Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

Bild:
<< vorherige Seite
Verliebte und galante Gedichte.
An Dorinden.

Copiantes.

Dorinde lebst du noch/ und denckst du noch an mich?
Jch hoffe deine Lieb und Treu wird nicht erkalten/
Ob mich das Schicksahl gleich drey Wochen wunderlich
Von deinem Umgang hat verdrießlich abgehalten.
Die Sonne zündet auch von fernen Häuser an:
Ein Basiliske kan durch blosses Sehn vergifften/
Drum ists kein Wunder/ daß das Feuer brennen kan/
So du abwesend kanst in meiner Seelen stifften.
So bald dein Saamen-Licht mich einmahl angeblitzt/
So wurde Seel und Leib in voller Flamm entzündet
Dein süsses Gifft zugleich im Marck und Bein gesprützt/
Daß in mir Lebenden das Leben fast verschwindet.
Wilt du nun nicht mein Artzt und mein Erretter seyn;
Werd ich voll Flamm und Gifft vor deinen Augen sterben/
Weil der/ in den/ sich schenckt der Augen-Strahl hinein/
Wenn du nicht löschen wilt/ vor Gluhten muß verderben.
Dorinde, wenn du nun noch Gnade vor mir hast/
So sage/ ob ich darf noch heute zu dir kommen/
Weil meine Seele sich nicht eh zu frieden faßt/
Bis deine Gottheit ihr hat ihre Traur benommen.


An die schöne Clelie.

Copiantes.

Mein Hertz! erröhte nicht das Siegel auffzubrechen/
So meine kühne Hand dir jetzund zugeschickt/
Es soll dasselbe stets von deiner Güte sprechen/
Wenn du dis schlechte Blatt in Gnaden angeblickt.
Zwar neulich sagte ich/ daß ich nicht lieben könne/
Wie mich um selbiges dein holder Mund gefragt;
Doch weiß ich selber nicht ob ich anjetzo brenne/
Da eine innre Krafft die reine Seele plagt.
Jch bin voll Pein und Quaal/ und weiß nicht was mir fehlet/
Mein Hertz ist noch nicht todt/ doch lebet es auch nicht:
Da
Verliebte und galante Gedichte.
An Dorinden.

Copiantes.

Dorinde lebſt du noch/ und denckſt du noch an mich?
Jch hoffe deine Lieb und Treu wird nicht erkalten/
Ob mich das Schickſahl gleich drey Wochen wunderlich
Von deinem Umgang hat verdrießlich abgehalten.
Die Sonne zuͤndet auch von fernen Haͤuſer an:
Ein Baſiliske kan durch bloſſes Sehn vergifften/
Drum iſts kein Wunder/ daß das Feuer brennen kan/
So du abweſend kanſt in meiner Seelen ſtifften.
So bald dein Saamen-Licht mich einmahl angeblitzt/
So wurde Seel und Leib in voller Flamm entzuͤndet
Dein ſuͤſſes Gifft zugleich im Marck und Bein geſpruͤtzt/
Daß in mir Lebenden das Leben faſt verſchwindet.
Wilt du nun nicht mein Artzt und mein Erretter ſeyn;
Werd ich voll Flamm und Gifft vor deinen Augen ſterben/
Weil der/ in den/ ſich ſchenckt der Augen-Strahl hinein/
Wenn du nicht loͤſchen wilt/ vor Gluhten muß verderben.
Dorinde, wenn du nun noch Gnade vor mir haſt/
So ſage/ ob ich darf noch heute zu dir kommen/
Weil meine Seele ſich nicht eh zu frieden faßt/
Bis deine Gottheit ihr hat ihre Traur benommen.


An die ſchoͤne Clelie.

Copiantes.

