l><lb/> <l>Und ihrer Schoͤnheits-Pracht nichts irrdſches uͤberwiegt/</l><lb/> <l>Sie ſind der ſchoͤnſte Theil von dem was uns vergnuͤgt.</l><lb/> <l>Die holden Kindergens den ſchoͤnſten Engeln gleichen/</l><lb/> <l><hi rendition="#aq">Dian’</hi> und <hi rendition="#aq">Venus</hi> muß vor ihren Blicken weichen:</l><lb/> <l>Die Glieder ſind wie Schnee/ wie Wolle zart und weiß/</l><lb/> <l>Sie ſind dein beſter Schatz/ der Schoͤnheit Ehren-Preiß.</l><lb/> <l>Die Wangen ſind annoch im erſten Fruͤhlings-Jahren/</l><lb/> <l>Auf welchen Milch und Blut in ſchoͤnſter Luſt ſich paaren/</l><lb/> <l>Der Augen helles Licht den lichten Tag gebiehrt/</l><lb/> <l>Und dich/ du ſchoͤner Ort/ mit vielen Sternen ziert.</l><lb/> <l>Jhr ſchoͤnes Antlitzt iſt ein koſtbahr <hi rendition="#aq">Eden-</hi>Garten/</l><lb/> <l>Darinnen Roſ’ und Lilg ſich durch einander karten/</l><lb/> <l>Die Lippen croͤnt Corall/ den Zucker-Mund Rubin/</l><lb/> <l>Jhr Athen uͤberſteigt den <hi rendition="#aq">Ambra</hi> und <hi rendition="#aq">Jeſmin.</hi></l><lb/> <l>Der wohl-gewoͤlbten Bruſt ihr Spiegel glattes Pflaſter</l><lb/> <l>An Klarheit macht beſchaͤmt den weißten Alabaſter;</l><lb/> <l>Granaten bluͤhn im Schnee den blauer Tuͤrcks durchflicht</l><lb/> <l>Es gleicht des Himmels Glantz den <hi rendition="#aq">nett</hi>en Gliedern nicht.</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">B 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0041]
Verliebte und galante Gedichte.
Mein Hertz/ daß ſich endlich hat euren Ketten noch entriſſen/
Soll forthin in ſtiller Ruh ſeine Zeit vor ſich beſchlieſſen.
Als er Urona verlaſſen muſte.
Du Sam̃el-Platz der Luſt/ du Wohn-Haus groſſer Freuden/
Mein Schickſahl zwinget mich von deiner Pracht zu
ſcheiden/
Es rafft ein Unfall mich von deinem Feſte hin/
Das mit beliebter Luſt erquicket Hertz und Sinn.
Ob gleich die Chloris jetzt die Blumen eingeleget/
Und ein Atlaſſen Kleid von Schnee und Eyſe traͤget/
So laͤſt die Luſtbarkeit dich doch nicht oͤde ſeyn/
Und was Vergnuͤgen heiſt geht nicht im Winter ein.
Es kan die Schlitten-Fahrt die Garten-Luſt erſetzen/
Die Maſquerade zinſt ein Koͤniglich Ergoͤtzen.
Es laͤſt die Anmuht uns auf Zucker-Roſen gehn/
Und ſuͤſſe Mandeln-Milch in guͤldnen Schaalen ſtehn.
Die Blumen deiner Luſt beſtricken Aug’ und Hertzen/
Jhr lieblich Angeſicht vertreibet alle Schmertzen/
Und ihrer Schoͤnheits-Pracht nichts irrdſches uͤberwiegt/
Sie ſind der ſchoͤnſte Theil von dem was uns vergnuͤgt.
Die holden Kindergens den ſchoͤnſten Engeln gleichen/
Dian’ und Venus muß vor ihren Blicken weichen:
Die Glieder ſind wie Schnee/ wie Wolle zart und weiß/
Sie ſind dein beſter Schatz/ der Schoͤnheit Ehren-Preiß.
Die Wangen ſind annoch im erſten Fruͤhlings-Jahren/
Auf welchen Milch und Blut in ſchoͤnſter Luſt ſich paaren/
Der Augen helles Licht den lichten Tag gebiehrt/
Und dich/ du ſchoͤner Ort/ mit vielen Sternen ziert.
Jhr ſchoͤnes Antlitzt iſt ein koſtbahr Eden-Garten/
Darinnen Roſ’ und Lilg ſich durch einander karten/
Die Lippen croͤnt Corall/ den Zucker-Mund Rubin/
Jhr Athen uͤberſteigt den Ambra und Jeſmin.
Der wohl-gewoͤlbten Bruſt ihr Spiegel glattes Pflaſter
An Klarheit macht beſchaͤmt den weißten Alabaſter;
Granaten bluͤhn im Schnee den blauer Tuͤrcks durchflicht
Es gleicht des Himmels Glantz den netten Gliedern nicht.
Sie
B 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |