Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.Silvester 1921, festzustellen. Hier handelt es sich aber um Vorgänge, die nicht nach Jahren, Die Gesetze der Geschichte wecken politische Verantwortung und den Mut, wollen. Was sind die Völker und die Völkchen, die unsern Namen mit Hohn L. M. Arndt, Geist der Zeit 25*
Silvester 1921, festzustellen. Hier handelt es sich aber um Vorgänge, die nicht nach Jahren, Die Gesetze der Geschichte wecken politische Verantwortung und den Mut, wollen. Was sind die Völker und die Völkchen, die unsern Namen mit Hohn L. M. Arndt, Geist der Zeit 25*
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Silvester 1921,
festzustellen. Hier handelt es sich aber um Vorgänge, die nicht nach Jahren,
sondern nach Menschenaltern messen. Darum dürfen hier Ansätze beachtet wer¬
den, auch wenn sie erst ferne Früchte verheißen. Auf diese Dinge darf deshalb
in der kommenden Zeit politischer Ermüdung wieder mehr der Blick sich richten,
als in der rein politischen Atmosphäre seit 1914 und in der borwiegend wirt¬
schaftlichen Sorge der Gegenwart. Ja, mau darf sagen: die besorgniserregende
Politische Erschlaffung und das ungesunde wirtschaftliche Verhältnis zwischen
Leistung und Verbrauch sind crie Funktion verkehrter Weltanschauung, und deren
Heilung bedingt auch wachsende Staalskraft und Wohlfahrt.
Die Gesetze der Geschichte wecken politische Verantwortung und den Mut,
womit ein Volk, das seine Negcnerationssähigleit nicht verloren hat, anch in
Zeiten der Erniedrigung zur Höhe strebt. Die Gesetze der Wirtschaft lehren die
Freude am Erzeugen und deu Willen zur Einschränkung im Verbrauch. Die
Gesetze der Weltanschauung weisen die Schwächen des Feindes, der schlimmer als
die Franzosen ist, die Schwächen des Materialismus auf und lehre», wie die
Jugend unseres Volkes ihn überwinden soll. Hur liegt die dreifache Aufgabe
der Publizistik unsrer Zeit. Möchten die „Grenzboten" im neuen Jahre ihr er¬
folgreich dienen!
wollen. Was sind die Völker und die Völkchen, die unsern Namen mit Hohn
auszusprechen wagen? Laß sie sich erst fragen, was sie gleich oder besser als wir
getan und gewirkt haben. Ich muß an unsere Tugend und Kraft erinnern, damit
wir ihren heiligen Samen lebendig erhalten zur Lust und Blüte der kommenden
Zeiten. Daß Stolz und Mut nicht vergehe, weise ich euch auf das letzte Unglück
hin und auf alte und neue Verluste. Unsterbliche Sehnsucht nach Freiheit,
Standhaftigkeit, Würde und Hochsinn ziemt den Gefallenen mehr, als dein
Stehenden; auch die Träne ziemt ihm über das Verlorene, aber nur. damit sein
Herz heißer schlage und sein Haupt höher rage. Hört, hört! und klagt und weint
mit mir, auf daß ihr mit mir entbrennet und euch aufrichtet.
L. M. Arndt, Geist der Zeit
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