Mein Hertz! erroͤhte nicht das Siegel auffzubrechen/
So meine kuͤhne Hand dir jetzund zugeſchickt/
Es ſoll daſſelbe ſtets von deiner Guͤte ſprechen/
Wenn du dis ſchlechte Blatt in Gnaden angeblickt.
Zwar neulich ſagte ich/ daß ich nicht lieben koͤnne/
Wie mich um ſelbiges dein holder Mund gefragt;
Doch weiß ich ſelber nicht ob ich anjetzo brenne/
Da eine innre Krafft die reine Seele plagt.
Jch bin voll Pein und Quaal/ und weiß nicht was mir fehlet/
Mein Hertz iſt noch nicht todt/ doch lebet es auch nicht:
Da
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0129" n="111"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte und <hi rendition="#aq">galante</hi> Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An <hi rendition="#aq">Dorinden.</hi></hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Copiantes.</hi> </hi> </hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#aq"><hi rendition="#in">D</hi>orinde</hi> leb&#x017F;t du noch/ und denck&#x017F;t du noch an mich?</l><lb/>
            <l>Jch hoffe deine Lieb und Treu wird nicht erkalten/</l><lb/>
            <l>Ob mich das Schick&#x017F;ahl gleich drey Wochen wunderlich</l><lb/>
            <l>Von deinem Umgang hat verdrießlich abgehalten.</l><lb/>
            <l>Die Sonne zu&#x0364;ndet auch von fernen Ha&#x0364;u&#x017F;er an:</l><lb/>
            <l>Ein Ba&#x017F;iliske kan durch blo&#x017F;&#x017F;es Sehn vergifften/</l><lb/>
            <l>Drum i&#x017F;ts kein Wunder/ daß das Feuer brennen kan/</l><lb/>
            <l>So du abwe&#x017F;end kan&#x017F;t in meiner Seelen &#x017F;tifften.</l><lb/>
            <l>So bald dein Saamen-Licht mich einmahl angeblitzt/</l><lb/>
            <l>So wurde Seel und Leib in voller Flamm entzu&#x0364;ndet</l><lb/>
            <l>Dein &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;es Gifft zugleich im Marck und Bein ge&#x017F;pru&#x0364;tzt/</l><lb/>
            <l>Daß in mir Lebenden das Leben fa&#x017F;t ver&#x017F;chwindet.</l><lb/>
            <l>Wilt du nun nicht mein Artzt und mein Erretter &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>Werd ich voll Flamm und Gifft vor deinen Augen &#x017F;terben/</l><lb/>
            <l>Weil der/ in den/ &#x017F;ich &#x017F;chenckt der Augen-Strahl hinein/</l><lb/>
            <l>Wenn du nicht lo&#x0364;&#x017F;chen wilt/ vor Gluhten muß verderben.</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">Dorinde,</hi> wenn du nun noch Gnade vor mir ha&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>So &#x017F;age/ ob ich darf noch heute zu dir kommen/</l><lb/>
            <l>Weil meine Seele &#x017F;ich nicht eh zu frieden faßt/</l><lb/>
            <l>Bis deine Gottheit ihr hat ihre Traur benommen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An die &#x017F;cho&#x0364;ne <hi rendition="#aq">Clelie.</hi></hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Copiantes.</hi> </hi> </hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">M</hi>ein Hertz! erro&#x0364;hte nicht das Siegel auffzubrechen/</l><lb/>
            <l>So meine ku&#x0364;hne Hand dir jetzund zuge&#x017F;chickt/</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;oll da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;tets von deiner Gu&#x0364;te &#x017F;prechen/</l><lb/>
            <l>Wenn du dis &#x017F;chlechte Blatt in Gnaden angeblickt.</l><lb/>
            <l>Zwar neulich &#x017F;agte ich/ daß ich nicht lieben ko&#x0364;nne/</l><lb/>
            <l>Wie mich um &#x017F;elbiges dein holder Mund gefragt;</l><lb/>
            <l>Doch weiß ich &#x017F;elber nicht ob ich anjetzo brenne/</l><lb/>
            <l>Da eine innre Krafft die reine Seele plagt.</l><lb/>
            <l>Jch bin voll Pein und Quaal/ und weiß nicht was mir fehlet/</l><lb/>
            <l>Mein Hertz i&#x017F;t noch nicht todt/ doch lebet es auch nicht:</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0129] Verliebte und galante Gedichte. An Dorinden. Copiantes. Dorinde lebſt du noch/ und denckſt du noch an mich? Jch hoffe deine Lieb und Treu wird nicht erkalten/ Ob mich das Schickſahl gleich drey Wochen wunderlich Von deinem Umgang hat verdrießlich abgehalten. Die Sonne zuͤndet auch von fernen Haͤuſer an: Ein Baſiliske kan durch bloſſes Sehn vergifften/ Drum iſts kein Wunder/ daß das Feuer brennen kan/ So du abweſend kanſt in meiner Seelen ſtifften. So bald dein Saamen-Licht mich einmahl angeblitzt/ So wurde Seel und Leib in voller Flamm entzuͤndet Dein ſuͤſſes Gifft zugleich im Marck und Bein geſpruͤtzt/ Daß in mir Lebenden das Leben faſt verſchwindet. Wilt du nun nicht mein Artzt und mein Erretter ſeyn; Werd ich voll Flamm und Gifft vor deinen Augen ſterben/ Weil der/ in den/ ſich ſchenckt der Augen-Strahl hinein/ Wenn du nicht loͤſchen wilt/ vor Gluhten muß verderben. Dorinde, wenn du nun noch Gnade vor mir haſt/ So ſage/ ob ich darf noch heute zu dir kommen/ Weil meine Seele ſich nicht eh zu frieden faßt/ Bis deine Gottheit ihr hat ihre Traur benommen. An die ſchoͤne Clelie. Copiantes. Mein Hertz! erroͤhte nicht das Siegel auffzubrechen/ So meine kuͤhne Hand dir jetzund zugeſchickt/ Es ſoll daſſelbe ſtets von deiner Guͤte ſprechen/ Wenn du dis ſchlechte Blatt in Gnaden angeblickt. Zwar neulich ſagte ich/ daß ich nicht lieben koͤnne/ Wie mich um ſelbiges dein holder Mund gefragt; Doch weiß ich ſelber nicht ob ich anjetzo brenne/ Da eine innre Krafft die reine Seele plagt. Jch bin voll Pein und Quaal/ und weiß nicht was mir fehlet/ Mein Hertz iſt noch nicht todt/ doch lebet es auch nicht: Da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/129
Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/129>, abgerufen am 03.12.2024.