Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

Bild:
<< vorherige Seite
Sinn-Gedichte.
Als sich Amariane in einer Sänffte tra-
gen liesse.
Des Atlas Schulter kan des Himmels Pallast tragen/
Amarianen bringt ein eintzger Kerl nicht fort/
Zwey Träger müssen seyn will sie an andern Ort.
Denn darf ein Mann sich wol das fortzubringen wagen?
Das schwerer ist als was der grosse Atlas hält/
Und wo der Himmel sich nebst Gott im Menschen stelt.


Vor ihr Gebeht-Buch.
Der Himmel hört dich nicht/ dein Behten ist vergebens/
Er will dir Stählern seyn/ die Wolcken sind verschlossen/
Die Thränen sind umsonst/ wie meine eh vergossen/
Doch sey mir hold/ so scheint auch dir das Licht des Lebens.


Als sie sich spiegelte.
Sie siehet/ schönstes Kind/ und wird alsbald gesehen/
Wenn sie ihr Auge last in einen Spiegel gehen/
Darinnen zeiget sich der Schönheit beste Pracht/
Zu der Vollkommenheit mit vollen Munde lacht.


An Albanien.
Albanie dein Glantz die Sterne schaam-roht macht/
Jn deinem Angesicht die Amathunte lacht/
Cupido streut da aus Jesmin und Anemonen
Die Lippen sind der Thron wo Zucht und Schönheit wohnen.
Der wohlgezierte Mund kein unrein Wort verspillt
Ein süsser Hyblens-Thau von den Rubinen quillt.
Der Brüste Alabast/ die reinsten Liljen schwärtzet/
Kein Wunder/ daß man hier den freyen Stand verschertzet.


An Galatheen.
Owen. Epigr. p. 178.
Der Hirsch wirfft alle Jahr die krummen Hörner ab/
Dein Eh-Mann sencket sie zu jeder Stund' ins Grab.
Er
Sinn-Gedichte.
Als ſich Amariane in einer Saͤnffte tra-
gen lieſſe.
Des Atlas Schulter kan des Himmels Pallaſt tragen/
Amarianen bringt ein eintzger Kerl nicht fort/
Zwey Traͤger muͤſſen ſeyn will ſie an andern Ort.
Denn darf ein Mann ſich wol das fortzubringen wagen?
Das ſchwerer iſt als was der groſſe Atlas haͤlt/
Und wo der Himmel ſich nebſt Gott im Menſchen ſtelt.


Vor ihr Gebeht-Buch.
Der Himmel hoͤrt dich nicht/ dein Behten iſt vergebens/
Er will dir Staͤhlern ſeyn/ die Wolcken ſind verſchloſſen/
Die Thraͤnen ſind umſonſt/ wie meine eh vergoſſen/
Doch ſey mir hold/ ſo ſcheint auch dir das Licht des Lebens.


Als ſie ſich ſpiegelte.
Sie ſiehet/ ſchoͤnſtes Kind/ und wird alsbald geſehen/
Wenn ſie ihr Auge låſt in einen Spiegel gehen/
Darinnen zeiget ſich der Schoͤnheit beſte Pracht/
Zu der Vollkommenheit mit vollen Munde lacht.


An Albanien.
Albanie dein Glantz die Sterne ſchaam-roht macht/
Jn deinem Angeſicht die Amathunte lacht/
Cupido ſtreut da aus Jesmin und Anemonen
Die Lippen ſind der Thron wo Zucht und Schoͤnheit wohnen.
Der wohlgezierte Mund kein unrein Wort verſpillt
Ein ſuͤſſer Hyblens-Thau von den Rubinen quillt.
Der Bruͤſte Alabaſt/ die reinſten Liljen ſchwaͤrtzet/
Kein Wunder/ daß man hier den freyen Stand verſchertzet.


An Galatheen.
Owen. Epigr. p. 178.
Der Hirſch wirfft alle Jahr die krummen Hoͤrner ab/
Dein Eh-Mann ſencket ſie zu jeder Stund’ ins Grab.
Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0366" n="348"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sinn-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Als &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Amariane</hi> in einer Sa&#x0364;nffte tra-<lb/>
gen lie&#x017F;&#x017F;e.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>es <hi rendition="#aq">Atlas</hi> Schulter kan des Himmels Palla&#x017F;t tragen/</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">Amarianen</hi> bringt ein eintzger Kerl nicht fort/</l><lb/>
            <l>Zwey Tra&#x0364;ger mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn will &#x017F;ie an andern Ort.</l><lb/>
            <l>Denn darf ein Mann &#x017F;ich wol das fortzubringen wagen?</l><lb/>
            <l>Das &#x017F;chwerer i&#x017F;t als was der gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Atlas</hi> ha&#x0364;lt/</l><lb/>
            <l>Und wo der Himmel &#x017F;ich neb&#x017F;t Gott im Men&#x017F;chen &#x017F;telt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vor ihr Gebeht-Buch.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>er Himmel ho&#x0364;rt dich nicht/ dein Behten i&#x017F;t vergebens/</l><lb/>
            <l>Er will dir Sta&#x0364;hlern &#x017F;eyn/ die Wolcken &#x017F;ind ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Die Thra&#x0364;nen &#x017F;ind um&#x017F;on&#x017F;t/ wie meine eh vergo&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;ey mir hold/ &#x017F;o &#x017F;cheint auch dir das Licht des Lebens.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Als &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;piegelte.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">S</hi>ie &#x017F;iehet/ &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;tes Kind/ und wird alsbald ge&#x017F;ehen/</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie ihr Auge lå&#x017F;t in einen Spiegel gehen/</l><lb/>
            <l>Darinnen zeiget &#x017F;ich der Scho&#x0364;nheit be&#x017F;te Pracht/</l><lb/>
            <l>Zu der Vollkommenheit mit vollen Munde lacht.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An <hi rendition="#aq">Albanien.</hi></hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#aq"><hi rendition="#in">A</hi>lbanie</hi> dein Glantz die Sterne &#x017F;chaam-roht macht/</l><lb/>
            <l>Jn deinem Ange&#x017F;icht die <hi rendition="#aq">Amathunte</hi> lacht/</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">Cupido</hi> &#x017F;treut da aus <hi rendition="#aq">Jesmin</hi> und <hi rendition="#aq">Anemonen</hi></l><lb/>
            <l>Die Lippen &#x017F;ind der Thron wo Zucht und Scho&#x0364;nheit wohnen.</l><lb/>
            <l>Der wohlgezierte Mund kein unrein Wort ver&#x017F;pillt</l><lb/>
            <l>Ein &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Hyblens-</hi>Thau von den Rubinen quillt.</l><lb/>
            <l>Der Bru&#x0364;&#x017F;te Alaba&#x017F;t/ die rein&#x017F;ten Liljen &#x017F;chwa&#x0364;rtzet/</l><lb/>
            <l>Kein Wunder/ daß man hier den freyen Stand ver&#x017F;chertzet.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An <hi rendition="#aq">Galatheen.</hi></hi> </head><lb/>
          <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">Owen. Epigr. p.</hi> 178.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>er Hir&#x017F;ch wirfft alle Jahr die krummen Ho&#x0364;rner ab/</l><lb/>
            <l>Dein Eh-Mann &#x017F;encket &#x017F;ie zu jeder Stund&#x2019; ins Grab.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Er</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0366] Sinn-Gedichte. Als ſich Amariane in einer Saͤnffte tra- gen lieſſe. Des Atlas Schulter kan des Himmels Pallaſt tragen/ Amarianen bringt ein eintzger Kerl nicht fort/ Zwey Traͤger muͤſſen ſeyn will ſie an andern Ort. Denn darf ein Mann ſich wol das fortzubringen wagen? Das ſchwerer iſt als was der groſſe Atlas haͤlt/ Und wo der Himmel ſich nebſt Gott im Menſchen ſtelt. Vor ihr Gebeht-Buch. Der Himmel hoͤrt dich nicht/ dein Behten iſt vergebens/ Er will dir Staͤhlern ſeyn/ die Wolcken ſind verſchloſſen/ Die Thraͤnen ſind umſonſt/ wie meine eh vergoſſen/ Doch ſey mir hold/ ſo ſcheint auch dir das Licht des Lebens. Als ſie ſich ſpiegelte. Sie ſiehet/ ſchoͤnſtes Kind/ und wird alsbald geſehen/ Wenn ſie ihr Auge låſt in einen Spiegel gehen/ Darinnen zeiget ſich der Schoͤnheit beſte Pracht/ Zu der Vollkommenheit mit vollen Munde lacht. An Albanien. Albanie dein Glantz die Sterne ſchaam-roht macht/ Jn deinem Angeſicht die Amathunte lacht/ Cupido ſtreut da aus Jesmin und Anemonen Die Lippen ſind der Thron wo Zucht und Schoͤnheit wohnen. Der wohlgezierte Mund kein unrein Wort verſpillt Ein ſuͤſſer Hyblens-Thau von den Rubinen quillt. Der Bruͤſte Alabaſt/ die reinſten Liljen ſchwaͤrtzet/ Kein Wunder/ daß man hier den freyen Stand verſchertzet. An Galatheen. Owen. Epigr. p. 178. Der Hirſch wirfft alle Jahr die krummen Hoͤrner ab/ Dein Eh-Mann ſencket ſie zu jeder Stund’ ins Grab. Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/366
Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/366>, abgerufen am 21.11.2024.